... würde durch sein höheres Gewicht die Effizienz verringern. Der Benz wiegt gerade einmal 1750 Kilogramm. Vielmehr optimierten die Ingenieure E-Motor, Aerodynamik und Material. Mercedes feilte an jedem Teil, um Energieverbrauch und Verluste zu reduzieren. So bleibt Mercedes beim ohnehin schon großen 100-kWh-Akku (netto) des EQS, optimierte ihn aber mit Mercedes-Spezialisten aus Formel 1 und Formel E. Die Lithium-Ionen-Batterie mit flüssigen Elektrolyten erhält 20 % mehr Energie, ein erhöhter Siliziumanteil in der Anode erhöht die Energiedichte. Außerdem wurde die Batteriespannung auf 900 Volt erhöht – wie beim Lucid Air. Das Gehäuse besteht aus Karbon aus Zuckerrohrab- llen statt aus Aluminium. Das macht ein Drittel weniger Gewicht aus. Der Akku kommt auf 495 Kilogramm. Der Radstand des EQXX liegt bei kurzen 2,80 Metern. Damit passt die Batterie in die nächste Generation des MMA, der Modularen Architektur r Kompakt- und Mittelklassefahrzeuge. Darauf basieren die Nachfolger des EQA und EQC, die in zwei oder drei Jahren auf den Markt kommen sollen. Also keine reine Designstudie, sondern ein Ausblick in die Zukunft?
Vieles spricht da r. Die Designelemente der Karosserie bringen einige Vorteile: Radblenden vor den leichten 20-Zoll-Magnesiumfelgen verringern seitliche Luftverwirbelungen, durch die beiden Einlass-Nüstern strömt Kühlluftr Batterie und Motor. Die Reifen selbst sind auf Rollwiderstand optimiert, darauf fehlen die Beschriftungen.
TAUSEND KILOMETER MIT EINER LADUNG
Aerodynamisch hält das verlängerte Heck die Laminarströmung so lange an der Karosserie wie möglich. Dazu integriert Mercedes einen verstellbaren Diffusor. Zusätzliche Designfeinheiten sorgen da r, dass der am Heck entstehende Sog und somit der Windwiderstand sich stark reduzieren. Statt einem cW-Wert von 0,2 wie beim EQS, was schon einen Rekord bei einem Serienauto darstellt, kommt das Konzeptfahrzeug auf nur 0,17. Weil Daimler zudem die Stirnfläche halbiert, wird der Effizienzgewinn doppelt so groß. Aerodynamisch neutrale Kühlplatten im Unterboden und die Integration von passiven und aktiven Aero-Elementen in der Karosserie machen die Karosserie windschlüpfig wie einen Wanderfalken.
„SPÄTESTENS 2025 WERDEN WIR MIT DER NEUEN TECHNOLOGIE IN SERIE GEHEN“
Alle Tester, die das EQXX-Showcar bisher gesehen haben und gefahren sind, waren vom Auto begeistert. Arrive fragte bei Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer nach, was es mit der exquisiten Technik des EQXX auf sich hat.
Was bedeutet für Sie der Vision EQXX?
Das gesamte Team hat viel Herzblut in das Projekt gesteckt. Der Vision EQXX ist für uns mehr als nur ein Showcar. Es ist ein Technologieprogramm und beschreibt die Transformation unseres Unternehmens. Unsere Mitarbeiter mussten hierfür technische Grenzen überwinden und crossfunktional arbeiten.
Wie lange hat Mercedes für die Entwicklung benötigt?
Vom Scratch her hat das Team in rund 18 Monaten einen fahrfertigen Prototypen auf die Räder gestellt. In wenigen Monaten wird der Vision EQXX für Langstreckentests auf Straßen unterwegs sein.
Worin lag der Fokus bei der Entwicklung?
Ganz klar auf der Steigerung der Effizienz und der realen Reichweite. Beim Design haben wir auf eine möglichst geringe Stirnfläche geachtet, die nun kleiner als beim smart ist. Dazu kommen ein langes Heck für eine möglichst geringe Verwirbelung und ein geringer Luftwiderstand.
Beim Vision EQXX haben wir ohne Kompromisse mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,17 ein technisches Wunder geschaffen, das auch noch hervorragend aussieht.
