... hielt und der nun im METAL HAMMER verraten werden darf. Um ein Zeichen für starken Zusammenhalt in der Metal-Szene zu setzen, pickten sich Feuerschwanz einen wahren Klassiker der Nullerjahre heraus, der diese Vita ausdrückt: ‘Warriors Of The World United’ von Manowar.
Rückenstärkung
Um dieser Mitgrölhymne noch mehr Ausdruck zur verleihen, holten sich die acht Musiker zusätzliche Verstärkung mit ins (Drachen-)Boot: Der stimmgewaltige ehemalige Gloryhammer-Sänger Thomas „Angus McFife“ Laszlo Winkler, der unter anderem bei zwei Konzert-Streams der Band mitwirkte. Neben ihm steht die sämtliche Oktavenstufen beherrschende Growl-Kraft Melissa Bonny von den Melodic Death-/Symphonic-Band Ad Infinitum.
Mit Letzterer gründete Gitarrist Hans der Aufrechte vor Kurzem The Dark Side Of The Moon. Damit verarbeiten sie Themen aus Film, Serien und Videospielen. Außerdem war sie schon in der Feuerschwanz-Cover-Version zu Seeeds ‘Ding’ zu sehen und hören. Eigentlich sollte heute noch Alea der Bescheidene von Saltatio Mortis mit vor der Kamera stehen, dieser fällt jedoch krankheitsbedingt aus – Nachdrehs folgen. Die Gäste treffen ein, alle umarmen sich und bringen sich auf den aktuellen Stand; es wird ausgelassen gequatscht. Man merkt, die Gastmusiker und Feuerschwanz verstehen sich prächtig. Aus der Burgruine kommt Regisseur Nikolaj Georgiew den kleinen Pfad heruntergewandert zum einzig ebenen Grund, der für die Schmink- und Essenstische tauglich ist. Nicht das erste Mal, dass Feuerschwanz ihn als Filmemacher engagieren: Der vorwiegend für Spielfilme Verpflichtete drehte schon mehrere Videos mit ihnen, darunter auch jenes zur letzten Single ‘Untot im Drachenboot’. Für ihn sind die Drehs dank der Themen und Kostüme immer wieder spannend. „Alle sind sehr authentisch und umgänglich.“ Professionalität auf beiden Seiten, weder Regisseur noch Crew sind an diesem Tag gestresst. Die Miezen Musch-Musch und Myu sind fertig geschminkt und reif für den Axtkampf. Von oben kommen die Männer in voller Montur fröhlich grinsend den Hang hinunter.
Keine Star-Allüren, Gleichberechtigung für alle
Während die Gäste den schönen Ausblick und die vereinzelten Sonnenstrahlen genießen, erscheinen nach und nach die bereits abgedrehten Protagonisten: Hans, eingehüllt in sein düsteres Gewand, der für den Gesang zuständige Hauptmann, sein Unterstützer, der Flöten- und Dudelsack spielende Hodi sowie Jarne, der mit seinen vier Jahren Band-Zeit noch relativ neue Zuwachs am Bass. Gänzlich neu ist Schlagzeuger Rollo, er hat mit dem jetzigen Job seinen Traumberuf gefunden. „Das war der logische Schritt, in die Band einzusteigen. Wir kommen aus derselben Gegend, Feuerschwanz waren für mich dauerpräsent. Sie sagten mir nach der Vorspiel-Session, es könne etwas dauern, bis sie zu einer Entscheidung kämen – ein paar Tage später war ich bereits dabei.“ – „Bei mir lief es ähnlich!“, hakt Jarne ein. „Servus!“ Mit fränkischem Akzent und neugierigen Blicken kommen auf einmal Dorfbewohner und Wanderer ans Set. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass hier oben etwas passiert. Besonders für die Kinder ist dieses Kostümfest ein Spaß. „Äh, wo war ich? Ach ja.“
Rollo sammelt sich kurz, dann erklärt er: „Ich musste mich erst mal an ihr Tempo gewöhnen und stellte fest: Scheiße, haben die Energie!“ Während die Band auf den nächsten Einsatz wartet, wird ihr Team- Verständnis deutlich: Niemand kapselt sich ab, die ganze Zeit werden gemeinsam Witze gerissen und es zeigen sich keine Hierarchien. Eine Ansicht, welche die Mitglieder auch gerne in ihr Cover von Manowar eingebaut hätten. Dort heißt es im Refrain: „Brothers everywhere...“, welchen Feuerschwanz gerne mit „and Sisters“ ergänzt hätten, nur war dies rechtlich schwierig. „Bei uns passiert alles auf Augenhöhe!“, erklärt der Hauptmann.
