Monte Generoso, Tessin
3 Wo die Steinblume auf dem Gipfel blüht …
Wenn wir die Augen fest zusammenkneifen, kann man sie in der Sonne glänzen sehen, die goldene Madonnenstatue des Mailänder Doms. Nur 54 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Gipfel des Monte Generoso ganz im Süden des Schweizer Kantons Tessin und der norditalienischen Metropole. Gotthardmassiv und Berninagruppe scheinen von hier oben zum Greifen nah. Reizvoll leuchtet das blaue Band des Luganersees zu unseren Füßen.
Fast 40 Jahre hat Egidio Maglio mit der Lok die Besucher von Capolago auf den Monte Generoso chauffiert, damit sie dieses spektakuläre Panorama genießen konnten. Unzählige Löcher haben die Passagiere dem Betriebsleiter in den Bauch gefragt. Und Egidio wusste auf alles eine Antwort. Sogar das Wetter konnte der erfahrene Lokführer vorhersagen. Wie das? Der Pensionär antwortet schmunzelnd: „Dank der Schafe! Wenn sie im Tunnel Schutz suchen, bedeutet es, dass es am nächsten Tag regnen wird.“ Sooft es ihm möglich ist, fährt Egidio Maglio noch immer auf „seinen“ Berg hinauf, dessen Plateau vor fünf Jahren mit der Steinblume „Fiore di pietra“ gekrönt wurde. Der Name ist Programm, denn der Betonstahlbau sieht aus der Ferne tatsächlich aus wie ein sich öffnender Blütenkelch.
INFO Die Monte-Generoso-Bahn pendelt von morgens bis nachmittags im Stundentakt von Capolago auf den Gipfel und zurück. Fahrplan und Preise: www.montegeneroso.ch
Nationalparkzentrum, Schwarzw ald
4 Vom heimischen Urwald inspiriert
Totholzstapel gibt es unzählige im sich selbst überlassenen Schutzwald rund um die Passhöhe am Ruhestein (912 m) im Nordschwarzwald. Wie lässt sich in solch einer wilden Umgebung ein Neubau also am unauffälligsten platzieren? Ganz einfach: Indem man ihn so gestaltet wie zufällig übereinandergefallene Totholzstämme!
Fast vier Jahre dauerte es, bis das Nationalparkzentrum fertiggestellt und für Besucher 2021 eröffnet werden konnte. Heute steht das Gebäude aus acht bis zu 65 Meter langen, übereinandergestapelten Riegeln am Waldesrand, und es scheint, als wäre es schon immer da gewesen. Das Herzstück bildet die in drei Riegeln untergebrachte multimediale Dauerausstellung „Eine Spur wilder“. Hier kann man sich über all die kleinen und größeren Bewohner des Nationalparks informieren, bevor es zur Erkundung hinausgeht. Und da gibt es allerhand zu entdecken: vom seltenen Dreizehenspecht über das Taubenschwänzchen, vom Feuersalamander bis zur kleinsten Eule Europas, dem Sperlingskauz. Auch ist im Nationalpark Schwarzwald Platz für alle Bäume, die in Wirtschaftswäldern meist nur ein Drittel ihres natürlichen Alters erreichen. In dem Schutzgebiet dürfen sie mehrere Hundert Jahre alt werden, bis sie das Zeitliche segnen – und aus scheinbar totem Holz neues Leben sprießt.
