... das Mittelmeer ordentlich aufgemischt, heute sorgen angenehme drei bis vier Windstärken für Bilderbuch- Testbedingungen. Ideal, um anstelle der Standardfock den Code Zero zu setzen. Der liegt, aufgerollt über den eigenen Furler, in einer großen Backskiste, die achtern quer in den Cockpitboden eingelassen ist. Bevor wir den Hafen von Lavagna verlassen, heben wir den langen Schlauch heraus, schlagen ihn vorn am festen Bugspriet an und ziehen ihn hoch in den Mast. So braucht das leichte Segel später nur noch ausgerollt zu werden.
Aus der Abdeckung der gewaltigen Mole, die die stumpf an die Küste gebaute und daher sehr exponiert liegende Marina vor den heranrollenden Meereswogen schützen soll, schiebt uns der 20 PS starke Volvo-Diesel heraus. In ausreichender Distanz zur Hafeneinfahrt erledigen wir gleich noch den Standard-Motor- Test, mit dem wir unter anderem die Marschgeschwindigkeit ermitteln. Bei 2.500 Umdrehungen lesen wir sechs Knoten auf dem Display ab, was für die Bootsgröße vollkommen in Ordnung ist.
Spätestens jetzt muss allerdings erwähnt werden, dass es sich bei der Grand Soleil 34 um einen Performance-Cruiser handelt, bei dem der Schwerpunkt auf Performance liegt, sprich auf guten und schnellen Segeleigenschaften, und nicht auf Cruisen. Motorleistung ist zwar gefragt, aber nur, um sicher in den nächsten Hafen zu kommen, und nicht um Strecke zu machen und dabei auch noch möglichst flott voranzukommen. Fahrtenkomfort ist trotzdem vorhanden, er steht aber nicht im Mittelpunkt, sondern ordnet sich den hochgesteckten Regatta- Ambitionen unter.
Betrachtet man das Schiff von außen, lässt sich gut erkennen, dass die Kabine kürzer geschnitten ist, als man es von reinen Fahrtenyachten gewohnt ist. Allerdings muss man genau hinschauen, denn das mitlaufende Süll, an das sich die Crew bequem anlehnen kann, lässt sie länger erscheinen, als sie ist. Blickt man von vorn auf die Yacht, wird ihr schmales Vorschiff sichtbar, gleichzeitig die sehr ausgeprägte Dreiecks-Form, die ihre größte Breite etwa dort besitzt, wo die Kabine endet, und danach unvermindert breit ins Heck weiterläuft. Durch das spitze Vorschiff und die relativ kurze Kajüte fällt der Innenraum nicht allzu üppig aus, umso mehr Platz bleibt für die Ausgestaltung eines geräumigen Cockpits. Es ist aufgeteilt in einen Crewbereich mit Sitzbänken und ein Steuermanns-Abteil, in dem man auf den Seitentanks sitzen kann. Da es auch keinen festen Cockpittisch gibt, fällt der Arbeitsbereich insgesamt sehr großzügig aus. Das ist gut so, denn in voller Rennbesetzung tummeln sich hier bis zu sechs Personen.
TECHNISCHE DATEN
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1. Übersicht: Aus dem Cockpit hat man eine gute Sicht
2 .Cockpit: Sehr großes Arbeitscockpit. Der Steuermann kann in den Segeltrimm nicht eingreifen
3 . Stauraum: Flache Backskiste im Heck unter dem Cockpit
4 .Offener Bugkorb: Vorne unterbrochen, um leichter die Furler für Leichtwindsegel wechseln zu können
UNTER DECK
Minimalismus pur
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1. Salon: Nur das Nötigste, um es auf kürzen Törns halbwegs bequem zu haben. Hier ist alles auf Performance ausgelegt
2. Pantry: kleine Pantry mit Ofen, Spüle und Kühlfach
3. Kartentisch: Für den Navigator und den Taktiker hat die Werft auf einen erstaunlich großen Kartentisch gesetzt
4. Achterkoje: Damit die Crew auf Überführungen schlafen kann, gibt es große Doppelkojen. Vorsicht beim Stauen: Die Hauptschalter stehen vor und sind nicht geschützt
5. Nasszelle: Halbwegs geräumig ausgeführt, findet hier sogar die größere Version des Pumpklos Platz
6. Motor: Der Motor sitzt sehr gut zugänglich unter der Treppe des Niedergangs
Große Auswahl Innerhalb der Performance- Cruiser-Range, welche die Pardo-Werft zusätzlich zu den bekannten Blauwasser- und Custom-Yachten anbietet, ist die GS 34 das kleinste und nach der GS 48 das zweitjüngste Modell. Baunummer eins wurde Ende 2017 vom Stapel gelassen. Bekannt dafür, dass sie sehr flexibel auf die Wünsche ihrer Eigner eingehen kann, ermöglicht die Werft eine beeindruckend umfangreiche Individualisierung ihrer GS-Serien-Schiffe. Wollen die Kunden in erster Linie Regatten segeln, wird der Performance-Aspekt schon beim Bau deutlich in den Vordergrund gerückt. Wollen sie nur hin und wieder an Rennen teilnehmen, sonst aber entspannte Familientörns unternehmen, werden eher Standard-, als Hightech-Materialien verarbeitet, weil die Gewichtsreduzierung dann eine untergeordnete Rolle spielt.
