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Dieses Strahlen zieht seit den 50er-Jahren den Jetset aus der ganzen Welt an. Willms Ex-Mann heißt Alejandro Gamazo Hohenlohe, sein Großonkel Prinz Alfonso machte das Fischerdorf einst zum Millionärsmagnet: Mit seinem Rolls-Royce hat der Prinz 1946 eine Reifenpanne, verliebt sich in die Schönheit des Dorfs und kauft ein Grundstück nach dem anderen. Einige davon gehen an die Rothschilds, Thyssens und Ferdinand von Bismarck. Auf dem Areal gründete er acht Jahre später den „Marbella Club“, damals eine einfache Finca, heute eine 180 000 Quadratmeter große Oase mit Schirmakazien und Papageienblumen, Vogelgezwitscher und plätschernden Brunnen. Die 115 Zimmer und 17 Villen sind, typisch andalusisch, weiß getüncht und oft mit Azulejos dekoriert, gemusterten Keramikf liesen, die ursprünglich aus Persien stammen. Mit Marmorbädern, Privatgärten und eigenen Pools regiert hier die kompromisslose Opulenz. „Ich hatte viel Einblick in den Ursprung und die Anfänge des ‚Marbella Club‘“, sagt Marie-Caroline Willms. Die Fotoalben und all die Gschichtln kennt sie auswendig. Gina Lollobrigida, Sean Connery, die europäische Aristokratie feierten in „Rudi’s Bar“ private Partys. Gunter Sachs vergnügte sich mit Brigitte Bardot, Maria Callas ließ sich zu spontanen Arien hinreißen. Alle gemeinsam schufen sie den Mythos Marbella.
Doch das Prestige litt. Korruptionsskandale, der Bankencrash 2008 und nicht zuletzt die schwerreiche russische Kundschaft hinterließen Kratzer in der makellosen Oberf läche. Doch seit kur- zer Zeit entdeckt sich die Perle mit ihren 27 Kilometern Strand und maurischer Altstadt-Architektur wieder neu – oder besser: Sie findet zurück zu ihren Wurzeln. Die Altstadt des ehemaligen Fischerdorfs ist mit den arabischen Mauern, den mittelalterlichen Turmruinen und dem alten Rathaus aus dem 16. Jahrhundert so gut erhalten wie sonst kaum eine in Spanien. Vor dem Rathausgebäude duften die Orangenblüten wie ein Gruß aus dem Orient, Marie-Caroline Willms nennt diesen natürlichen Glanz schlicht das Andaluz: „Die größte Inspiration für meine Designs war Prinz Alfonsos bodenständige Art. Ich wollte aus einfachen lokalen Materialien eine einzigartige Atmosphäre erschaffen.“ Der Prinz hatte das Landhaus einst aus Sand, Bambus und Backstein in ländlicher Abgeschiedenheit erbaut – aus natürlichen Materialien, die ehrlich und anmutig altern. Ähnlich authentisch soll es hier wieder werden.
Die Anlage am Bulevar Príncipe Alfonso de Hohenlohe ist Marie-Caroline Willms’ Wohnzimmer: Sie kennt den Club, seit sie 28 ist, zog mit ihrem Mann in eine nahe gelegene Finca und lebte später wochenlang mit ihren beiden Kindern im Resort. Kürzlich hat sie mit dem „Clubhouse“ das Herzstück erneuert – Restaurants, Bars, einen Weinkeller und zwei private Esszimmer. Demnächst folgt der „Beach Club“. In „Rudi’s Bar“ prangte vor Kurzem noch ein gemalter goldener Eiffelturm an der Zimmerdecke, die Einrichtungsexpertin gestaltete den Treffpunkt wie einen intimen Salon, in dem sich die Stile zur Cocktailparty treffen. Rot gepunktete Sofas erinnern an Flamenco, die Quasten an den Stühlen zitieren die spanische Reitkultur, riesige Bilder und feinste Stoffe sind inspiriert von der Alhambra in der Nachbarstadt Granada. Im Grill-Restaurant zieht sie eine lederbezogene Schublade heraus, ein Täschner aus Sevilla hat sie eigens für das Resort gefertigt. Die Designerin spürte ihn auf und überredete ihn, einen Auftrag für den Club anzunehmen. „Als junge Frau mit deutschem Akzent ist es nicht ganz einfach, einen Sevillano zu einer Neuinterpretation seiner Kunst zu bewegen“, sagt sie.
