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Psychologie Heute - epaper ⋅ Ausgabe 11/2019 vom 09.10.2019

Der perfekte Körper. Der perfekte Urlaub. Das perfekte Dinner. Die Standards für viele Bereiche unseres Lebens liegen hoch. Doch interessanterweise steckt hinter dem Streben nach Perfektion bei vielen Menschen gar nicht das Verlangen, etwas Meisterhaftes zu erschaffen, zum Beispiel ein außergewöhnliches Menü zu kochen. Sondern dahinter steckt Angst: die Angst zu scheitern, zu versagen, einen Fehler zu machen, von anderen Menschen nicht anerkannt zu werden.

„Dort, wo Perfektionismus zum Problem wird, ist das ein ganz zentrales Element: das Nichtumgehenkönnen mit der Angst zu versagen”, bestätigt mir Dr. Christine Altstötter-Gleich. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am psychologischen Fachbereich der Universität Koblenz- Landau und hat einen Ratgeber über Perfektionismus geschrieben. Anders als bei anderen Ängsten, erzählt mir die Expertin, ist bei Perfektionismus der Gegenstand der Furcht gar nicht so einfach zu fassen: „Wenn ich Angst vor Hunden habe, dann ist ein Hund relativ klar zu definieren: Er hat vier Beine, Fell, einen Schwanz. Aber definiere Versagen. Definiere Scheitern. Es ist ein Hauptproblem, dass intransparent ist, ab wann wer etwas als Scheitern oder Versagen empfindet. Ich will ein praktisches Beispiel aus meiner Tätigkeit an der Universität nennen: Ich prüfe Studierende nach wie vor mündlich. Und auf eine Note von 1,7 erlebe ich Reaktionen von einem Heulkrampf bis hin zu vollkommener Begeisterung. Dabei ist das objektiv die gleiche Leistung.”

Altstötter-Gleich hat in ihrem Buch viele einzelne Schritte skizziert, wie man sich mit der Angst vorm Scheitern auseinandersetzen kann. „Ein zentraler Aspekt bei dieser Angst ist, aus dem Automatismus der Bewertung herauszukommen”, sagt sie. „Perfektionisten haben oft schwierige Urteilsstrategien, sie sagen ganz schnell:,Ah, da habe ich einen Fehler gemacht.’ Oder:,Dort habe ich versagt.’ Das sind teilautomatisierte Prozesse, das fällt sie an, fast wie ein Schreck. Menschen, die zunehmend ein Problem mit ihrem Perfektionismus haben, müssen lernen, sich Zeit zu nehmen und zu gucken: Wie realistisch ist das denn, dass der Hund mich beißt?”

„Erkennt das Gute an der Angst!” – diese Botschaft ist der Expertin am Ende unseres Gesprächs noch wichtig. „Die Angst vor dem Scheitern und dass man gut sein möchte – das ist ja erst mal positiv. Erst wer sich und seine Angst wertschätzt, kann auch erkennen, dass er etwas ändern muss.”

Was Angst bewegen kann und welche Potenziale dieses starke Gefühl birgt, dieser Frage haben wir unsere Titelgeschichte gewidmet – „Mut zur Angst” haben wir sie genannt (Seite 16). Viele gute Erkenntnisse wünscht

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Bildquelle: Psychologie Heute, Ausgabe 11/2019

Dorothea Siegle, Chefredakteurin


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