... war der stärkste in Neuss gebaute Vierzylinderschlepper ohne Turbolader
Obwohl Ingo Führers’ Großvater Landwirt war, kam er erst durch seinen Vater so richtig mit Traktoren in Berührung: „Mein Vater kaufte sich nach und nach verschiedene Modelle von Deutz, Ford und Holder. Schließlich kaufte er 1994 einen IHC 554 von einem Landwirt im Dorf. Als ich den das erste Mal gesehen und vor allem gehört habe, war ich aber hin und weg. Der Klang des Motors – es war wie Liebe auf den ersten Blick.
Beginn einer Leidenschaft
Seitdem habe ich so ziemlich alles von IH gesammelt, was mir in die Finger kam und ich mir leisten konnte. Vieles bekam ich auch geschenkt – gerade von ehemaligen Mitarbeitern nach der Schließung des Werks. Es war schließlich nur 30 Kilometer entfernt.“
Seine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker hätte Ingo natürlich gerne in einer IHC- beziehungsweise CASE-IHWerkstatt absolviert. „Doch wie es im Leben so spielt, bekam ich auf verschiedene Bewerbungen ausgerechnet von einem John-Deere-Händler im Nachbardorf die Zusage.“
Trotzdem blieb Ingo seiner Marke treu und lebte seine Leidenschaft für IHC zwangsläufig privat aus. Das Gute an der Berufstätigkeit im Landmaschinenbereich: „Ich konnte an den Traktoren und Geräten, die ich mir nach und nach gekauft habe, fast alles selbst machen.“
Freizeit auf dem Traktor
Wer Ingo Führers kennt, kennt einen Schlepper, mit dem er den größten Teil seiner Arbeiten erledigt: seinen 844 S Allrad aus dem Baujahr 1980. Dieser Typ war der stärkste in Neuss gebaute Vierzylinderschlepper ohne Turbolader. „Den habe ich vor rund zehn Jahren von einem Landwirt aus einem Nachbardorf übernommen.
Und er ist gut ausgestattet mit Kabine von Walter Mauser, Allrad und Druckluftbremsanlage.
Dazu das leicht zu schaltende synchronisierte Getriebe mit 16 Vorwärts- und acht Rückwärtsgängen.“ Diese Ausstattung ist für Ingo sehr wichtig, denn der gelernte Landwirt und Landmaschinenmechaniker bewirtschaftet neben seinem Beruf als Maschinist und Baggerfahrer einen kleinen eigenen Hof mit Pferdehaltung. „Künftig kommen noch ein paar Pferde dazu. Daher werde ich auch noch mehr Grünland bewirtschaften und selber Heu machen.“
Echte Einsätze
Wiesenpflege, Heu und Stroh pressen, Transport von Ballen sowie Miststreuen sind denn auch die Hauptaufgaben des 80 PS starken 844 S Allrad mit dem unverwechselbaren IHC-Sound. Traktortreffen und Feldtage besucht Ingo am liebsten mit dem 844 S. Knapp 7.000 Stunden hat der Schlepper bislang auf der Uhr, und es werden immer mehr.
„300 Stunden macht der bei mir bestimmt pro Jahr“, schätzt Ingo. Der Traktor passe in puncto Größe, Leistung und Ausstattung sehr gut zu seinem kleinen Betrieb und erwies sich bislang als sehr zuverlässig.
„Nur die Einspritzpumpe musste ich einmal neu abdichten.“ Dass auf Ingos Lieblingstraktor nur „844“ und nicht „844 S“ zu lesen ist, hat einen einfachen Grund: „Ich hatte mir damals versehentlich die falschen Aufkleber besorgt“, gibt Ingo zu, „aber so groß ist der Unterschied zwischen den beiden Modellen ja nicht.“ In ihrer jetzigen Form ist die Beschriftung sogar ein leichtes Understatement: Der 844 S, um den es sich bei Ingos Exemplar handelt, hat einen stärkeren Motor mit etwa 350 Kubikzentimetern mehr Hubraum und fünf PS mehr Leistung.
Technische Herausforderungen
Während der 844 und ein 724 mit Frontlader sich als Einsatzschlepper bewähren, an dem Ingo kaum mal seine Fertigkeiten als Landmaschinenmechaniker unter Beweis stellen muss, warten in der Scheune noch technische Herausforderungen: so zum Beispiel ein IHC 1255: „An ihm fehlen noch einige Blechteile und die Kabine muss neu aufgebaut werden. Bis der fertig ist, vergehen noch ein paar Monate. Ich bin ja voll berufstätig und in meiner Freizeit bewirtschafte ich den Hof. Zum Restaurieren bleibt daher nicht so viel Zeit.“
Ganze Ordner voller originaler IHC-Prospekte, -Preislisten und sonstiger Dokumente füllen die Regale in Ingos IHC-Zimmer
IHC-Modelle im Maßstab 1:16 (ganz links) und 1:32 sowie viele weitere Accessoires – Ingo hat es geschafft, alles schön in Szene zu bringen
Ein geradezu unglaublicher Gegenstand in Ingos Sammlung: ein original International-Harvester-Kühlschrank. In den 50er-Jahren fertigte IHC in den USA auch Haushaltsgeräte
Seltene Sammlerstücke
Fertig und fahrbereit sind hingegen der oben erwähnte IHC 554, den Ingo nach einem Motorschaden mit einem 100-PSIHC D-358 Sechszylinder statt des regulären 54-PS-Vierzylinders ausgestattet hat, sowie eines von nur acht bekannten Exemplaren einer Schmalspurversion des Mc- Cormick D-436. Letzteres hat es per Anhänger schon zu den Feldtagen ins 200 Kilometer entfernte Nordhorn geschafft.
