MARIE KONDO: BEHAL TE NUR, WAS DU WIRKLICH LIEBST!
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Marie Kondo hat ein Faible fürs Aufräumen. Mit ihrer KonMari-Methode trifft sie auf den Nerv der Zeit und hilft anderen, loszulassen und sich aufs Wesentliche zu besinnen
Die Japanerin faltet Kleidung sorgsam wie Papier beim Origami. Sie rät, nach jedem Faltschritt über das ganze Stück Stoff zu streichen, damit sich das Gewebe beruhigt
Marie Kondo hatte schon immer einen Sinn für Ordnung. Als sie zum Beispiel noch ein kleines Mädchen war und es Suppe gab, liebte sie es, die Fettaugen in der Brühe mit ihren Ess-Stäbchen zu großen Inseln zu verbinden. Sie sortierte damit spielerisch das „Land“ und das „Meer“. Diese Liebe zur Ordnung hat sie sich bis heute bewahrt.
Bereits im letzten Kindergarten-Jahr erwachte ihr Interesse für Haushaltsthemen. Als mittleres Geschwisterchen versuchte sie früh selbstständig zu sein – um den Eltern nicht zur Last zu fallen und auch mal gelobt zu werden, erklärt Marie Kondo es selbst.
Später als Jugendliche wurde das Aufräumen dann zu einer richtigen Leidenschaft. Man könnte auch sagen: phasenweise zu einer regelrechten Aufräum-Wut, von der die Familie nicht immer begeistert war. „Ich war noch auf der Mittelschule, als ich ernsthaft mit dem Aufräumen anfing“, erzählt die zierliche Japanerin. „In der ersten Zeit funktionierte ich wie eine ‚Wegwerf-Maschine‘ und entsorgte wahllos alles, was mir in die Quere kam.“ Sie schmiss weg, was sie später nachkaufen musste, räumte ungefragt Sachen der anderen auf und entsorgte davon sogar manches eigenmächtig. Das gab Aufräumverbot! Doch mit der Zeit lernte sie aus Fehlern und verfeinerte ihr Aufräum-System; sie lernte Grenzen zu respektieren, Gegenstände schön zu arrangieren und sie wirklich wertzuschätzen. Sie schuf die „KonMari-Methode“.
Seit nunmehr zehn Jahren unterstützt sie als Aufräumberaterin überforderte Chaosköpfe, die endlich Ordnung und Struktur ins Zuhause bringen wollen. Und das mit großem Erfolg. In ihrer Netflix-Serie „Aufräumen mit Marie Kondo“ können wir sie sogar seit diesem Jahr bei Hausbesuchen „begleiten“ – und allein das Zusehen motiviert auch den allergrößten Aufräum-Muffel.
Marie Kondo inspiriert, weil ihre Ideen an Angewohnheiten rütteln, die wir bisher nur selten hinterfragt haben. Zum Beispiel an der Angewohnheit, Dinge immer weiter zu horten, weil man sie irgendwann ja mal brauchen könnte. Vielleicht liegt es an unserem Bedürfnis nach Sicherheit: Wir halten einfach alles fest, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein. Aber mal ehrlich: Wann treten all diese Fälle schon jemals ein? Statt etwas an jemanden zu verschenken, der es wirklich braucht, schieben wir es lieber bei uns von A nach B. Das Ergebnis: ein vollgestopfter Keller, überquellende Schubladen und eingestaubte Erinnerungen. Die Faustregel der KonMari-Methode erscheint einem da fast schon revolutionär: Umgebe dich nur mit Dingen, die dich glücklich machen!
Kondo empfiehlt, beim Ausmisten anders vorzugehen als sonst üblich. Normalerweise durchforsten wir ja unser Zuhause nach Dingen, die endlich mal weg können. Nun machen wir‘s genau andersrum: Wir nehmen jeden Gegenstand einzeln in die Hand und spüren nach, ob er uns Freude schenkt und eine Bereicherung darstellt – und gerade deshalb einen Platz bei uns verdient.
In diesem Sinne können sich auch rein nützliche Dinge als kleine „Glücksbringer“ entpuppen. Wie zum Beispiel ein Schraubenzieher. Im ersten Moment lässt ausgerechnet der wohl kein Herz höher schlagen. Wenn man aber mal genauer über ihn nachdenkt, zeigt er sich uns von seiner kostbaren Seite: Indem wir ihn dazu benutzen, ein Möbelstück aufzubauen, unterstützt er uns darin, unser Zuhause noch schöner zu machen.
