... wollen sich Autobauer natürlich nicht entgehen lassen.
Bezahlmittel Auto
Daimler Mobility beispielsweise bietet ab Frühjahr 2022 seinen Mercedes-Benz-Kunden in Deutschland und Großbritannien die Bezahlung im Auto, so eine Verlautbarung des Unternehmens, inklusive Zwei-Faktor-Authentifizierung, versteht sich. Dazu kooperiert der Konzern mit Visa. Künftig wird also ein Fingerabdruck reichen und Autofahrer können Waren und Dienstleistungen im Auto, beziehungsweise mit dem Auto bezahlen. Weder Passwort noch Smartphone sind nötig. Dank „Delegated Authentication“ wird das Fahrzeug selbst zum Zahlungsmittel. Einkäufe lassen sich über die Head-Unit, das Multimediasystem MBUX, sowie über die globale E-Payment-Plattform „Mercedes Pay“ abwickeln. Demnächst können Mercedes-Fahrer im Auto Waren und Dienstleistungen im „Mercedes me“-Shop einkaufen oder Tank- und Parkvorgänge direkt begleichen. Der weltweite Roll-out der Payment-Lösung ist bereits geplant.
Connected Car – ein vielversprechender Markt
Damit ist der nächste Schritt in Richtung In Car Commerce getan. In den kommenden zwei Jahren soll die Zahl vernetzter Autos auf 352 Millionen Fahrzeuge weltweit ansteigen wie Forscher von Capgemini schätzen. Das Gesamtvolumen von Zahlungen im Auto wird den Berechnungen von Juniper-Reasearch-Analysten zufolge schon bis 2025 etwa Milliarde Dollar erreichen.
Ein Unternehmenssprecher von Daimler bestätigt die Ambitionen des Auto-Konzerns: „Wir stellen uns eine Zukunft vor, in der die Verbraucher:innen alle Arten von Waren und Dienstleistungen über ihr Auto kaufen können. Die Menschen erwarten komfortablere und nahtlosere Zahlungserlebnisse – nicht nur von ihren Karten und Mobilgeräten, sondern auch über andere Kanäle wie ihre Fahrzeuge. Bereits heute können Kunden in ausgewählten Märkten autobezogene Dienstleistungen wie Tanken oder Parken von ihren Autos aus bezahlen. Durch unseren innovativen Ansatz mit der Authentifizierung per Fingerabdruck macht Daimler Mobility diesen Prozess noch nahtloser und komfortabler und öffnet die Tür für echten In Car Commerce.“
Autonomes Fahren in greifbarer Nähe
Bereits in der ersten Jahreshälfte 2022 soll die S-Klasse von Mercedes Benz mit Drive Pilot auf den Markt kommen. Damit können Autofahrer bei hohem Verkehrsaufkommen oder im Stau auf geeigneten Autobahnabschnitten – momentan 13.191 Kilometer in Deutschland – mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h hochautomatisiert fahren. Konkret heißt das: Mit der Sonderausstattung Drive Pilot haben S-Klasse- Fahrer die Möglichkeit, sich während der Fahrt anderen Tätigkeiten zu widmen: etwa Shoppen oder E-Mails checken.
Sensortechnik satt
Die dafür nötige Systemgenehmigung auf Basis der technischen Zulassungsvorschrift UN-R157 für ein Level-3-System hat das Kaftfahrt-Bundesamt Daimler Ende 2021 erteilt.
Ist Drive Pilot aktiviert, übernimmt er das Kommando. Dann regelt das System Geschwindigkeit, Abstand und den Streckenverlauf. Es reagiert auf unerwartet auftretende Verkehrssituationen und sorgt dafür, dass die S-Klasse eigenständig innerhalb der Spur ausweicht oder abbremst. Möglich wird das durch Umfeldsenorik – Bestandteil des Fahrassistenz-Pakets – zusätzlichen Sensoren sowie LiDAR (Light detection and ranging). Dabei handelt es sich um eine Methode zur optischen Abstands-, Geschwindigkeitsmessung sowie Fernmessung atmosphärischer Parameter – also einer Form dreidimensionalen Laserscannings. In Kombination mit einer Kamera in der Heckscheibe, Mikrophonen und Nässesensoren im Radkasten erkennt das System beispielsweise Blaulicht und andere Signale. Hinzu kommen noch Informationen von einer HD-Karte über Straßengeometrie, Streckeneigenschaften, Verkehrszeichen und Verkehrsereignissen wie Baustellen oder Unfälle.
Neue Mitbewerber für Autoindustrie
Der technische Aufwand, um einem Auto autonomes Fahren beizubringen, ist enorm, Doch der Gedanke daran sehr reizvoll. Die Idee, sich fahren lassen und Zeit für andere Dinge zu haben, entwickelte sich unter anderem in den USA. Ein Land, in dem Autofahrer auf häufig einsamen Highways lange Strecken zurücklegen müssen, wenn sie von einem Ort zum anderen kommen wollen. Die Zeit im Auto ließe sich anders nutzen. Das hat nicht nur Autohersteller auf den Plan gebracht. Auch typische Digitalisierungspioniere wie Apple, Google, Intel mit Ableger Mobileye und Amazon mischen schon jetzt kräftig im Markt mit. So will beispielsweise Googles Tochter Waymo in San Francisco Robotertaxi-Dienste anbieten. Auch die Gerüchte um das iCar von Apple auf Basis von LiDAR reißen nicht ab. Bisher hält sich das Unternehmen mit Informationen noch vornehm zurück. Amazon dagegen plant selbständig fahrende Liefer-Lkw und hat den cloudbasierten Sprachassistenten Alexa bereits in ausgewählten Autos von BMW und Mini untergebracht – seit 2019.