Ingos Leidenschaft für IHC macht aber bei den in Neuss gebauten Traktoren noch nicht halt: Dass seine Ballenpresse ebentc falls von IHC stammt, liegt auf der Hand.
Hinzu kommen ein Grasmäher und ein Schwadwender des niederländischen Herstellers PZ, mit dem IHC in den 1970erund 1980er-Jahren kooperierte.
Dieses Wappen der Stadt Neuss fertigten Mitarbeiter des IHC-Werks anlässlich eines Werksbesuchs des Neusser Schützenkönigs
Landtechnik-Händler Peter Baum war der wichtigste Lieferant von IHC-Traktoren für Landwirte in der Jülicher Börde und ist heute nach Händler für Case-IH-Traktoren
Eines von nur acht bekannten Exemplaren einer Schmalspurversion des McCormick D-436
Nicht auf Pump gekauft
Wesentlich seltener sind ein in Deutschland kaum bekannter dreischariger IH 135 Wendepflug, ein zweischariger IH-Beetpflug sowie sogar ein IH-Pumpenaggregat HE 65 für Beregnungsanlagen. Das hat einen rund 40 PS starken IHC-Dreizylinder des Typs D-155 unter einer Motorhaube eines IHC 433 oder gleich großen Schleppers der A-Familie. Die damals ebenfalls von IHC lieferbare eigentliche Wasserpumpe wurde an dieses Antriebsaggregat einfach angeflanscht. Die Pumpleistung wurde über einen Handgashebel an der linken Seite des Motors eingestellt. „Ich wusste selbst nicht, dass es das überhaupt gab, bis ich über Ebay-Kleinanzeigen zufällig auf ein Angebot gestoßen bin. Ich wusste sofort: Das musst du einfach haben.
Für unter 1.000 Euro habe ich es mir gekauft und mir noch einen entsprechenden Originalprospekt besorgt – auch um beweisen zu können, dass es dieses Gerät wirklich von IHC gegeben hat.“
Unglaublich, aber wahr
Dass ein Nachweis bisweilen wirklich nötig ist, beweist ein geradezu unglaublicher Gegenstand in Ingos Sammlung: ein originaler Kühlschrank von International- Harvester! „Auch den habe ich über Ebay in Süddeutschland gefunden. Der Vorbesitzer wollte erst knapp 1.000 Euro dafür haben.
Nachdem wir aber ins Gespräch gekommen waren und uns fünf Stunden lang über IHC unterhalten hatten, überließ er ihn mir für weniger als die Hälfte des Preises: Er hatte gemerkt, dass das Gerät bei mir wirklich in gute Hände und zu einem echten Fan kommt.“ Dass Ingo gerne mit den Leuten redet, macht sich nicht nur finanziell bezahlt.
Vielmehr erweitert der 29-Jährige so fortlaufend sein Wissen: „Ich rede mit den Leuten, höre gerne zu, lerne aus ihren Erfahtc rungen und merke mir viel von dem, was man mir erzählt. Dadurch habe ich zu fast jedem Gegenstand in meiner Sammlung auch Hintergrundinformationen.“
Als ich den IHC meines Vaters das erste Mal gesehen und vor allem gehört habe, war ich aber hin und weg. Der Klang des Motors – es war wie Liebe auf den ersten Blick.“
Ingo Führers
Um Stroh für die eigenen Pferde zu bergen, setzt Ingo natürlich auf eine Ballenpresse von IHC
Milchkühlung und mehr
So auch zu besagtem Kühlschrank mit Tiefkühlfach: Ingo hat herausgefunden, dass IHC zwischen 1947 und 1955 verschiedene Haushaltsgeräte produziert hat – und zwar ausschließlich in den USA und für den nordamerikanischen Markt. Vermutlich durch Militärangehörige sind einige Exemplare aber auch in den Bereich der ehemaligen amerikanischen Besatzungszone in der Südwesthälfte Deutschlands gelangt. Von der Landwirtschaft sind Kühlschränke übrigens gar nicht so weit entfernt, wie es zunächst scheint: „IHC hatte in Amerika ja schon vorher Kühlanlagen für Milchbauern hergestellt. Da war es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Kühlschrank für den Privathaushalt der Farmer-Familien.“
Mit Toleranz weiter
Für Arbeiten im eigenen Garten stehen Ingo außerdem zwei Holder-Einachser zur Verfügung.
Diese Toleranz gegenüber anderen Marken und ihren Fans sowie seine Kenntnisse als Landmaschinentechniker auch über IHC hinaus sorgen dafür, dass er in der Szene so gut vernetzt ist. „Sehr viele Leute kenne ich über die Traktortreffen.
Und wenn ich mal seltenere Ersatzteile brauchte, habe ich überall angerufen und nachgefragt. Mittlerweile habe ich selbst so viele Ersatzteile, dass die Leute schon bei mir anrufen. So lernt man auch immer wieder neue Traktorfans kennen.“ Für die ferne Zukunft hat Ingo übrigens ein sehr interessantes Projekt geplant: „Ich habe so viele seltene Sammlerstücke und auch noch Platz auf meinem Hof. Ich könnte mir daher vorstellen, hier eines Tages ein kleines IHC-Museum einzurichten.
Bis ich dafür Zeit habe und es so weit ist, muss ich aber vielleicht erst noch Rentner werden“, schmunzelt der 29- Jährige.