... Aufpreis von rund 2 600 Euro. 8 800 kostet die Naked, die schicke und funktionale Verkleidung der XR treibt den Einstiegspreis auf 11400 Euro.
Käufer erhalten dafür den modifizierten Zweizylinder chinesischer Provenienz, der jetzt 105 muntere Pferde aus 895 Kubik von den Zügeln lässt. Das maximale Drehmoment erreicht 92 Nm, 87 davon stehen durchgängig zwischen 4 500 und 8 500 Umdrehungen bereit. Das passt gut zur Gesamtcharakteristik und verspricht entspanntes Reisen. Eine 95-PS-Variante gibt es auch – vor allem, um auch eine 48-PSVersion anbieten zu können.
Die XR wäre keine BMW, könnte man sie nicht ab Werk unter Ausschöpfung sämtlicher Kreditlimits üppig aufrüsten. Schon das satte Rot oder das schwülstige Gold als Wunschfarbe kosten je 200 Euro. Immerhin, ein sehr gut ablesbares TFT-Display sowie zwei Fahrmodi sind Serie. Wem der XR-Sitz mit 825 Millimetern zu hoch ist, der kann noch ohne Aufpreis auf 795 Millimeter absatteln. Ab hier aber stehen vier teilweise etwas unmotiviert zusammengestellte Ausstattungspakete zur Wahl.
Paketweise Optionen
Warum nur steckt der für kettengetriebene Reisemotorräder nützliche Hauptständer im Komfort-Paket (670 Euro), das ansonsten aus dem Dynamik-ESA und Keyless Ride besteht? Die elektronische Federbein- Justierung ist unnötig, schlüsselloses Fahren ebenso. Und warum sind die Kofferträger nur im Aktivpaket (570 Euro) mit Heizgriffen und Fahrmodi Pro (worin sich auch Kurven-ABS und dynamische Traktionskontrolle verbergen) erhältlich?
Das Dynamikpaket (620 Euro) überzeugt mit Schaltassistent und dem Headlight Pro, wozu erstmals in der Mittelklasse Kurvenlicht gehört. Und schließlich komplettiert das Touringpaket (410 Euro) die Ausstattung mit Temporegelung und Navi-Vorbereitung (natürlich noch ohne Navi selbst). Damit sind dann fast 14 000 Euro erreicht, wobei Reisende noch nach Koffern suchen müssen oder Großgewachsene zur 325 bis 340 Euro teuren Komfortsitzbank greifen, die bis zu 870 Millimeter Sitzhöhe bietet.
Jetzt aber aufgesessen. Man fühlt sich gleich wohl auf dem Gestühl und hat im Cockpit und am Lenker alles im Blick. Die Bedienung ist selbsterklärend. Auf den ersten Landstraßenkilometern weiß das Zweizylinder- Aggregat früh zu überzeugen. Die XR hängt stets elastisch am Gas und bietet selbst außerhalb ihres Wohlfühlbereichs (ab 4 500 Touren) genügend Dampf für Schaltfaule. Die vollgetankt 219 Kilogramm wiegende Maschine freut sich aufs Winkelwerk, der Fahrer mit ihr. Als Zuladung wird übrigens die gleiche Kilozahl angegebenen, das ist ein guter Wert im Klassenvergleich.
Unaufdringliches Brummen
Der Schaltassistent versieht seinen Dienst unauffällig in beide Richtungen. Beruhigend: Aus dem kompakten Endtopf brummelt es fröhlich, aber unaufdringlich vor sich hin – kein Vergleich zum Getöse der Vierzylinder-XR, die eine üble Radaubüchse ist.
Wer mal den Rettungsanker werfen muss, findet sich mit den Brembos vorzüglich verzögert. Das ABS setzt an den richtigen Stellen ein. Obwohl die Gabel keinerlei Einstellmöglichkeiten bietet, ist die ab Werk gewählte Konfiguration sehr gelungen. Trotz 170 Millimetern Federwegs nickt sie auch bei scharfem Bremsen kaum ein. Hinten stehen übrigens ebenfalls komfortable 172 Millimeter zur Verfügung. Kurzgewachsene können zudem direkt ab Werk eine Tieferlegung um 20 Millimeter ordern.
Kopf voll im Sturm
Nicht so gelungen ist die Verkleidungsscheibe. Sie lässt sich nur manuell in zwei Stufen verstellen. Und selbst ganz ausgefahren knallt einem Fahrer ab 1,80 Meter Länge der Fahrtwind mit voller Wucht an den Helm. Wer gerne kampfeslustig mit offenem Visier in die Ferne schweift, wird sich im Zubehör nach sicher bald verfügbaren Alternativen umschauen müssen.
Und wenn wir schon dabei sind: Das schmale Heck mag zwar eine optische Zierde sein, bietet aber einer Sozia nur mäßigen Komfort. Krass wird es dann bei Schlechtwetterfahrten. Wasser und Schmutz wirbeln dem Passagier fast ungehindert ans Kleid. Da sieht man nach einem solchen Tag schon mal recht mitgenommen aus, wenn man vor der nächsten Unterkunft absteigt.
Der schlanke Tank fasst 15,5 Liter Sprit. Sollten sich der angegebene Normverbrauch von 4,2 Litern auf 100 Kilometern dauerhaft als richtig erweisen, sind über 300 Kilometer Reichweite drin. Im Reisetrimm darf man zwar von einem höheren Verbrauch ausgehen, aber kaum so, dass man alle Nase lang eine Tanke anfahren muss.
Schicker Tourenallrounder, der seinen Preis hat
Damit erweist sich die verkleidete XR als schicker Tourenallrounder, für den Interessenten allerdings ein ganz ansehnliches Geldbündel locker machen müssen. Wer auf die wohlgeformte Verkleidung verzichten kann, wird wohl auch mit der Naked glücklich – und hat einen üppigen Betrag für die ersten Reisen eingespart. sf
Die etwas altbackene Gepäckofferte will nicht so recht zum modernen Outfit der XR passen.
Das TFT-Display ist gut ablesbar und übersichtlich gehalten.
BLACKBOX BMW F 900 XR
Motor
Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, Hubraum 895 cm³, Leistung 77 kW (105 PS) bei 8 500 U/min, max. Drehmoment 92 Nm bei 6 500 U/min, 6-Gang-Getriebe, Kettenantrieb. A2-Version mit 70 kW (95 PS), reduziert 35 kW (48 PS) erhältlich.
Fahrwerk
Stahl-Brückenrahmen, vorne USD-Tele gabel, Ø 43 mm, manuell voll einstellbar, hinten Aluminium-Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, Gasdruckdämpfer, Federbasis hydraulisch einstellbar, Zugstufendämpfung einstellbar, Reifen vorne 120/70-ZR17, hinten 180/55-ZR17.
Bremsen
Vorne Doppelscheibenbremse 320 mm mit radial montierter Vierkolben-Bremse, hinten Scheibenbremse 265 mm mit Einkolben- Schwimmsattel, ABS.
Maße und Gewichte
Radstand 1521 mm, Bodenfreiheit 160 mm, Federweg v/h je 170/172 mm, Sitzhöhe 825 mm (795/870 mm), Gewicht vollgetankt 219 kg, Zuladung 219 kg, zul. Gesamtgewicht 438 kg, Tankinhalt 15,5 l, Normverbrauch 4,2 l/100 km.
Preis
Ab 11 400 Euro Weiß, ab 11 600 Euro in Rot oder Gold. Preis der Testversion 14 095 Euro. Tourenkofferset ab 745 Euro, Topcase ab 395 Euro.