... Achsgehäusehalbschalen zusammen gespannt, gemeinsam auf der Drehmaschine auf 10 Millimeter aufgebohrt und gerieben. Damit war, von der Fixierung der Lager einmal abgesehen, die Frage der Wellenlagerung der Halbwellen gelöst.
Der Differentialkäfig, in den die Halbwellen mit ihren Kegelrädern hineinragen, sollte mit Kugellagern der Größe 12×8×4 gelagert werden. Das Problem, das sich mir bei dieser Konstruktion stellte, war deshalb die Frage, wie ich am Ende einer 10 Millimeterbohrung einen Lagersitz mit 12 Millimeter Durchmesser in ausreichender Genauigkeit herstellen konnte
Bild 1 zeigt eine Maßskizze des Bauteils. Die Volllinien mit dem Maß Ø12 sind die aufzubohrenden Lagersitze. Die kursiv geschriebenen Maße wären als Mindestlänge eines Innendrehstahls notwendig, dessen Durchmesser deutlich unter 9 Millimeter sein müsste. Das würde nach meiner Erfahrung nicht funktionieren.
Ein alternatives Durchbohren der Achsschalen mit 12 Millimeter und eingesetzten Buchsen für die 10 Millimeter Lager war ohne Vergrößerung der Außenabmessungen der gesamten Achse nicht möglich, weil dadurch der maßstäbliche Eindruck zu stark gelitten hätte.
Irgendwann kam mir dann die Idee, ähnlich einem Zapfensenker ohne Zapfen, ein Sonderwerkzeug zu bauen, das erst in der Freifräsung der Achshälften auf eine Bohrstange aufgeschraubt wird und dann durch entsprechenden Vorschub mit dem Reitstock auf der Drehmaschine den Lagersitz auf das gewünschte Maß bringt.
Bild 2 zeigt die Maßskizze diese „Senkers“. Ich habe hinter den Schneiden noch einen kleinen Freistich von 0,2 Millimeter angedreht. Der ist aber nicht gezeichnet, weil er nach meiner Erfahrung nicht nötig und damit verzichtbar ist.
Bild 3
Bild 5
Bild 6
Bild 7
Bild 8
Das Werkzeug besteht aus dem sogenannten Silberstahl. Nach dem Außendrehen auf das Maß 12 Millimeter (Toleranzfeld H7 für die Bohrung) und dem Fräsen der Schneiden im Teilkopf wurde das Werkzeug mit der Propanflamme auf ca. 850°C (hell kirschrot) erhitzt und in Öl abgeschreckt. (ich verwende einfach Salatöl, das ich aus unserer Küche „beziehen“ kann.). Das Abschrecken im Wasser geht auch, dann ist das Werkzeug aber glashart und muss je nach gewünschter Härte ca. 1 Stunde bei 200 bis 240°C „angelassen“ werden. Bild 3 zeigt das Werkzeug nach dem Härten.
Nach dem Härten erfolgte das Schärfen. Ich habe es hier der Einfachheit halber mit dem Feinbohrschleifer nach Augenmaß gemacht. Bild 4 zeigt das auf der Bohrstange aufgeschraubte Werkzeug.
Mit diesem Werkzeug war die Bearbeitung des Lagersitzes dann ganz einfach und tatsächlich maßhaltig und das ging so: Die zusammengespannten Halbschalen wurden an einem schon angedrehten Zapfen im Dreh bankfutter eingespannt und von der anderen Seite die Bohrstange (gut gefettet) im Futter des Reitstocks eingeführt bis zur Mitte der Freifräsung der Achshälften. Dort wurde das Werkzeug auf die Bohrstange aufgeschraubt und dann mit dem Vorschub des Reitstocks nach vorne geführt bis die Tiefe des Lagersitzes erreicht war
Damit war der Lagersitz schon fertig. Die andere Seite wurde ebenso gefertigt.
Die Bilder 5 bis 7 zeigen die einzelnen Arbeitsschritte.
Bild 8 zeigt den probeweisen Einbau des Differentialkäfigs in eine Halbschale. Die zwei 12er Lager und ein Ausgleichsring (zur Einstellung der Kegelräderabstände) sind gut zu sehen.
Bild 9 zeigt die probehalber zusammengebaute offene Achse als Beweis, dass alles wie geplant funktioniert hat.
Weiteren Anforderungen dieser Art sehe ich jetzt gelassen entgegen. Ich würde aber bei einem folgenden Werkzeug eine Schlüsselfläche anbringen, um das Werkzeug im Werkstück leichter wieder von der Bohrstange lösen zu können. Das kann sich nämlich ganz schön festziehen. Wird das Werkzeug umgedreht und entsprechend durch einen Stift gesichert, so ist auch ein Fräsvorgang auf der Reitstockseite denkbar, wenn die Drehmaschine links herum läuft.
Variationen dieser Vorgehensweise sind je nach Anforderungen selbstverständlich immer machbar.
Der Vollständigkeit halber zeigt Bild 10 die einbaufertige Achse für alle daran Interessierten.
Bild 9
Bild 10