... Ende der italienisch-deutschen Besatzung 1944 sein Land zunächst Belgrad, dann Moskau, später Peking zugewandt – und nach Maos Tod eine eigene isolatorische Politik geführt, das Land quasi völlig vom Rest der Welt abzuschotten. Besondere Feinde ware für Hoxha Menschen aus dem Königshaus und deren Umfeld: „Alleine ein Briefwechsel oder nur der Besitz eines Fotos von Mitgliedern unserer Familie konnte ausreichen, einen für 15 Jahre ins Gefängnis zu bringen“, erzählt Kronprinz Leka. Hoxha ließ sogar bezahlte Söldner außerhalb des Landes Jagd auf die albanischen Royals machen – sogar in Gabun/Afrika versuchten sie, Lekas Vater Leka Zogu (1939-2011) in ihre Gewalt bringen. Der entkam und fand Exil, zunächst in Rhodesien (heute Simbabwe), später in Südafrika. 1975 heiratete er die Australierin Susan Cullen-Ward (1941-2004), die Mutter des heutigen Kronprinzen.
1993 durfte die königliche Familie zurück nach Albanien, ein Referendum für die Rückkehr zur Monarchie scheiterte später. Leka Zogu zweifelte allerdings an, dass bei der Wahl alles mit rechten Dingen zugegangen sei. In den Geschichtsbüchern dürfte das albanische Königshaus als eines mit der kürzesten Regierungszeit eingegangen sein: Gerade einmal elf Jahre – von 1928 bis 1939 – regierte Lekas Großvater König Zogu I. (1895-1961) das Land. Er entstammte einer bedeutenden Adelsfamilie, wurde 1925 Präsident und drei Jahre spä- ter König. Ein neues Schloss wurde gebaut, aber nie von der Familie bezogen. Die Schlossvilla, in der Leka heute mit seiner Familie lebt, blieb erhalten, auch wenn daraus per Dekret von Diktator Hoxha alles, und war es nur das kleinste Detail, entfernt und zerstört werden sollte, was an die royalen Bewohner erinnerte. Kronprinz Leka zeigt auf den massiven Holztisch, auf dem während unseres Gesprächs soeben Kaffee serviert wurde: „Der stammt noch aus dem früheren Besitz meiner Familie – die Arbeiter, die ihn später zerstören sollten, hatten ihn heimlich versteckt“. Außerdem überlebte ein Familienporträt, das unter den Bodendielen verborgen war.
Auch wenn das Mobiliar der royalen Residenz von antiken Möbeln und Stücken dominiert wird, der Kronprinz ist ein engagierter Vertreter des modernen Albaniens, das als recht stabile Demokratie gilt. Leka selbst lässt keinen Zweifel daran, dass er – auch ohne Monarch zu sein – seine Aufgaben in seinem Land sieht, darüber hinaus im Dienste seiner Nation: „Es leben zwar nur knapp drei Millionen Menschen in Albanien, die albanische Gemeinschaft weltweit umfasst aber 15 Millionen.“ Kronprinz Leka war ab 2006 Mitarbeiter im Außen-, später im Innenministerium und ab 2012 politischer Berater des damaligen konservativen Präsidenten Bujar Nishani, 77. Ganz ungeschönt stellt er die Entwicklung seines Landes dar: „1991 waren wir etwa auf dem Niveau von Somalia, 1997 herrschte hier noch die pure Anarchie, vieles wurde zerstört.“ Mittlerweile habe ein „schwieriger Erholungsprozess“ stattgefunden – und wie die aktuelle (sozialistische) Regierung setzt auch Leka große Hoffnungen in den Tourismus, insbesondere in den durch die albanische Geschichte kaum zerstörten Regionen mit besonderem Naturerbe und landschaftlicher Schönheit.
Grüne Visionen für seine HEIMAT
KRONPRINZ LEKA (r.) als Kind in Südafrika. Am Tag seiner Geburt erklärte die Regierung in Pretoria die Entbindungsstation zum albanischen Hoheitsgebiet
Doch jede Erschließung müsse mit Augenmaß erfolgen: Er persönlich sei „total gegen einen All Inclusive-Tourismus“ Der Kronprinz, der in London studierte, erinnert in manchen Visionen sehr an den britischen Thronfolger Prinz Charles, 74. Tourismus müsse nachhaltig sein, daran lässt er keinen Zweifel. „Was wir der Natur angetan haben, ist ein großes Problem. Vor allem es ist auch wichtig, unsere Gesellschaft in dieser Hinsicht zu sensibilisieren.“ Öko-Tourismus schone nicht nur die Ressourcen, sondern rechne sich auch für Albanien: „Ein Zimmer in einem Boutique-Hotel bedeutet sieben Arbeitsplätze“, rechnet er vor.
Die Kronprinzessin war Schauspielerin und Mitglied einer GIRLS-GROUP
Da spricht wohl nicht nur ein politisch engagierter Kronprinz, sondern auch ein junger Vater. 2010 hat Leka in Paris seine Landsfrau Elia Zaharia, heute 39, kennengelernt – in Albanien bekannt als ehemaliges Mitglied der erfolgreichen Girls-Group „Spirit Voice“ sowie als Schauspielerin, unter anderem am Albanischen Nationaltheater in Tirana. Am 8.
Oktober 2016 läuteten in der Hauptstadt die Hochzeitsglocken, zu den bekanntesten Gästen gehörten Königin Sofia von Spanien, Prinz und Prinzessin Michael von Kent, Ex-Kaiserin Farah (Iran), Prinzessin Sibilla und Prinz Guillaume von Luxemburg und Kronprinz Alexander von Jugoslawien. Am 22. Oktober 2020 teilten Kronprinz Leka und Kronprinzessin Elia freudig die Geburt ihrer ersten Tochter mit. Ihr Name:
Geraldine. Ihr Geburtsort: das Königin Geraldine-Hospital in Tirana, benannt nach Lekas Großmutter, der beliebten Königin Geraldine (1915-2002), die in Budapest als Gräfin Apponyi de Nagy-Appony geboren wurde. Sie war nach 64 Jahren im Exil im Jahr 2002 nach Albanien zurückgekehrt und vier Monate später in Tirana verstorben. Exakt an ihrem 18. Todestag kam ihre Urenkelin gleichen Namens im Hospital zur Welt. Die nette Anekdote zeigt aber auch: Das Königshaus ist in Albanien präsenter als es oft international wahrgenommen wird. Und Kronprinz Leka arbeitet dafür. Auch ohne Thron .
Andreas C. Englert