Für die verschärfte Race-Ausführung, die bis zu 500 Kilogramm leichter ausfallen kann, kommt Kohlefaser zum Einsatz, entweder in Form von Verstärkungen oder auch flächendeckend. Je nach Bestellung. Auf jeden Fall wird Epoxy anstelle von Vinylester-Harz verwendet. Wie stark der Rennfaktor seiner Yacht ausgeprägt sein soll, entscheidet letztlich der Eigner. Ebenso, ob er nach der ORCi oder nach IRC-Handicap segeln möchte. Entscheidet er sich für letztere Formel, wird ein IRC-typischer Flossenkiel montiert, bei ORCi ein leistungsstarker T-Kiel. In jedem Falle erhält eine Race-optimierte GS ein Kohlefaser- Rigg.
Neben unterschiedlichen Herstellungs-Bauweisen und Materialien gibt es noch Ausrüstungs- Varianten, u. a. die Steuerung betreffend. Unser Testschiff beispielsweise ist mit zwei Steuerrädern ausgestattet. Denkbar wäre auch eine Pinnensteuerung, die ebenfalls auf beide Ruderblätter zugreift. Eine entsprechende Pinnenanlage sehen wir auf einem Schwesterschiff.
Von den bislang sieben ausgelieferten Grand Soleil 34 gleicht keine der anderen, was die hohe Flexibilitätsbereitschaft der Werft verdeutlicht.
Ideal für den Code Zero
Weil der Wind parallel zur Küste weht, bietet es sich an, gleich im Anschluss an den Motortest den Code Zero auszurollen, das Groß hochzukurbeln und einen langen Schlag nach Sestri Levante zu unternehmen. Den hohen Molenkopf der Marina wollen wir als Plattform für die Fotoarbeiten nutzen.
TESTERGEBNISSE
Segeltragezahl: 4,9
Ihr Wert gibt das Verhältnis von Segelfläche zur Verdrängung an. Wie viel Segelfläche eine Yacht bis zum Reffen tragen kann, hängt jedoch von der Tiefe des Gewichtsschwerpunkts und der Stabilität ab. Der Wert einer typischen Fahrtenyacht liegt bei 4,2 – steife Cruiser-Racer erreichen über 5.
Ballastanteil: 45 %
Mit einem Ballastanteil von 45 % bewegt sich die Grand Soleil 34 auf der sehr sicheren Seite. Einen Ballastanteil von 25 % sollten Fahrtenyachten mit dem üblichen moderaten Tiefgang aus Gründen der Seetüchtigkeit nicht unterschreiten.
Längen-Breiten- Verhältnis: 3 : 1
Das Längen-Breiten-Verhältnis von 3 : 1 spricht für eine ausgewogen segelnde Yacht. Reinrassige Regattayachten können das Verhältnis 2,2 : 1 haben. Zusammen mit dem Ballastanteil und der Lage des Gewichtsschwerpunkts hat dieser Wert großen Einfluss auf die Segeleigenschaften.
Rumpfgeschwindigkeit: 7,7 kn
Maximal am Testtag erreichte Fahrt: 9 kn, bei 4 Beaufort unter Groß und Code Zero, auf Halbwindsgang
Der Code-Zero wird an dem langen Bugbeschlag angeschlagen
Bei vier Personen an Bord sind die Aufgaben schnell verteilt. Ein Crewmitglied führt die Vorsegelschot, ein zweites wartet mit der Hand an der Winschkurbel auf Kommandos zum Dichtholen. Um den 110 Quadratmeter großen Code Zero von Hand dicht zu holen, weht der Wind eindeutig zu stark. Crewmitglied Nummer drei kümmert sich um das Großsegel, Nummer vier übernimmt das Steuern. Mit dieser Arbeitsaufteilung sind wir (fast) schon regattatauglich, auf jeden Fall so gut besetzt, dass alle Manöver reibungslos funktionieren.
Betrachtet man das Beschlags- Layout im Detail, wird klar, dass es sich bei der GS 34 zweifelsfrei um eine Rennziege handelt beziehungsweise um eine sportlich ausgerichtete Yacht, die nicht nur vom Skipper, sondern auch von der Mannschaft aktive Mitarbeit einfordert. Der Rudergänger kann das Schiff allein nicht handhaben, denn er kommt an die meisten Winden und Klemmen nicht heran. Die Vorsegelwinschen beispielsweise sitzen sehr weit vorn in der Crew-Abteilung, selbst die Großschotwinschen sind für ihn unerreichbar, zumindest, wenn das Schiff mit Radsteuerung ausgestattet ist. Bei Pinnensteuerung und einem langen Pinnenausleger kann er allerdings so weit nach vorn rutschen, dass er an die Großschotwinschen herankommt. In jedem Fall hat der Steuermann aber Zugriff auf die Holeleinen des Travellers, der quer über den Cockpitboden verläuft. Fiert er den Schlitten weit nach Lee, kann er selbst sehr große Windspitzen abfedern, ohne dass die Großschot aufgemacht werden muss.