Sie will zurück zum Kern des legendären Clubs, die Renovierungen der letzten 30 Jahre Schicht für Schicht abtragen. Aus dem Luxushotel soll wieder die Finca werden, selbstverständlich mit Fünf-Sterne-Komfort. Auch ältere Paläste jenseits des Strandes werden wiederbelebt. Eine Investorengruppe kaufte gerade verfallene Herrenhäuser innerhalb der Stadtmauer, ins Boutique-Hotel „Santo Cristo“ und ins „Maison Ardois“ zog lokales Handwerk ein, mit schweren, handgef lochtenen Rollos aus Espartogras, restauriertem Holzgewölbe und prächtigen Mosaiken aus Zementf liesen. Gäste sollen ins echte spanische Leben eintauchen, unter Orangenbäumen, auf kühlen Mosaikbänken, das Plätschern eines Brunnens im patio andaluz im Ohr.
Anreise
❚ Der nächstgelegene Flughafen ist in Málaga. Ein Ticket von Frankfurt mit der Lufthansa kostet ab 300 Euro, das Taxi nach Marbella rund 65 Euro (50 Minuten).
Wohnen
❚ Das Markenzeichen Marbellas: das feudale Resort an der „Goldenen Meile“ mit neu gestalteten Restaurants, Thalasso-Spa und „Kids Club“. DZ ab 560 Euro, marbellaclub.com
❚ Boho-Urlaub am Strand von Río Verde: abhängen in Bungalows mit Designermöbeln, Kunstsammlung und regionalen Menüs. DZ ab 360 Euro, bohoclub.com
❚ Auf einem Hügel außerhalb der Stadt: Im gerade wiedereröffneten Luxushotel mit opulenten Innenhöfen und Golfplatz waren schon Lady Di und die Rolling Stones zu Gast. DZ ab 386 Euro, lazambrahotel.com
❚ Boutique-Hotel am Rande von Marbella: Die ockerrote Finca war das Privathaus des spanischen Interior-Stars Jaime Parladé. DZ ab 220 Euro, alcuzcuz.es
Essen
❚ Bestes und ältestes Fischrestaurant der Stadt, direkt an der Promenade, restaurantesantiago. com
❚ Einfach und echt andalusisch schlemmen auf weißen Plastikstühlen, unterhalb des Hospital Quirónsalud, „Restaurante Canuto“.
❚ Belgisch-französisches Bistro in der Altstadt, Küchenchef Fabián Cangas serviert unter anderem Bio-Gemüse aus eigenem Anbau. casanisbistrot.com
Tagesausflug
❚ Marbella wie vor 60 Jahren: Im Küstenort Tarifa, eineinhalb Autostunden südwestlich der Stadt, machen Bohemians, Hippies und Kitesurfer Station.
Wenn es Marie-Caroline Willms in die Altstadt zieht, lässt sie sich vom Gefühl leiten. Vor den Boutiquen wehen die Sommerkleider, in den Regalen stapeln sich Espadrilles und Panamahüte. Auch die Herren folgen einem Dresscode: Wer hier etwas auf sich hält, trägt eine Guayabera. Das elegante Leinenhemd aus Südamerika erinnert im „Marbella Club“ an die mexikanische Vergangenheit der Hohenlohes. Sogar Rudi von Schönburg, der inzwischen 89-jährige ehemalige Hotelmanager und Namenspatron der Bar, trägt so eines. Ob im Gassengewirr der Altstadt oder in den Weiten der Hotelanlage, die Interior-Designerin folgt dem Motto: Verirre dich. Das Ausprobieren und Fehlen von Geradlinigkeit ist Teil ihres Konzepts. „Das ist meine Philosophie: Ich umarme das Leben, ich nehme es, wie es kommt. Das Wasser schwingt, die Natur hat Kurven, es gibt Ups and Downs.“ Und natürlich gilt das auch für Marbella. Ein Mythos lässt sich vielleicht nicht verjüngen, kann aber im Glanz des spanischen Lichts tatsächlich neu erstrahlen.