... Fliegen und r Skeleton-Schlittenrennen. Von 1975 bis 1979 studierte er Industriedesign an der Fachhochschule in München und absolvierte 1978 ein Praktikum bei Audi, das den Grundstein r eine 25-jährige Karriere im Volkswagen-Konzern legte. Sein Talent erkennend, verlieh Audi ihm ein Stipendium, damit er am renommierten Royal College of Art in London Transportation Design studieren konnte. Von 1980 an begann Schreyer in den verschiedenen Designabteilungen bei Audi in Ingolstadt zu arbeiten, bevor er 1991 zum Audi Volkswagen Advanced Design Centre nach Kalifornien wechselte, wo er zum Beispiel an der Audi-Designstudie Quattro Spyder beteiligt war. Nachdem er 1993 die Leitung des Exterior-Designs bei Volkswagen übernommen hatte, entschied er sich, nach Ingolstadt zurückzukehren, wo er zwischen 1994 und 2002 als Leiter von Audi Design die Designstrategie der Marke entscheidend prägte. Viele Konzeptfahrzeuge des Volkswagen-Konzerns gehen auf sein gestalterisches Konto, auch die unverwechselbare Silhouette des Lamborghini Murcielago stammt aus seiner Feder.
Schreyers Arbeit ist im Laufe seiner Karriere mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen gewürdigt worden, darunter die Ehrendoktorwürde des Royal College of Art in Anerkennung seines herausragenden Beitrags zum Automobildesign, der Red Dot Award r das „Design Team of the Year“ 1999 r Audi sowie der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2002 r das innovative Design des Audi A2. Anders als vielen seiner Kollegen in der Autobranche ging es Peter Schreyer nie nur um Autos. Mit seiner markanten schwarzen Brille und dem immer griffbereiten Druckbleistift ist Schreyer zwar die Inkarnation eines Autodesigners, doch die Inspiration r sein kreatives Schaffen geht weit über die Einflüsse prägender Berufskollegen wie Giorgetto Giugiaro hinaus. Vielmehr ist Schreyer „ein Künstler, der seine Fähigkeiten r das Automobildesign nutzt“, wie es sein Mentor Hartmut Warkuß, der lang jährige Designchef bei Volkswagen, formuliert hat. Von klein auf haben eine Reihe künstlerischer Bewegungen sein Schaffen nachhaltig beeinflusst. Das waren zum Beispiel die Dadaisten, großformatige, expressionistische Arbeiten von Cy Twombly, die ein Ge hl von Freiheit und Spontaneität vermitteln, ebenso Bildhauer wie Jean Tinguely und Alexander Calder, deren dynamische Skulpturen Kunst buchstäblich in Bewegung setzen und das Element des Zufalls einbeziehen, und schließlich Designer wie Charles und Ray Eames, Luigi Colani und Thomas Heatherwick, letzterer ebenfalls Absolvent des Royal College of Art in London.
Inspiration findet Schreyer aber auch aus unerwarteter Quelle wie Miles Davis und Frank Zappa. Wie der nonkonformistische Rockstar hat auch Schreyer schon immer Elemente des Surrealismus, Humor und die Lust am Experiment in seine Arbeit einfließen lassen, wie ein unsichtbares Gewebe, das den Hintergrund r sein Schaffen bildet. Es ist immer da, nährt seine Vorstellungskraft und drückt sich in seinen kühnen, manchmal provokanten Entwürfen aus, mit denen er die Branche immer wieder überrascht.
Aber auch wenn Spontaneität in Peter Schreyers Designethik schon immer eine zentrale Rolle gespielt hat, konnte auch er nicht vorhersehen, dass ein Telefonanruf einen radikalen Wandel in seinem Leben einleiten sollte. Im Jahr 2006 befand sich Schreyer in einer beneidenswerten Position: Er hatte sich einen Ruf als renommierter Autodesigner erworben und konnte auf eine beeindruckende Liste erfolgreicher Entwürfe verweisen, darunter der Audi TT, der visionäre A2 mit seine Alukarosserie und der ikonische New Beetle von VW, doch als er, unterwegs auf der Autobahn, den Anruf von Kia entgegennahm, „machte es Klick in meinem Kopf, dass das interessant werden würde. Von da an war es schwer, an etwas anderes zu denken.“ Die Entscheidung, von Deutschland nach Korea zu ziehen, veränderte Schreyers Leben von Grund auf. Ein mutiger Schritt, der eine neue Herausforderung mit großer kreativer Freiheit bot.
