... ist die beheizte Stube Vergangenheit. Klirrend kalt mit blauem Himmel präsentiert sich der Morgen. Der Neuschnee der letzten Nacht hat die Schneeschuhe, die an der Steinwand der Winnebachseehütte lehnen, in ein gezuckertes Kunstwerk verwandelt. Die Gegenwart besteht aus weißer Vorfreude! Die ersten Sonnenstrahlen des Tages im Gesicht geht es Richtung Zwieselbachjoch, in den Ohren das leise Kratzen der Schneeschuhe.
Ruhe fern der Trendgipfel
Dass nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt gerade die großen Gondeln in Sölden und am Stubaier Gletscher ihren Betrieb starten, dass aus den ersten Après-Ski-Bars bereits Musik schallt - von all dem ist auf 2362 Metern nichts zu spüren. »Der Winter hier oben ist einfach etwas Besonderes.
Schon allein das Weiß strahlt Ruhe aus«, sagt Hüttenwirtin Nina Riml. »Es geht viel ruhiger zu als im betriebsamen Sommer und auch die Gäste sind irgendwie entspannter.« Dazu passt, dass rund um die Hütte zahlreiche Touren abseits der Modegipfel liegen, die sowohl Skitourengeher, als auch Schneeschuhwanderer begeistern. Mit dabei sind auch einige Dreitausender, etwa der Bachfallenkopf (3178 m), der Breite Grieskogel (3287 m) oder oder die knackige Larstigspitze (3172 m). Doch auch wer »nur« zur Hütte aufsteigt und dort eine Nacht verbringt, hat einen Premium-Aussichtsberg direkt vor den Füßen: den Ernst-Riml-Spitz. »Nur eine halbe Stunde von der Hütte entfernt ist dies der perfekte Platz, um die fantastische Abendstimmung zu erleben«, schwärmt Bergfotograf und Ötztal-Fan Bernd Ritschel. Zum Abschluss des Tages dann noch die köstlichen Schlutzkrapfen mit Spinatknödel, die Nina und Michael auf ihrer Hütte zaubern, spätestens dann haben alle die nötige Bettschwere, um ins Lager zu krabbeln.
Die Schweinfurter Hütte auf 2034 Metern im Herzen des Sellrains ist ein weiterer perfekter Standort für winterliche Touren im Hochgebirge. Direkt vor der Haustür schrauben sich Ziele wie Peistakogel (2740 m) und Schartenkogel (2855 m) in den Himmel. »Für erfahrene Schneeschuhgeher ist die Hohe Wasserfalle eine tolle Tour«, empfiehlt Hüttenwirt Andreas Jeitner, der die Schweinfurter Hütte gemeinsam mit seiner Frau Carmen bewirtschaftet. Der Berg knackt knapp die Dreitausender-Marke (3003 m). »Wer ein etwas einfacheres Ziel sucht, ist auf der Kraspesspitze gut aufgehoben. Zudem ist die Lawinengefahr dort eher gering.« Andreas Jeitner mag den Winter hier oben - obwohl er so beschwerlich ist. »Die Versorgung mit Lebensmitteln ist viel aufwändiger als im Sommer«, erzählt er. »Alles muss mit dem Quad auf die Hütte geholt werden und manchmal müssen wir stündlich Schnee räumen. Nicht besonders rückenfreundlich…«
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1 Das Hochgebirge lässt sich auch mit Schneeschuhen erkunden.
2 Schneegaudi am Ernst-Riml-Spitz
3 Auf dem Weg zur Wurzbergalm
Auf leisen Sohlen
Mit Schneeschuhen im Hochgebirge unterwegs zu sein, ist unvergesslich, erfordert aber auch die entsprechende Sicherheitsausrüstung und Erfahrung. Wer es etwas weniger spektakulär mag, findet im Ötztal auf »halber Höhe« Wintererlebnisse, die zu Erinnerungen werden. Etwa bei der kurzen Tour von Niederthai zur Larstigalm. Wer über den Bergmahdweg auf der nördlichen Seite des Horlachbaches aufsteigt und den Fahrweg zum Abstieg nutzt, hat eine nette Rundwanderung vor sich - oder saust mit dem Rodel von der Alm zurück ins Tal.
Rund 250 Kilometer beschilderte und präparierte Winterwanderwege zwischen Haiming, Hochgurgl und Vent können Wanderer im Ötztal unter die Füße nehmen. Auch und gerade bei Schneefall ein Erlebnis. »Durch die Flocken zu gehen, den frischen Schnee unter den Füßen, das war total reinigend für Körper und Geist«, erzählt Wanderin Ela begeistert. Nun sitzt sie in der Stube der Wurzbergalm, die Hände zum Ofen gewendet. Langsam weicht das Weiß in den Fingerspitzen einem kräftigen Rot. Die heiße Schokolade und der Kirsch-Streusel-Kuchen, den Wirt Erich Holzknecht serviert, wärmen von Innen. So einfach ist Winter-Glück…
Fotos: Bernd Ritschel