Im Inlandsverkehr sind viele ATR 72 unterwegs. Emirates dagegen kommt täglich mit einer Boeing 777-300ER
Zur Ankunft eine Enttäuschung: Das alte Terminal des Flughafens Yangon ist weg. Der im historischen Stil des Landes reich mit goldfarbenen Ornamenten verzierte Bau steht nicht mehr. So ansehnlich er von außen war, so unpraktisch war er im Innern und ganz klar den Anforderungen des modernen Luftverkehrs nicht mehr gewachsen.
Sein Verschwinden ist typisch für die Geschwindigkeit, mit der sich die größte Stadt Myanmars und mit ihr der Flughafen derzeit verändern. Das neue Terminal 1, das 2016 eröffnet wurde, entspricht in jeder Hinsicht internationalen Standards. Es könnte so auch in Europa stehen. Und auch hinter der Fassade schlägt ein Takt, den man hier nicht unbedingt erwarten würde.
„Man muss die richtigen Dinge auf die richtige Weise, mit den richtigen Leuten und der richtigen Haltung tun“, umreißt José Carlos Angeja, Chief Operating Officer des Flughafenbetreibers Yangon Aerodrome Company Limited (YACL) sein Handlungsmotto und ergänzt lächelnd: „Ich komme vom Militär, wissen Sie.“ Er war Pilot in der portugiesischen Luftwaffe, dann Unfall-Untersucher und wechselte schließlich ins Flughafenmanagement. Er hat den Flughafen Macau geleitet, den Flughafen Viracopos bei Sao Paulo, war Projektleiter für den geplanten Airport in Lissabon. Seit November 2017 ist er Flughafenchef in Yangon.
Dieser wird in einer Public Private Partnership betrieben. Der Konzessionsvertrag zwischen dem Department of Civil Aviation und der YACL, einer Tochter der Asia World Company, läuft über 30 Jahre und kann zweimal um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Als größter internationaler Flughafen ist Yangon für Myanmar, das mit Laos und Kambodscha zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern Südostasiens gehört, von herausragender Bedeutung. Von den 6,1 Millionen Passagieren des Jahres 2018 kamen 3,9 Millionen aus dem Ausland. Tourismus ist eine zunehmend wichtige Devisenquelle.
Seit Anfang des Jahrzehnts hat sich das Passagieraufkommen verdreifacht. Die Vorgänge um die muslimische Rohingya-Minderheit 2017 führten allerdings dazu, dass die Reisenden aus Europa, den USA und Australien einen Bogen um das Land machten. Allmählich kommen sie zurück, aber die Hoffnungen des Flughafens ruhen vor allem auf der Reiselust von Koreanern, Japanern und Chinesen. Durch eine gezielte Marketing-Kampagne und die Gründung einer eigenen Reiseagentur für diesen Markt konnte man in den letzten vier Monaten des vergangenen Jahres 400000 zusätzliche Passagiere aus dem Reich der Mitte anlocken.
Auf Dauer sollen alle drei Terminals miteinander verbunden werden, um das Umsteigen zu erleichtern
FOTO: YANGON AERODROME
Ein Dutzend Strecken gibt es bereits zwischen Yangon und chinesischen Städten, darunter auch Peking, Hongkong und Schanghai. Ende Mai eröffnete China Eastern die Verbindung nach Wuhan, die zunächst mit einem Flug pro Woche bedient wird. Die mit weitem Abstand wichtigste Auslandsdestination bleibt allerdings Bangkok. Mit Bangkok Airways, Nok Air, AirAsia und Thai Airways fliegen hier vier Gesellschaften gegeneinander und bieten pro Woche 84 Flüge zu den beiden Airports der thailändischen Hauptstadt an. Insgesamt 31 ausländische Fluggesellschaften haben Yangon inzwischen als Destination in ihrem Streckennetz.
Aus Europa muss man entweder über Bangkok fliegen oder am Persischen Golf umsteigen. Emirates und Qatar Airways fliegen die Fünf-Millionen-Stadt täglich von Dubai beziehungsweise Doha aus an. Angeja macht keinen Hehl daraus, dass er gerne auch eine Nonstop-Verbindung nach Europa hätte, am liebsten mit der Lufthansa. Aber dafür wird sich in Myanmar, was das touristische Angebot angeht, wohl noch einiges tun müssen. So ist das Angebot an Spitzenhotels oder auch Ressorts, die ein internationales Publikum anziehen, noch sehr begrenzt. Um die Entwicklung des Fremdenverkehrs zu fördern, erleichtert die Regierung die Einreise. Seit 2018 wurde für Gäste aus China, Korea und Japan das „Visa upon Arrival“ eingeführt.
So wie die ersten Monate angelaufen sind, sieht es so aus, als würde der Airport in diesem Jahr an seinen alten Wachstumskurs anknüpfen können. Das Management rechnet mit bis zu 6,8 Millionen Passagieren und damit mit einem Zuwachs von über zehn Prozent. In 20 Jahren sollen es beinahe 40 Millionen sein.