Unter Deck ein Kompromiss
Wie eingangs schon erwähnt, fällt der Innenraum klein aus, was dem Kompromiss-Konzept geschuldet ist. Zwar spürt man auch unter Deck die Regattaatmosphäre, allerdings nimmt man sie als durchaus gemütlich wahr. Der Ausbau ist hochwertig ausgeführt, mit vielen Holzdetails wohnlich gestaltet und beinhaltet alles, was man für kürzere Touren braucht – Nasszelle, Pantry, Salon und Navibereich. Bei der Enge der Kajüte bleibt allerdings nur Platz für eine abschließbare Kabine, die achtern unterhalb des Cockpitbodens eingerichtet und mit Doppelkoje, Kleiderschrank, kleinem Bücherfach und Schwalbennest ausgestattet ist.
Die zweite Doppelkoje liegt vorn im Bugdreieck und ist offen gestaltet. Eine Trennwand zum Salon gibt es nicht, mit dem Vorteil, dass der Raum größer und lichter wirkt und man den Platz unterhalb des Bettes zum Stauen der Segel oder Taschen nutzen kann. Mehr als vier Schlafstellen sind nicht vorgesehen. Wer auf die Salonbänke spekuliert, muss sich mit 50 Zentimetern Kojenbreite zufriedengeben.
Platz zum Stauen von Kleidung findet sich unter eben diesen Bänken und im separaten Kleiderschrank achtern. Größere Utensilien sowie Segel können in einer begehbaren Backkiste gelagert werden. Diese erreicht man von der Nasszelle aus, wo in der Rückwand ein Durchgang angelegt ist. Verschlossen wird er mit einem Tuchvorhang.
Wie fast immer bei Yachten dieser Größe lässt sich die Niedergangstreppe mit einem kurzen Ruck anheben – und der Motor liegt frei. Seitlichen Zugang zwecks Wartung und Kontrolle gewähren Inspektionsluken in der Achterkabine und in der Nasszelle.
In der Pantry ist der Stauraum aufs Nötigste beschränkt. Viel Geschirr und Besteck darf man nicht mitnehmen, weil kein Platz dafür vorhanden ist. Immerhin gibt es einen Zweiflammenkocher mit Backofen, ein tiefes Spülbecken und eine Kühlbox, sodass für ein leckeres Frühstück jederzeit gesorgt werden kann, genau wir für einen Snack oder ein kühles Getränk.
Auf einen vollwertigen, aufklappbaren Navigations-Tisch wurde – trotz des begrenzten Raumangebots – nicht verzichtet. Das spricht sowohl für die gute Seemannschaft der Konstrukteure (eine Gruppe junger italienischer Yachtdesigner, die sich Skyron nennt) als auch für die Zielsetzung, bei Regatten ganz vorne mitzumischen oder auf einem Törn in Ruhe alle Plotterdaten abzugleichen.
KOMMENTAR
segeln -Testerin Silke Springer
Die Grand Soleil 34 ist ein Regattaschiff mit Komfort für kürzere Touren. Sie ist ein lebendiges Schiff, das Freude bereitet, wenn man am liebsten aktiv am Segeln teilnimmt und sein Schiff spüren möchte. Der hohe Ballastanteil von 45 Prozent sorgt gleichzeitig für Sicherheit. Solo-Bedienung ist nicht vorgesehen, dagegen sprechen das gesamte Beschlags-Layout und auch das Rigg-Konzept samt seiner großen Segelfläche.
Der Innenraum ist wohnlich gestaltet, allerdings steht das Segeln und allem voran das Regattasegeln im Mittelpunkt. Törns sind machbar, auch das gehört zum Konzept, doch die Schlafplätze sind auf vier begrenzt, und die Stauräume fassen nur Gepäck für Wochenendausflüge. Dasselbe gilt für die Pantry: Für den kleinen Snack zwischendurch kann alles sicher und kühl gelagert werden, mehr wird schwierig.
Man darf die GS 34 nicht mit einer reinrassigen Tourenyacht vergleichen, denn die hat viel mehr Volumen und daher auch einen spürbar größeren Innenraum. Wer aber richtig schön segeln will, nicht allzu viel Bewegungsfreiheit unter Deck erwartet und sich bei der Mitnahme von Kleidung beschränken mag, für den ist die GS 34 eine gute Option.
FAZIT
Der Schwerpunkt bei der GS 34 liegt auf Racen.
PRO
● individuell auf den Eigner zugeschnitten
● sowohl Pinnen- als auch Radsteuerung möglich
● geräumiges Cockpit
● lebendige Segeleigenschaften
PRO/CONTRA
Handling erfordert Teamwork
CONTRA
● kleiner Innenraum
● wenig Stauraum in Salon und Kabine
Foto: Werft
Fotos: S. Springer, Werft
Foto: S. Springer