Die Satire „Der große Rudolph“ entlarvt Rudolph Moshammer und die Bussi-Bussi-Schickeria. Ein abgründiges Vergnügen
TV-THEMA DER WOCHE
AUSGENUTZTEvi (Lena Urzendowsky, l.) hat’s als Verkäuferin nicht leicht
ANGEBIEDERTDer Designer umgarnt Graf von Antzenberg (Robert Stadlober, r.)
ABHÄNGIGMutter und Sohn (Hannelore Elsner, Thomas Schmauser v.l.)
Am Tag drangsaliert er seine Angestellten wie ein Sklavenhalter. Am Abend isst er brav mit Mami. Später vergnügt er sich mit Strichern. In der Nacht schleicht er in den Keller, um günstige Kaufhauskleidung aufzupeppen, die er anschließend teuer verkauft. Sein Name: Rudolph Moshammer. Geboren: 1940. Gestorben: 2005. Markenzeichen: schwarze Perücke mit zwei dünnen Stirnsträhnen.
13 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des exaltierten Modezaren entblättert der TVFilm „Der große Rudolph“ (siehe TV-Tipp) die Kunstfigur „Mosi“, bis nur noch der nackte Mensch Moshammer übrig ist: glatzköpfig, verunsichert, verletzlich. Der 90-Minüter entfaltet seine satirische Kraft aus einer exemplarischen Szene: Um den Grafen von Antzenberg (Robert Stadlober) als Kunden zu gewinnen, sucht Moshammer (Thomas Schmauser) nach einer sinnlichen Verkäuferin – und findet sie in Landpomeranze Evi (Lena Urzendowsky). Doch aus purem Kalkül wird tiefe Zuneigung: Als Evi seine Perücke vor seiner Yorkshire-Terrier-Dame Daisy rettet, schließt der Designer das Mädchen dermaßen ins Herz, dass Mutter Else (Hannelore Elsner) eifersüchtig wird und üble Intrigen spinnt.
Klingt nach Seifenoper? Ist es auch! Doch „Der große Rudolph“ bleibt trotzdem sehenswert, auch weil Darsteller Thomas Schmauser, ein renommierter Theaterstar, die Kunstfigur nicht voyeuristisch ausweidet, sondern ihre scheuen, zutiefst verunsicherten Seiten immer stärker durchschimmern lässt. Schmauser gelingt das Kunst-stück, Moshammer nicht nur als Monster zu zeigen, sondern auch als Marionette der Münchener Schickeria. Was denkt er persönlich über den exzentrischen Designer?
Seine Todsünde: Jähzorn
„Moshammers schlimmste Eigenschaft war Jähzorn“, sagt Schmauser. „Ich habe einen Brief gelesen, den Moshammer an ein damaliges Lehrlingsmädchen schrieb. Was darin stand, war extrem hart.“ Andererseits, so der Schauspieler, sei der Modezar trotz seiner Zerbrechlichkeit kämpferisch gewesen: „Wenn man sich so in der Öffentlichkeit präsentiert, wie er es getan hat, und gleichzeitig einen Laden aufzieht, braucht man Stärke und irrsinnigen Mut. Vor allem, wenn man sich jeden Morgen eine derart extreme Perücke auf die Glatze setzt und dann ins Rampenlicht tritt.“ Und was hält Schmauser von der Bussi-Bussi-Gesellschaft, der Moshammer angehörte? „Ich wage es, das jetzt zu äußern, auch wenn ich mich damit vielleicht beschädige: Für mich sind diese Leute absoluter Horror.“
Könnte der Film juristische Probleme verursachen? Volker Herres, Programmdirektor der ARD, erwartet das nicht: „Der Film ist halb fiktiv, halb real.“ Er endet mit Moshammers Durchbruch, die zweite Lebenshälfte und seine Ermordung werden nicht thematisiert. Eine Fortsetzung wäre also möglich. Und Thomas Schmauser gesteht: „Ich fände es toll! Warum nicht den Mond voll sein lassen.“
MIKE POWELZ
SCHILLERND Rudolph Moshammer und Mutter Else 1991
Top-TV
„Fußball: Servus Basti!“ (RTL)
Viele Emotionen
Fußballer zeigen keine Gefühle? Von wegen! Beim Abschiedsspiel von Bastian Schweinsteiger (l.) in der Münchener Arena gab es eine Menge witziger und rührender Einlagen. Auch das Spiel Bayern München gegen seinen neuen US-Verein Chicago Fire machte Spaß. So viel geballte Fußballbegeisterung haben Fans lange nicht gesehen.
„Take Two“ (Vox)
Viel Vergnügen
Arbeitslose Schauspielerin trifft auf coolen Privatdetektiv. Klingt nicht nach düsterem Krimistoff. Ist es auch nicht. Die neue Serie mit Eddie Cibrian (l.) und Rachel Bilson (r.) lebt von ihren Darstellern und ungewöhnlichen Fällen. Ein prima Team!
Flop-TV
„Time Battle: Kämpf um deine Zeit!“ (ProSieben)
Wenig Spannung
Das ging schnell. Schon nach der ersten Ausgabe warf ProSieben seine neue Spielshow mit Janin Ullmann und Christian Düren (v.l.) aus dem Programm. Zu Recht: Nur 600.000 wollten die einfallslosen Spiele sehen. Spannung? Keine Spur.
„Die Montagsmaler“ (SWR)
Wenig Spaß
„Wir sind eine Familiensendung“, erklärte Moderator Guido Cantz (l.) zur Neuauflage des TV-Hits der 1980er-Jahre. Eine Familiensendung um 22.45 Uhr in der Nacht? Spaß hatte Cantz sowieso nicht. Lustlos führte er durch die Raterunden.
„Kriminalreport“ (Das Erste)
Wenig Übersicht
Manchmal könnte weniger einfach mehr sein: Das neue Magazin mit Judith Rakers (r.) lieferte Fahndung, Fälle, Fakten, Tipps, Infos, Prävention, Hintergrund. Der Themenmix zur Premiere reichte von Graffitisprayern bis Fake Shops. Völlig überfrachtet. So plätscherte die betont sachliche Sendung ohne erkennbare Höhepunkte dahin.
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