INFO Direkt vom Nationalparkzentrum startet die Tour „Wildseeblick“ (rund 5 km, 150 Hm, ca. 2 Std.). Sie führt hinauf zu den Grinden am Seekopf, durch den ältesten Bannwald Baden-Württembergs und bietet tolle Ausblicke auf die Rheinebene. www.nationalpark-schwarzwald.de
Von Eis und Gletschern abgeschaut
„Wir haben Naturphänomene wie Gletschermoränen und Eisbewegungen untersucht, denn wir wollten für jede der vier Stationen die fließende Sprache natürlicher Eisformationen verwenden, ähnlich einem gefrorenen Bergbach“, so erläuterte Zaha Hadid die Gestalt der von ihr im Jahr 2007 konzipierten Standseil-Bahnhöfe (rechts die Station „Alpenzoo“)
Hungerburgbahn, Tirol
5 Stylishe Verbindung von Stadt und Berg
Möchten wir heute durch die Stadt bummeln oder lieber einen Wanderausflug in der Höhe unternehmen? Wer Innsbruck kennt, weiß, solch eine Entwederoder-Frage braucht sich hier niemand zu stellen. In der Tiroler Landeshauptstadt gehen Stadt und Berg nämlich geradezu nahtlos ineinander über. Möglich macht das die Hungerburgbahn. Sie chauffiert Stadtmüde direkt aus der Fußgängerzone unweit des Goldenen Dachls in gerade mal acht Minuten auf den Stadtteil Hungerburg. Wer mag, kann dort umsteigen, um mit der Hafelekarbahn weiter auf den 2256 Meter hohen Top-of-Innsbruck-Aussichtshöhepunkt zu fahren.
Design-Liebhaber konzentrieren sich jedoch gern komplett auf die vier Stationen der Hungerburgbahn. Schließlich stammen die von keiner Geringeren als der Ausnahme-Architektin Zaha Hadid (1950–2016). Von außen fallen die Bahnhöfe durch ihre fließenden Formen ohne harte Kanten auf. Im Innern dominiert hellgrauer Sichtbeton. Anfangs umstritten, gehören die futuristischen Stationen längst zu den architektonischen Höhepunkten der Stadt und sind ein eigenes Ausflugsziel.
INFO Wer die Bauten Zaha Hadids bestaunen möchte, kommt mit der Innsbruck Card von A nach B und zudem gratis in viele Sehenswürdigkeiten. www.innsbruck.info
Viamala-Schlucht, Graubünden
6 Zwischen tiefem Fels und wildem Wasser
Viamala, schlechter Weg, wurde sie von den alten Säumern genannt, was schon erahnen lässt, welchen Ruf die wilde, tiefe Schlucht zwischen Thusis und Zillis einst hatte, durch die der Hinterrhein tost: Auf der wichtigen Nord-Süd-Handelsroute über den San Bernadino bildete sie ein schwer überwindbares Hindernis. Heute ist die Viamala-Schlucht gerade wegen ihrer spektakulären Welt aus Wasser und glatt geschliffenem Fels ein Anziehungspunkt.
Bereits 1903 wurde begonnen, die Schlucht touristisch zu erschließen. Der Brückenbauer Richard Coray, bekannt für zahlreiche kühne Viadukte der Rhätischen Bahn, erstellte damals eine Treppe von der Straße zum Wasser hinunter. Doch erst im Sommer 2014 kam das kleine Besucherzentrum hinzu. Die Architekten Ivano Iseppi und Stefan Kurath aus dem nahen Thusis erstellten dazu einen puristischen Betonbau, der sich zur Straße hin komplett verschlossen gibt. Umso überraschender öffnet sich aus dem Innern eine erste Aussicht auf die Schlucht: Rechts und links türmen sich die Felswände senkrecht bis zu 300 Meter hoch auf. Unten in der Tiefe strömt das wilde Wasser des Hinterrheins.
Noch eindrücklicher sind nur die Blicke von unten nach oben, die sich immer wieder auf der rund zwölf Kilometer langen Tour von Thusis nach Zillis bieten. Sie ist auch Teil des Fernwanderwegs „viaSpluga“.
