... Zweitrundenpick nach Chicago kam, in den nächsten vier Jahren – ein Vertrag, der den Fähigkeiten von Ball entspricht, allerdings auch hohe Erwartungen an ihn weckt. Womit sich der Sohn von LaVar und Bruder von LaMelo und LiAngelo Ball jedoch seit seiner College-Zeit bestens auskennt.
IN „NOLA“ eNt Behr LIch
Und dennoch, auf NBA-Niveau konnte er sie bislang noch nicht restlos erfüllen. 2017, kurz nach dem Draft, wurde er vom damaligen Lakers-GM Earvin „Magic“ Johnson noch als Zukunft der Traditionsfranchise aus Kalifornien vorgestellt, als LeBron James dann 2018 in die Stadt der Engel kam, war das Kapitel L.A. für Ball allerdings schnell beendet. Es folgte der Aufenthalt in New Orleans, wo er in zwei Jahren ebenso oft die Playoffs verpasste und einem Team, das eigentlich ziemlich passend auf seine Fähigkeiten zugeschnitten war, nicht wirklich seinen Stempel aufdrücken konnte. Das Zusammenspiel mit den All Stars Zion Williamson und Brandon Ingram funktionierte nicht gut genug, um die Pelikane in die Top Ten im Westen zu tragen – sicher nicht allein Lonzos Schuld, dennoch wurde der Aufbauspieler für GM David Griffin in „NOLA“ entbehrlich.
Einer der Gründe dafür, dass man einen jungen, noch immer entwicklungsfähigen Spieler auf der wichtigsten Position im Basketball praktisch ohne Gegenwert ziehen ließ, liegt darin, dass man in New Orleans nicht die richtige Rolle für Ball fand. Seine Stärken liegen in der Defense und dem Playmaking, ein eiskalter Scorer ist er nicht – musste diese Rolle angesichts der offensivschwachen Mitspieler bei den Pelicans jedoch immer wieder einnehmen. In Zahlen liest sich das wie folgt: Nie in seiner Karriere nahm Ball mehr Würfe (12,7 pro Spiel aus dem Feld), nie drückte er häufiger von Downtown ab (8,3 Dreierversuche pro Partie) als in seiner finalen Spielzeit in New Orleans. Das führte zwar zu einem Career High bei den erzielten Punkten pro Partie (14,6) und dazu, dass Lonzo seinen jeher als fragwürdig geltenden Jumper verlässlicher trifft – allerdings auch dazu, dass er seine Stärken nie so richtig ausspielen konnte, oder sie schlicht nicht wirklich gefragt waren.
Ganz anders in Chicago, wo man Ball nicht nur als Scorer und Playmaker, sondern auch als Anführer sieht. „Mit der Verpflichtung von Lonzo haben wir einen echten ‚Lead Guard‘ dazugewonnen, mit einer guten Körpergröße, der sich in den vergangenen Jahren sogar zu einer Gefahr von Downtown entwickelt hat“, erklärt Arturas Karnisovas, Executive Vice President der ehemaligen Franchise von Michael Jordan. „Er spielt gerne mit Tempo, bringt den Ball nach vorne, und kann seine Teammates besser machen.“ Dass Lonzo gleichzeitig zu den ligaweit besten Verteidigern auf der Guard-Position überhaupt zählt, erwähnt Karnisovas in seiner Lobrede auf Ball nicht einmal – dennoch wächst der Eindruck, dass sie in Chicago sehr gut wissen, was sie an ihrem neuen Aufbauspieler haben.
Auf dem Papier ist ohnehin bereits ersichtlich, wie die Bulls die kommende Spielzeit angehen wollen. Schnell soll es gehen auf dem Court, eine Spezialität von Lonzo Ball, der im Fastbreak brilliert und nun talentierte Scorer wie Zach LaVine, Nikola Vucevic und den ebenfalls in der Free Agency gekommenen DeMar DeRozan um sich hat. Gerade von ersterem erhoffen sich die Fans in der „Windy City“ in Kombination mit Ball großes, eine Reihe von Lob Passes auf Hallendecken-Niveau dürften durch das United Center fliegen. Und auch wenn LaVine selbst ein mehr als passabler Ballhandler ist, ist das orangene Leder in Chicago künftig in den Händen von Lonzo Ball zuhause – der damit kreieren und so seine Mitspieler in Szene setzen soll.
Ba SKeT-inFo : Sein Shooting hat Lonzo in New Orleans deutlich verbessert, besonders von Downtown. Auch von der Freiwurflinie traf er für die Pelicans in der Saison 2020/21 78,1%, sein Karrierebestwert. Wird aus Lonzo also noch ein richtiger Shooter? Die neue Spielzeit wird es zeigen!