„ Dann gibt es da dieses erste Mal, wenn du ein Auto, das du designt hast, draußen auf der Straße siehst. Ich mag es, an der Ampel direkt daneben zu fahren, so dass ich den Fahrer sehen k ann.“
Peter Schreyer
Bei Kia Motors also wurde er Chief Design Officer, sieben Jahre später wurde ihm die Verantwortung r die Designbüros der gesamten Hyundai Kia Automotive Group weltweit übertragen. Heute ist er als President & Head of Design Management der Hyundai Motor Group r die langfristige Designvision des Unternehmens verantwortlich. Und er hat sowohl geschäftlich wie auch privat viele neue Freunde gefunden: „Wir gehen häufig aus, wenn wir in Korea ein wichtiges Meeting beendet haben. Es ist wichtig, dass man bestimmte Gelegenheiten auch gebührend feiert. Und weil es Korea ist, bedeutet das auch, dass man manchmal auch Karaoke singt.“
Indem er die Grenzen zwischen Ost und West verwischt, gelingt es Schreyer mit Leichtigkeit, eine Brücke zu bauen zwischen dem Erbe des Automobildesigns in seiner bayerischen Heimat und den Möglichkeiten, die sich durch den immensen Wandel in Südkorea eröffnen. In Korea spricht man von Hallyu – „die koreanische Welle“, ein kulturelles Phänomen, das weit über die Automobilindustrie hinausgeht. Der Begriff umfasst die Fülle koreanischer Kulturexporte wie K-Pop und Oscar-prämierte Filme, die die Welt in den letzten Jahren im Sturm erobert haben, und bildet die Grundlage r den rasanten Aufstieg Südkoreas in nur wenigen Jahrzehnten, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in der Anerkennung der Softpower des Landes. Schreyers Entwürfe beweisen, dass aus der Kombination zweier gegensätzlicher Designtraditionen etwas einzigartig Neues entstehen kann, das Anerkennung auf der ganzen Welt findet.
Ein besonderer Meilenstein war zum Beispiel die Designstudie des Kia Kee, die erstmals die heute berühmte „Tigernase“ trug, den Kühlergrill, der im wahrsten Sinne des Wortes das Gesicht der Marke geprägt hat und zum Beispiel durch den Ceed einem breiten europäischen Publikum bekannt wurde
Für Kia entwarf er auch Prototypen Pop, ein knalliges Statement zu den gestalterischen Möglichkeiten, die Elektrofahrzeuge bieten, zu einer Zeit als diese kaum auf dem Markt zu finden waren und entwickelte auch den Urtyp des bekannten Soul weiter, den es heute in Deutschland ausschließlich als E-Soul gibt und dessen Name sich nicht nur auf die „Seele der Automobilität“ bezieht, sondern auch auf die Stadt, in der er entstand: im koreanischen Seoul, ausgesprochen „Soul“.
Für Peter Schreyer ist klar: Design gestaltet Zukunft und ist immer selbst in Bewegung. Das gilt nirgends so sehr wie r die dynamischste Disziplin des gestalterischen Entwurfs: Mobilität. Die Frage lautet immer: „Was kommt als Nächstes?“ Aus der Sicht von Peter Schreyer könnte die Antwort lauten: „Mehr, als Sie ahnen, und früher, als Sie es erwarten.“
Willy Loderhose
DAS LEBENSWERK VON PETER SCHREYER IN EINEM BUCH
HERAUSGEBER: gestalten Verlag SPRACHE: Englisch AUSSTATTUNG: vollfarbig, Hardcover, fadengebunden, 336 Seiten FORMAT: 22,5 × 29 cm PREIS: 50 Euro (D)