INFO Da es am Besucherzentrum nur wenige Parkplätze gibt, empfiehlt sich die Anreise mit dem Postbus bis Zillis. www.viamala.ch
Nach Andeer zum Weltmeister
Frischer Joghurt und rund 25 Sorten Käse – darunter der als Weltmeister ausgezeichnete „Andeerer Traum“: Nur wenige Kilometer südlich der Viamala-Schlucht kommen Käse-Liebhaber in der Sennerei Andeer von Martin „Floh“ Bienerth und Maria Meyer auf ihre Kosten. www.sennerei-andeer.ch
Iceman Ötzi Peak, Südtirol
7 Ötzis Heimat aus einer neuen Perspektive erleben
Über den Wolken schweben, die Gedanken fliegen lassen und einen atemberaubenden Weitblick auf über 125 Dreitausender genießen: Noch näher als auf dem 3251 Meter hohen „Iceman Ötzi Peak“ auf dem Schnalstaler Gletscher kommt man dem Himmel wirklich nicht oft.
Der Weg zur im August 2020 eröffneten Aussichtsplattform beginnt in Kurzras, dem höchsten Ort im Schnalstal. Mit der Gletscherbahn geht es von da auf 3212 Meter. Dort oben liegt neben der Bergstation mit dem „Glacier Hotel Grawand“ auch das höchste Hotel Europas. Von hier ist der „Iceman Ötzi Peak“ bequem zu Fuß in zehn Minuten über eine Treppe zu erreichen. Von der beinahe schwebenden, 80 Quadratmeter großen Konstruktion aus Stahl und Glas vom Architektur-und Designstudio noa* wird der Blick direkt auf den Ötzi-Fundort gelenkt. Wer dem Steinzeitmenschen näherkommen und direkt zu seiner Fundstelle möchte, kann das auf einer mittelschweren, aber lohnenden Tour durch hochalpines Terrain. Start ist im hinteren Schnalstal in Vernagt auf 1711 Metern Höhe (Dauer ca. 5 Std., Höhenunterschied 1500 Meter).
INFO Im archäologischen Aktivmuseum „archeoParc“ im Ort Unser Frau im Schnalstal kann man sich auf die Spuren von Ötzi begeben. Anschaulich wird dargestellt, wie die Menschen vor über 5000 Jahren gelebt haben. www.schnalstal.com
Stilvoll im Schnalstal übernachten
Mit dem Gästehaus „Josephus“ wurde 1912 der Grundstein für den Tourismus im Schnalstal gelegt. Von Designer Walter Thaler liebevoll restauriert, zeigt dieses historische Haus eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne. www.josephus.it
Theodul-Kapelle, Vorarlberg
8 Raum für Ruhe und stille Einkehr
K ann eine Kapelle ohne Turm eine Kapelle sein? Sie kann! Die Theodul-Kapelle auf der Alpe Vordere Niedere über Andelsbuch ist ein außergewöhnliches Beispiel für die weithin berühmte moderne Holzbauarchitektur im Vorarlberg. Und: Sie hat keinen Turm. Dafür bietet sie auf minimalstem Raum die Möglichkeit zur maximalen Einkehr. Denn nichts, wirklich gar nichts sorgt in ihrem puristisch gehaltenen Innern für Ablenkung.
Das Senner-Ehepaar Irene und Leo Feuerstein hatte die Errichtung zum Dank für ein gesund geborenes Kind ausgeschrieben. Über den Sieg und das „Preisgeld“ von drei Laib Käse aus der hauseigenen Alpsennerei durften sich Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm aus Bregenz freuen. Das Architekten-Duo baute das Mini-Gotteshaus aus Steinen, die auf der Alpfläche gesammelt wurden, und aus bis zu 150 Jahre alten heimischen Fichten. Es gibt keine Verkleidungsteile: Alles ist außen und innen sichtbar.