VIDEODREH: FEUERSCHWANZ
Wieder werden wir unterbrochen: Alle schrecken kurz auf, in der Ferne hört man Gebrüll. „Das sind die Miezen, mit denen solltest du dich besser nicht anlegen“, scherzt Hans. Auf der Bühne sind sie für die Choreografie zuständig, sie entscheiden eigenständig, wie sie die Lieder mit ihren kriegerischen Einlagen untermalen wollen. „Das ist das Tolle an dieser Band“, wirft die Geige- und Drehleier spielende Johanna ein. „Jeder kann sich hier selbst verwirklichen, keiner grätscht den anderen in ihre Vorstellungen rein.“
Jahrelanges Durchhaltevermögen
Nun müssen alle elf Musiker ran, inklusive Melissa Bonny und Thomas Winkler, den alle nur Tom nennen. Solch eine Anzahl von Künstlern kann nur noch mit einer Drohne erfasst werden. Der Regisseur steuert diese selbst, dabei flucht er: „Verdammt, die Sonne kommt nicht mehr raus.“ Es wird kälter. Während es der Hauptmann in seiner dem Wikingerthema des nächsten Albums angepassten, warmen Rüstung und Hans unter seinem neuen Hut noch einigermaßen aushalten können, wird der Dreh für die Darsteller in freizügigeren Outfits (wie Jarne und die Miezen) eine Belastungsprobe. Zudem bahnt sich ein Gewitter an, doch keiner beschwert sich; es wird kollektiv gefroren. Bei allem Enthusiasmus glaubt man nicht, dass sich drei Band- Mitglieder gerade erst von einer Coronaerkrankung erholt haben. Alle sind heiß auf die kommenden Liveshows im Januar. Passend dazu erscheint vorher ihre zehnte Platte MEMENTO MORI, aus dem Lateinischen frei übersetzt mit „Sei dir der Sterblichkeit bewusst“. Unverkennbar knüpfen sie mit diesem Motto an die lebensbejahende Musik der Vorjahre an. Alle Mitglieder beschreiben die Songs nun als ernster, die Leichtigkeit soll jedoch erhalten bleiben.
Prinz R. Hodenherz III, genannt Hodi, betont, dass er den Spaß an der Sache nicht verlieren will. „Die Lieder sind einfach härter geworden, was bei Bands eigentlich meistens andersrum in der Karriere verläuft. Außerdem haben wir Instrumenten wie Geige und Dudelsack mehr Raum gegeben.“ Auch das Touren ist nun durchdachter: „Früher konnte man das als strukturiertes Saufen bezeichnen. Wir reisten im Sprinter und campten unter freiem Himmel auf dem Mittelaltermarkt. Heute fahren wir alle gemeinsam mit dem Nightliner. Das Ganze ist in den letzten Jahren echt groß geworden.“ Eine Leidenschaft, die Zeit frisst: Mehr als 30 Stunden bleiben keinem der Band-Mitglieder für den Haupt-/Nebenberuf abseits von Feuerschwanz.
„Drehschluss!“, verkündet der Regisseur. Alle sind erleichtert, denn am Ende wurde es auf der komplett unbedachten Burg ungemütlich. Trotz Müdigkeit, durchgefrorenen Gliedern und vollgeschminkten Gesichtern: Die Band lässt den Tag gemeinsam beim Italiener ausklingen.
Jeder, der Zeit hat, darf mitkommen. Heute wurde deutlich, was die Band ausmacht: Zusammenhalt und Fokus auf das Wesentliche, alle besinnen sich auf das Hier und Jetzt. Genau so, wie Hodi das Credo der Band beschrieben hat: „Lebe das Leben als wartet morgen der Tod.“
FLORIAN BLUMANN