Lonzo BaLLs karriEr Estats
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Eine wichtige Rolle bei einem (davon gehen alle Fans und Experten aus) Playoff-Team im Osten – ein Traum für einen Fünftjahresprofi der in seiner Karriere die Postseason bislang lediglich vor dem Fernseher verfolgen durfte. „Es wird mir nicht schwerfallen, mich beim Scoring etwas zurückzunehmen“, erklärt Ball selbst. „Es geht einzig und allein darum, alles zu tun, um dem Team die Möglichkeit zu geben, Spiele zu gewinnen.“ Ein gutes Stichwort, holten die Bulls in den vergangenen vier Saisons nacheinander 27, 22, 22 und 31 Siege – und finishten nie besser als auf Platz drei ihrer Division. Das soll sich mit den Neu-Additionen im Roster ändern, mit Ball an der Spitze.
Für diesen soll der nun längere Aufenthalt in Chicago auch das Ende einer Reise mit vielen Aufs und Abs sein, die Lonzo in der Liga bislang nahm. Vom extrem hoch gehypten College-Athlet zur größeren Enttäuschung in lila-gold, mit (erfolglosem) Umweg New Orleans scheint er nun endlich dort angekommen, wo er seiner Karriere einen entscheidenden Schub verleihen kann. Aktuell ist Ball ein respektierter Aufbauspieler, den letzten Funken Genialität sprechen ihm viele aufgrund der Leistungen der vergangenen Jahre jedoch noch ab. Es ist an der Zeit, dass Ball beweist, aus welchem Holz er wirklich geschnitzt ist; nie in seiner Karriere hatte er bislang ein talentierteres Team um sich herum. „Das ist alles Teil des Prozesses und der Reise. Jeder hat einen anderen Weg an die Spitze“, erklärt Ball selbst. „Für mich ging es in den vergangenen Jahren hoch und runter, doch ich bin davon überzeugt, dass alles, was ich durchmachen musste, einen Grund hat.“ Auch er selbst weiß, dass es wohl keine bessere Zeit für einen echten Breakout gibt als die Saison 2021/22.
Von seinem Vater LaVar, der Lonzo seine gesamte Karriere über bereits als Lautsprecher begleitet, hat sich der älteste der drei Ball-Brüder ohnehin ein Stück weit abgekapselt, längst gibt es um ihn herum nicht mehr so viele Schlagzeilen wie in seinen ersten NBA-Jahren. Ein Umstand, der dem durchaus zurückhaltend wirkenden Aufbauspieler nur entgegen kommen kann. Und dafür sorgt, dass sein einziger Fokus in der kommenden Spielzeit dem Erfolg mit den Chicago Bulls gilt.
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Seit Derrick Rose verirrte sich kein Point Guard mehr in die „Windy City“, der die Fans in der Arena von den Sitzen reißen konnte – natürlich ist Ball nicht ansatzweise mit dem jüngsten MVP aller Zeiten zu vergleichen, dennoch ist auch er ein Spieler mit dem Hang zum Spektakel, der Zuschauern gern eine gute Show bietet. Davon haben sie in Chicago in den vergangenen Jahren nicht viel zu sehen bekommen, krebsten im Tabellenkeller herum. Was wohl auch dazu führte, dass man sich beim Front Office für eine andere Strategie entschied, als sie fast der Rest der Liga fährt. Jahrelang warten und über den Draft ein Roster aufbauen, das im besten Fall in einigen Jahren um die Playoffs mitspielt? Nicht mit der Franchise aus Illinois, die im vergangenen Sommer lieber auf große Namen statt unbewiesenen College-Spielern setzte. „Wir wollten unser Talent-Level verbessern, und im Großen und Ganzen denke ich, dass wir dabei einen guten Job gemacht haben“, erklärt Marc Eversley, General Manager der Chicago Bulls.
Dazu gehört auch die Verpflichtung von Lonzo Ball, dem neuen Anführer der Truppe aus der „Windy City“. Als Vorbild für eine mögliche Entwicklung Balls im „best case“ wäre hierbei Bucks-Spielmacher Jrue Holiday zu nennen, wie bereits angesprochen ein Top-Verteidiger, der es verstand, ein Team mit Super- Scorern wie Giannis Antetokounmpo und Khris Middleton entscheidend zum Titel zu führen. Soweit dürfte es für die Chicago Bulls in dieser Saison nicht gehen – dennoch besteht kein Zweifel, dass die Bullen auch durch die Verpflichtung des Einsers wieder in der Relevanz angekommen sind. Weil sie den Fähigkeiten des Spielmachers vertrauen – und dafür sorgen, dass er sich erstmals in seiner Karriere richtig wichtig fühlt.