INFO Auf die Niedere fahren von Bezau und Andelsbuch aus Seilbahnen. Von der Bergstation sind es 15 Minuten zur Theodul-Kapelle. Familienfreundlich ist die Rundwanderung (4 km, Gehzeit ca. 1,5 Std.). www.vorarlberg.travel, www.bergbahnen-andelsbuch.at
TIPP
Ein Showroom für die regionale Handwerkskunst
Mit dem Werkraumhaus in Andelsbuch hat der Handwerkerverein aus dem Bregenzerwald eine Ausstellungsfläche für seine Arbeiten geschaffen. Entworfen hat es der renommierte Bündner Architekt Peter Zumthor, gebaut haben es die Mitglieder selbst. Neben einer Sammlung über das zeitgenössische Design finden interessante Wechselausstellungen zum Thema Handwerk und Architektur statt. www.werkraum.at
Karwendelbahn, Oberbayern
9 Ein-und Ausblicke auf die Hochgebirgsnatur
Ruhig zieht ein Steinadler seine Kreise vor dem Tintenblau des Himmels. Um uns herum ist es mucksmäuschenstill. Dann ertönt mehrfach hintereinander ein Pfeifen. Murmeltiere haben den Greifvogel offensichtlich erspäht und warnen ihre Artgenossen. Das Karwendelgebirge ist das größte zusammenhängende Naturschutzgebiet der Ostalpen und Lebensraum zahlreicher seltener Tier-und Pflanzenarten. Neben der größten Steinadlerdichte der Alpen, Murmeltieren und Gämsen gibt es in der sensiblen Hochgebirgsnatur um die 800 Schmetterlingsarten. Dies und vieles mehr erfahren Besucher in der Ausstellung „Bergwelt Karwendel“ direkt neben der Bergstation.
Der komplett in Lärchenholz gehüllte Bau in Form eines riesigen Fernrohrs liegt auf 2244 Metern hoch über Mittenwald. Im Innern des begehbaren Dioramas gibt es einiges zu lernen, es werden Lebenskünstler der Region wie etwa das Alpenschneehuhn vorgestellt. Höhepunkt ist aber sicher der beeindruckende Blick ins weite Isartal, die Zugspitz-Ausläufer, das Alpenvorland und funkelnde tiefblaue Bergseen.
INFO Die Talstation der Karwendelbahn ist von Mittenwald zu Fuß oder per Wanderbus in ca. 10 Min. erreicht. Der Besuch im Informationszentrum ist frei. Für einen lockeren Spaziergang eignet sich der familientaugliche, rund einstündige Panoramarundweg. www.karwendelbahn.de, www.zugspitz-region.de
Monte Rosa Hütte, Wallis
10 Wie ein glitzernder Bergkristall
Viertausender gibt es rund um das Matterhorn so viele wie kaum woanders in der Schweiz. Die Liste liest sich wie ein Who’s who der Bergwelt und reicht von der Dufourspitze (4634 m) über Castor (4223 m), Liskamm (4527 m) bis zum Breithorn (4163 m). Diese Tatsache war mit ein Grund für den Schweizer Alpen Club (SAC), im Jahr 2009 die alte Monte Rosa Hütte durch einen größeren Neubau zu ersetzen.
Das Ergebnis ist schlichtweg überwältigend. Dank der speziellen Form und der silbernen Aluminiumhülle glitzert das Gebäude wie ein Bergkristall im Sonnenlicht. Doch nicht nur in Sachen Optik, sondern auch mit der Haustechnik und dem Energiemanagement überzeugt die Hütte auf ganzer Linie. So erzeugen Solarkollektoren und Photovoltaikanlage über 90 Prozent der benötigten Energie.
Tipp vom Monte-Rosa-Hüttenwart Kilian Emmenegger: „Seit letztem Jahr bieten wir mit anderen Hüttenwarten den ,Monte Rosa Trek‘ an. Auf der viertägigen Rundwanderung im Mattertal geht es entlang verschiedener Höhenwege und auch über den Gornergletscher.“
INFO Die Hütte ist von März bis September geöffnet. Der Zustieg erfolgt über die Bahnstation Rotenboden. www.monterosahuette.ch, www.zermatt .ch