Wie wichtig ist dabei die Batterie?
Die ist entscheidend. Beim Vision EQXX gehen 95 % Energie aus der Batterie in den Vortrieb, das ist absoluter Benchmark. Ein bis zwei Prozent mehr Effizienz machen eine ein bis zwei Prozent kleinere Batterie aus – oder mehr Reichweite.
Wie wichtig ist die Reichweite überhaupt noch?
Wenn es ein schnelles und gut ausgebautes Ladenetz gibt, wird der Punkt weniger wichtig. Entscheidend ist: Der Strom muss vorhanden, grün und erschwinglich sein. Auf dem WLTP-Prüfstand werden wir mit dem Vision EQXX deutlich über tausend Kilometer weit kommen. Da bin ich mir sicher. Nach Simulationen verbraucht die E-Maschine rund 6 kW auf 100 km. Das sind Werte vergleichbar mit einem Ein-Liter-Auto.
Alle wollen natürlich wissen: Wann geht die EQXX-Technik in Serie?
Frontgrill und die Lichtinszenierung werden bei künftigen Modellen zu sehen sein. Auch einige der neuen Materialien mit der Formensprache der Natur im Innenraum stehen kurz vor dem Serieneinsatz. 2024, spätestens 2025, werden wir mit der neuen Technologie bei Kompaktwagen und Mittelklassemodellen in Serie gehen. Ob die Fahrzeuge dann auch über tausend Kilometer Reichweite schaffen, werden wir sehen. Das Interview führte Fabian Hoberg.
Das Zusammenspiel von Luftklappen, Kühlmittelventilen und Wasserpumpen sorgt da r, dass der Antrieb mit der Leistungselektronik stets im optimalen Temperaturfenster arbeitet. Anders als beim elektrischen Hypercar Rimac One belässt es Mercedes beim Antrieb bei mageren 150 kW. Mager deshalb, weil sonstige Studien es eher übertreiben. Das Höher-stärker-Schneller will irgendwie nicht aufhören. Statt über 400 km/h Wahnsinnstempo hrt der EQXX praktikablere 140 km/h maximal – ideales Reisetempo r lange Strecken. Weiterer Vorteil: Die E-Maschine verbraucht natürlich weniger Strom, sorgt auch r weniger Abwärme, muss also weniger aufwendig gekühlt werden. 117 integrierte dünne Solarzellen senken den Verbrauch weiter. Die speisen aber nicht die Batterie, sondern andere Systeme – r bis zu 25 Kilometer mehr Reichweite.
Nach Simulationen verbraucht die E-Maschine rund 6 kW auf 100 km. „Das sind Werte, vergleichbar mit einem Ein-Liter-Auto“, schwärmt Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer im Gespräch (siehe Interview).
Anders als bei Studien wie dem Avtr (2020) steckt im EQXX echtes Serienpotenzial. „Das Technologieprogramm, das hinter dem Vision EQXX steht, wird zukünftige Modelle und Fahrzeugfunktionen von Mercedes- Benz neu definieren und ermöglichen“, sagt Schäfer. Bisher wurden die tausend Kilometer anhand von Simulationen ermittelt, nicht im Test. „Ich gehe davon aus, dass eine Reichweite nach WLTP deutlich über tausend Kilometern liegt“, sagt Schäfer selbstsicher. Ein digitaler Fahrercoach hilft beim zusätzlichen Energiesparen.
Im Innenraum sollen es Passagiere schon ein paar Stunden aushalten können. Auf dem riesigen einteiligen Display können sie sich berieseln lassen, ein digitaler Avatar achtet auf die Insassen und gibt Reisetipps. Die können sich an veganem Leder aus Pilzen und Kaktus sowie Teppich aus Bambusfaser erfreuen. Viele der transparenten Flächen tragen ein bionisches Design, um auch dort Gewicht zu reduzieren und dennoch ausreichend Festigkeit zu bieten. Damit der Benz nicht zum rollenden Ökohof mutiert, hat Mercedes den Innenraum stylish, minimalistisch-kühl designt. Die Mercedes-Testfahrer dürfen sich bald freuen: Im Frühjahr gehen Langstreckenfahrten auf der Straße los.
Fabian Hoberg