Ablenkungsfreies Fahren
Der Connected Car-Markt wird schon jetzt von Tech-Unternehmen und Start-ups geflutet, die traditionellen Autobauern gegenüber mit einer hohen Time-to-Market-Geschwindigkeit aufwarten können. Noch gibt es zwar wenig konkrete Resultate zu sehen, doch Innovations-Schmiede Tesla gibt jedenfalls schon jetzt einen Vorgeschmack auf autonomes Fahren. Auf der Website heißt es: „Jeder Tesla verfügt standardmäßig über modernste Hardware, um die Autopilot-Funktionalität schon heute und vollkommen autonomes Fahren in der Zukunft zu ermöglichen.“ Bis dahin wird es wohl noch dauern, denn Autos, die selbständig unterwegs sind oder E-Commerce-Funktionen anbieten, müssen vor allem eins sein – sicher. Daimler erklärt dazu: „Daimler hält sich an alle von den nationalen Behörden geforderten Regeln sowie an die Grundsätze, die in den wichtigsten Fahrrichtlinien zur Ablenkung der Alliance of Automotive Manufacturers (AAM) + NHTSA (US Market) und der European Statement of Principles (ESoP) festgelegt sind, die einen Rahmen für die Interaktionen zwischen Human Machine Interface (HMI) etwa reduzierte Funktionen der Headunit beim Lenken eines Fahrzeugs bilden.“ Im-Auto-Shoppen findet also nur auf dem Parkplatz statt, wenn der Autofahrer allein unterwegs ist. Zumindest so lange kein autonomes Fahren möglich ist.
Sicherheit im Auto
Lange Zeit waren die Deutschen Weltmeister im Bezahlen per Rechnung beim Online-Shopping. Das Argument dafür war Sicherheit. Wer per Rechnung bezahlt, muss persönliche Bezahldaten nicht ins Web eingeben. Seit Corona hat sich dieses Verhalten gewandelt hin zu digitalen Lösungen. Das bestätigt auch Daimler: „COVID-19 hat das Tempo der digitalen Transformation weltweit und branchenübergreifend beschleunigt, nicht zuletzt in den Bereichen Zahlungsverkehr und Automobilindustrie.“ Vielleicht ist es deswegen nicht verwunderlich, warum der Autokonzern bei der Bezahlung im Auto auf das Visa Cloud Token Framework setzt und in seine Fahrzeuge integriert.
Demnach sind sensible Zahlungsinformationen geschützt, indem sie Kartendaten umwandeln, verschlüsseln und sicher speichern. Nicht nur das Auto lässt sich per Cloud Token mit der Visa-Karte bei der Kundeneigenen Bank verbinden, sondern auch weitere Endgeräte. Beim Wechsel der Endgeräte entfällt sogar die Zwei-Faktor-Authentifizierung. Die Anwendung erledigt das automatisch.
E-Commerce im Auto
Die Voraussetzungen fürs Shoppen im Auto, wohlgemerkt autonom fahrend, sind mehr und mehr gegeben. Der amerikanische Hersteller General Motors hat bereits 2018 in bestimmte Fahrzeug-Linien den GM Marketplace integriert – Shoppen oder Essen-Bestellen einfach über das Display. Daimler etwa vermarktet im Auto seinen me Store, betont aber, offen gegenüber Partnerschaften und Kooperationen mit Online-Händlern und Marktplatz-Betreibern zu sein. Der E-Commerce tut sicherlich gut daran, die Möglichkeiten des In-Car-Commerce-Segments schon jetzt auszuloten. Auch wenn fast sicher ist, dass es mit der Marktdurchdringung noch dauern wird.
Autofahrer noch nicht bereit
Dass Deutschland als Autofahrer-Nation verschrien ist, in der am liebsten selbst gelenkt wird, ist bekannt. Doch das wird sich ändern. Die aktuelle Studie „SocAIty“ der &Audi Initiative belegt, dass bis 2030 Mobilität von einer neuen Art von Mischverkehr geprägt sein wird. Autonome Fahrzeuge werden auf von Menschen gelenkte treffen, erklären die Studienmacher. Verkehrsteilnehmer müssen deshalb neue Verhaltensregeln lernen und sich anpassen. Dieser Kulturwandel sei den Studienergebnissen zufolge nicht zu unterschätzen. Er brauche Zeit, bis ein gutes Vertrauensverhältnis in autonomes Fahren aufgebaut werden könne. Bis In Car Commerce also salonfähig wird, werden wir uns noch gedulden, aber ganz sicher unser Verhalten im Straßenverkehr überdenken müssen.