Viermal täglich startet Bangkok Airways in Yangon zum Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer ständigen Erweiterung der Kapazitäten. Gerade wird das Terminal 2, das 2006 eröffnet wurde, renoviert. Später einmal sollen alle drei Abfertigungsgebäude direkt miteinander verbunden werden. Derzeit verbindet ein Shuttlebus das nationale und das 600 Meter entfernte internationale Terminal. Auf 100000 Quadratmetern Fläche bietet es auf zwei Etagen eine Menge Entwicklungspotenzial. Es gibt auf 35000 Quadratmetern Shops und Restaurants sowie Lounges auf 3000 Quadratmetern.
Nachdem 2018 zwei neue Schnellabrollwege gebaut worden sind, lässt die Flugsicherung auf der 3414 Meter langen Piste 19 Flugbewegungen pro Stunde zu, 77000 im Jahr. Das sind weniger als halb so viele wie andere Flughäfen mit einer Bahn schaffen. Ein Expertenteam der ICAO wird den Flughafen in den nächsten Monaten analysieren, um festzustellen, welche Kapazitätsreserven es gibt und wie man sie nutzen kann.
Ebenfalls im vergangenen Jahr wurde das Vorfeld erweitert und so zusätzliche Abstellflächen für 13 Klasse-C-Flugzeuge, zum Beispiel A320 oder 737, geschaffen. Neu ist auch die Feuerwache, und das Treibstofflager steht ebenfalls zur Erweiterung an. Ein kritischer Punkt in einem Land, das über keine eigenen Raffineriekapazitäten verfügt und daher das gesamte Kerosin aus dem Ausland einführen muss.
Buddhistische Mönche gehören auch auf dem Flughafen zum Alltagsbild
100000 Quadratmeter Fläche hat das zweistöckige internationale Terminal
Im topmodernen Airport Operations Control Center laufen alle Fäden zusammen
Ein General-Aviation-Terminal ist im Bau, um die wachsende Zahl von Businessjets abfertigen zu können. Dabei geht es vor allem darum, diesen Verkehr getrennt vom übrigen zu halten, um die knappe Vorfeldfläche optimal ausnutzen zu können. Sie ist der Bereich, der Angeja am meisten Kopfzerbrechen bereitet, wenn es darum geht, Luft für ausländische Carrier und am liebsten für weitere Langstreckenjets wie Boeing 777 und A350 zu schaffen.
Der Blick auf das Vorfeld zeigt sofort, wo eines der Probleme liegt: In dem Land, das weniger als 60 Millionen Einwohner hat, gibt es derzeit sieben Fluggesellschaften, um die knapp 20 Verkehrsflughäfen zwischen Kawthaung im Süden und Myitkyina im Norden miteinander zu verbinden. Auch wenn drei Carrier im vergangenen Jahr den Betrieb eingestellt haben, ist das immer noch zu viel für ein Land, in dem sich die meisten Menschen niemals ein Flugticket werden leisten können. Die Flugzeuge verbringen die meiste Zeit am Boden und blockieren dadurch wertvolle Abstellfläche, die zudem noch für die Airlines praktisch kostenlos ist. Gemäß der als Teil der Konzession behördlich festgeschriebenen Gebührenordnung darf der Flughafen für die ersten zwölf Stunden keine Abstellgebühren erheben.
Der besondere Stolz des Flughafenchefs ist das Airport Operations Control Center, das im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde. Hier laufen alle Fäden zusammen: Passagierabfertigung, Bodendienste, Zoll, Flugsicherung, Security. Auf einer großen Monitorwand sind alle wichtigen Informationen sichtbar. Probleme können frühzeitig erkannt und Entscheidungen im direkten Dialog zwischen den verschiedenen Beteiligten rasch getroffen werden. „Es ist das modernste AOCC in der Region“, sagt Angeja stolz.
Für ein Land wie Myanmar bedeuten die notwendigen Investitionen für die weitere Entwicklung des Airports einen riesigen Kraftakt. Aber diese über eine zusätzliche Passagiergebühr zu finanzieren, wie es zum Beispiel in Hongkong oder gar Singapur gemacht wird, kommt für Angeja nicht infrage: „Es ist einfach nicht fair, Passagiere oder Airlines für einen Service bezahlen zu lassen, den sie gar nicht bekommen.“
Schon seit langem ist vom Bau eines neuen Flughafens für Yangon rund 80 Kilometer nordöstlich der Stadt die Rede. Auch im dritten Anlauf ist das Hanthawaddy International Airport Projekt nicht über einige Erdarbeiten hinausgekommen. Angeja steht dem Projekt ohnehin mehr als skeptisch gegenüber, nicht zuletzt wegen der Verkehrsverhältnisse in und um Yangon: „Ich kann von meinen Büro aus sehen, wo ich wohne, und trotzdem brauche ich eine Dreiviertelstunde, um dorthin zu kommen.“ Am Ende entscheiden die Fluggesellschaften, wo sie landen. Dass es ein möglicher Konkurrent schwer haben wird, sie vom Yangon International Airport wegzulocken, daran arbeiten Angeja und sein Team schon heute jeden Tag.