Damit dieses Auswahl-Procedere vor allem am Anfang leichter gelingt, empfiehlt Kondo in einer bestimmten Reihenfolge vorzugehen: Kleidung aussortieren sei ihrer Erfahrung nach am leichtesten und somit die ers- te Etappe beim Aufräum-Marathon – gefolgt von Büchern und Krimskrams aller Art. Zum Schluss dann die Königsdisziplin: die Erinnerungsstücke. Erst wenn wir alles durchforstet haben, suchen wir unseren Lieblingen eine feste Heimat: Orte, an die wir sie zurücklegen, wenn wir sie benutzt haben. „Es geht darum, die Gegenstände, die wir gerne mögen, aufzubewahren und sie dann auch großzügig auszustellen, wie in einem Museum, damit wir Tag für Tag ein Leben inmitten der Dinge führen können, die uns am Herzen liegen“, beschreibt es Marie Kondo.
Schachteln, Kisten und Boxen sind für Marie Kondo nützliche Helfer, um in ihnen platzsparend Dinge aller Art zu verstauen – wie zum Beispiel auch das Essen in einer Bento-Box
Schränke quillen über? Besinnen wir uns auf das, was uns wichtig ist
Liebend gerne besucht die Japanerin selbst Museen für Kunsthandwerk, in denen Alltagsgegenstände wie altes Geschirr oder Textilien präsentiert werden. „Diese Dinge sind von so vielen Menschen benutzt, geliebt, geschätzt und offenbar pfleglich behandelt worden (sonst wären sie heute nicht mehr hier), und nun werden sie von noch mehr Menschen betrachtet und bewundert“, sagt Kondo. „Ich bin überzeugt davon, dass sich dadurch ihr Wert erhöht, sie mit Bedeutung geradezu ‚aufgeladen‘ sind.“ Und auf genau dieselbe Art und Weise können wir mit unseren persönlichen Herz-Stücken zuhause umgehen: achtsam, pfleglich und wertschätzend. So wie es Herz-Stücke nunmal verdienen!
Marie Kondo empfiehlt deshalb zum Beispiel beim Aufräumen der Unterwäsche, die Cups von BHs nicht platzsparend ineinander zu stapeln und platt zu drücken. Vielmehr sollten die Wäschestücke wie „Angehörige des Königshauses“ behandelt werden.
„BHs verrichten ihren Dienst im Verborgenen, niemand sieht ihre ungewöhnliche Form sowie die reichen Verzierungen aus Spitze und Tüll. Sie sind eher ein unsichtbares Accessoire als ein Kleidungsstück, und als solches sollten sie auch aufbewahrt werden – damit sie ihre Form nicht verlieren und aus Respekt vor ihrer Schönheit“, findet Kondo. Sie rät, BHs wie in der Auslage eines Geschäfts leicht versetzt zu verstauen – Träger und Verschluss hinter den dazugehörigen Cups drapiert. Dies mag für manche vielleicht nur ein triviales Detail sein. Marie Kondo aber baut so eine Beziehung zu Gegenständen auf. Und die Augen ihrer Klientinnen fangen an zu strahlen, wenn sie die Wäsche auf einmal so hübsch präsentiert sehen. „Viele haben auch spontan das Gefühl, dass ihre alten Büstenhalter in neuem Glanz erstrahlen“, plaudert sie aus dem Nähkästchen. „Zudem bestätigen sie, dass sie durch den respektvollen Umgang mit ihren Büstenhaltern auch mit anderen Dingen sorgsamer umgehen.“ Und letztlich mit sich selbst. Aufräumen ist für Marie Kondo deshalb viel mehr als nur Ordnung zu schaffen. Es ist eine Lebensphilosophie, bei der wir aus unserem Zuhause ein Wohlfühl-Reich machen, einen Tempel voller Licht, Luft – und den Dingen, die uns wirklich erfüllen.
Marie Kondo empfiehlt eine feste Reihenfolge einzuhalten – so bekommt man einen Überblick über seine Sachen und tut sich leichter „Herz-Stücke” zu erspüren. Natürlich können wir darunter Unterkategorien bilden …
KLEIDUNG haben wir haufenweise. Was wir nie tragen, können wir verschenken.
BÜCHER lesen wir einmal und nie wieder. Welche bezaubern immer noch?
„KOMONO” – der japanische Begriff steht für all unseren Kleinkram, etwa Kosmetik, Elektrogeräte, Geschirr …
ERINNERUNGSSTÜCKE wie Fotos, Postkarten oder das Hochzeitskleid – sie auszusortieren ist auch Biografie-Arbeit.
Zum Weiterlesen:
„Das große Magic Cleaning Buch” und der Aufräum-Manga „Die KonMari-Methode” von Marie Kondo (beides rororo Verlag, 15 €)
FOTOS: DPA PICTURE-ALLIANCE, GETTY IMAGES, SHUTTERSTOCK, PR (2); ILLUSTRATIONEN: ISTOCKPHOTO, ROWOHLT VERLAG (4)