... „Die wandernde Erde“ spielte 2019 rund 700 Millionen Dollar ein
Action pur: Auch für Kriegsfilme und -serien sind die Hengdian World Studios beliebt
Chinesische Mauer: Dreh der TV-Serie „Chang An Nuo“ in den Hengdian Studios
Hinter den Kulissen der chinesischen Fernsehserie „Chang An Nuo“
Kennen Sie „Wolf Warrior 2“? Nein? Das ist keine Schande. Der Actionfilm lief 2017 in Deutschland nur in wenigen Kinos und klingt auch eher nach 80er-Jahre-Videotheken- Ware. Anderswo lief „Wolf Warrior 2“ dafür umso besser: Weltweit spielte das patriotische Werk im Kino rund 870 Millionen Dollar ein – mehr als „Wonder Woman“ oder „Mission: Impossible – Fallout“. Nicht schlecht für einen Film aus China.
„Wolf Warrior 2“ – im Original „Zhan lang II“ – ist der erfolgreichste chinesische Kinofilm der Geschichte. Und: Die Zahl der Blockbuster made in China steigt stetig. Anfang 2019 spielte das Scifi-Epos „Die wandernde Erde“ 700 Millionen Dollar weltweit ein. So viel Kasse machen sonst nur US-Megahits. China wird zur Kinoweltmacht.
Verbotene Stadt nachgebaut
Zugegeben: Das meiste Geld machen diese Filme in China selbst. Aber auch andernorts schauen etwa chinesische Migranten und deren Nachfahren die Filme im Kino oder online. Bei uns sind „Wolf Warrior 2“ und „Die wandernde Erde“ auf Chinesisch und Englisch beim Streaming-Dienst Netflix zu sehen.
Chinas Filmindustrie ist gigantisch. Vergangenes Jahr starteten rund 380 einheimische Produktionen im Kino – von Comedy über Romanze bis Horror. Besonders beliebt für historische Stoffe sind die Hengdian World Studios. Im weltgrößten Filmstudio wurden unter anderem Teile der berühmten Verbotenen Stadt im Maßstab eins zu eins als Kulisse nachgebaut. Hinzu kommen Paläste, Tempel und Straßenzüge unterschiedlichster Epochen.
Auch der Produktionskomplex Oriental Movie Metropolis in Qingdao lockt mit Superlativen: Wang Jianlin, der reichste Mann Chinas, investierte 7,2 Milliarden Dollar in eine 500 Fußballfelder große Filmstadt.
Doch Chinas Macht geht weit über eigene Produktionen hinaus. Aktuelles Beispiel ist der Trailer zum US-Film „Top Gun: Maverick“ (2020), der Fortsetzung des Actionhits von 1986. Anders als im ersten Teil ist nun die Flagge Taiwans von Mavericks (Tom Cruise) berühmter Fliegerjacke verschwunden und durch eine Fantasiefahne ersetzt. Der Hintergrund ist politisch: Einer der „Maverick“-Geldgeber ist der Mega- Konzern Tencent aus China, wo Taiwan offiziell als abtrünnige Provinz gilt.
Eigene Kinofassung für China
Hollywood will China nicht verprellen, weder als Investor noch als Absatzmarkt. Mit 1,4 Milliarden Menschen gibt es hier den weltgrößten Kinomarkt. Zuletzt durften rund 40 ausländische Filme pro Jahr in Chinas Kinos starten. Dafür werden auch mal Inhalte verändert. Schon für „Iron Man 3“ drehte Marvel eine um vier Minuten längere Fassung für China. Und für „Doctor Strange“ entfernte das Studio den Bezug zum politisch umstrittenen Tibet, wo in den Comics der Lehrer der Hauptfigur lebte. Konkurrent Warner ging mit seinem Blockbuster „Meg“ 2018 lieber gleich auf Nummer sicher: Produziert wurde mit einem chinesischen Partner, an chinesischen Drehorten und mit dem chinesischen Co-Star Li Bingbing.
Selbst chinesische Geschichten werden im Westen jetzt interessant. Amazon will aus der Weltbestseller-Reihe „Trisolaris- Trilogie“ des Schriftstellers Cixin Liu („Die wandernde Erde“) ein aufwendiges Scifi-Epos machen. Die Story: Eine außerirdische Macht empfängt Nachrichten von der Erde und plant die Invasion. Daraufhin erarbeitet eine Reihe chinesischer Wissenschaftler einen komplexen Plan gegen die Bedrohung aus dem All. Das Mega-Projekt umfasst viele Jahrhunderte und führt die Forscher tief in den Weltraum hinein. Dimensionen, die angesichts der Ambitionen der Filmweltmacht China angemessen scheinen.
MICHAEL TOKARSKI
FOTOS: ZHAO/KNIGHT/FRAYER/KAMINSKI/GETTY IMAGES (7), GUANG HUA MEDIA, DDP IMAGES, FEI/LAIF (2)