... östlich von Istanbul, liegt die antike Stadt Nikomedia, die Kaiser Diokletian (284–305 nC) zur Hauptstadt des Römischen Reichs machte. Bei Ausgrabungen stieß man auf Überreste eines imposanten kaiserlichen Kultgebäudes vom Ende des 3. Jh. nC und auf Bruchstücke eines Relief-Frieses: Die Motive des Reliefs feiern die neu gewonnene Einheit des Römischen Reichs, nachdem Diokletian eine schwere Machtkrise befriedet hatte.
Die Strukturen waren bereits seit Rettungsgrabungen 2001 und 2009 bekannt, aber erst 2015–2018 ließen sie sich einem Bau für den Kaiserkult zuordnen. Die Ausgrabungsergebnisse sind nun veröffentlicht, darunter 30 einst strahlend kolorierte Relieftafeln, insgesamt 50 Meter, die das Innere des Baus schmückten. Auffällig ist eine Tafel, die die Umarmung zweier hoher Würdenträger zeigt. Diokletian hatte 285 nC Maximian zum Mitkaiser ernannt – nach Größe, Gestalt und ihrem violetten Gewand müssen diese beiden dargestellt sein. Sie scheinen in zwei Prozessionen von beiden Seiten zusammengekommen zu sein: Die Kaiser – in Begleitung kleinerer Gestalten, die nicht mehr vollständig erhalten sind – steigen aus ihren Wagen und umarmen sich. „Der Stil geht in Richtung einer abstrakteren und formaleren Repräsentation und antizipiert die spätere byzantinische Kunst“, so die Archäologin Tuna ¸Sare A˘gtürk (Universität Çanakkale), Leiterin der archäologischen Mission Çukurbag. Die Umarmung von Diokletian und Maximian signalisiere die Befriedung nach der Krise des Römischen Reiches Mitte des 3. Jh., in der mehrere Kaiser ermordet worden waren. Die künstlerische Sprache zeuge von dieser kollegialen Form der kaiserlichen Macht: zwei (nicht verwandte!) Kaiser ähnlicher Erscheinung üben die Macht aus. Die Stiländerungen spiegelten die neue politische Ideologie wider, die auf den ThemenConcordia ,Similitudo undFraternitas basierte.
Diokletian und seine Mitkaiser (ab 293 waren es sogar vier Kaiser, eineTetrarchie ) erließen in Nikomedia 303 nC allerdings auch ein Dekret gegen alle, die den Kaiserkult verweigerten. Es löste die blutigsten aller Christenverfolgungen im Römischen Reich aus…
© Cukurbag Archaeological Project