... habe inzwischen gelernt, dass Veränderung nicht für alle das Gleiche bedeutet. Ich ertrage keinen Stillstand. Meine Katzen, wie viele andere mit ihnen, lieben es nicht, wenn die Dinge sich ändern. Man könnte denken, deshalb passen wir eigentlich nicht zusammen, aber ich glaube lieber, dass wir uns ergänzen. Denn je älter ich werde, umso anstrengender ist das Gefühl, mein Leben wäre ein einziges, großes Provisorium, in dem nur sicher ist, dass sich alles immer verändert.
Willy Brandt ist inzwischen ein alter Kater, was bedeutet, er erwartet zwischen sechs- und vierzehnmal am Tag frisches Essen von mir für das mir freundlich gewährte Privileg, mit ihm wohnen zu dürfen. Er sitzt neben seinem Topf und starrt mich an, und wenn ich nicht reagiere, dann hat er sich inzwischen angewöhnt, in seinem Tigergang zu mir zu schleichen – einer Mischung aus extremem Schwanken und extremer Geschmeidigkeit, etwa so, wie man sich eine betrunkene Naomi Campbell vorstellt – und mich zu kratzen. Dass er nicht fett ist wie ein Truthahn liegt nur daran, dass er wie alle Katzen nicht weiß, dass man den unteren Teil des Zeugs im Fressnapf auch essen kann und nicht vergammeln lassen muss, weil man einmal oben dran geleckt hat. Wenn ich es mir genau ansehe, dann gibt es eine Menge an Willy, das mich wahnsinnig nervt. Aber es gibt auch eine Menge an mir selbst, das mich wahnsinnig nervt. Der Unterschied zwischen dem Kater und mir ist, dass ich ihm alles irgendwie verzeihe. Und ich werde tatsächlich immer dicker.
Die neuen Möbel sind gekommen, um zu bleiben. Mit der Lieblingsfrau. Die Katzen werden sich daran gewöhnen, hoffe ich, und ich mich hoffentlich nie. Das ist der gute Teil daran, nie anzukommen: dass nichts je Gewohnheit wird. Nichts selbstverständlich. Es ist der gute Teil daran, einmal gelernt zu haben, dass nichts im Leben sicher ist, und zu allerletzt, wo der Sessel steht. Hummel, die kleine Katze, war zwei Tage verschwunden, nachdem ich ihren Sessel verrückt habe. Als sie wieder auftauchte, hat sie gefressen, als müsste sie eine ganze Woche nachholen. Habe ich gehört, denn ich habe sie nicht gefüttert, das hat die Frau gemacht, wegen der die Katze überhaupt erst abgehauen ist. Das hat sich also geklärt. Die neue Zeit ist angebrochen, und die Welt hat trotzdem nicht aufgehört, sich zu drehen. Als ich nach Hause kam, lagen sie schon zusammen auf dem Sessel, die eine auf der anderen, Frau und Katze, die Katze zum Glück oben. Und der erste Gedanke, den ich hatte, war: Daran könnte ich mich gewöhnen. Und dann: Ich will mich nicht daran gewöhnen. Ich will es genießen, jeden Tag. Irgendwie diese Balance finden, in der die Dinge gut sind und sich trotzdem ändern, in der alles so bleiben darf, wie es ist: in Bewegung.
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