SIND KUNDENAUTOS DER RICHTIGE WEG FÜR DIE F1?
PRO
Der Trend zum B-Team hat in der Formel 1 2020 eine neue Dimension erreicht. Neben der Umbenennung in AlphaTauri wurde aus dem ehemaligen Toro Rosso mehr BetaBulle denn je, Racing Point kopierte einfach mal das Auto seines Motorenlieferanten Mercedes aus dem Vorjahr und Haas gilt ohnehin als Ferrari 2.0. Eine Entwicklung, die gerne als bedenklich beschrieben wird. Vor allem von Teams ohne solche Allianzen, allen voran Renault.
Zu viel Einheitsbrei, unfair, heißt es da. Was gerne vergessen wird: Zehn waschechte Hersteller oder Werke sind in der modernen Formel 1 leider illusorisch geworden. Ohne das besonders kostensparende Modell von Haas wäre das US-Team erst gar nicht eingestiegen. Die bisherige Bilanz gibt dem Ansatz recht. Ein zweites Caterham, HRT oder Marussia ist nicht entstanden.
Das führt gleich zum nächsten Vorteil. Ein chancenloser Hinterherfahrer wie jeder aus diesem Trio ist keines der heutigen Kundenteams. Das schafft eine ausgeglichenere Formel 1 und genau den engeren Wettbewerb, den wir alle sehen wollen.
Sportlicher Nachteil für die Solokämpfer? Vielleicht. Doch sollte ein Team wie Renault sich lieber erst einmal selbst hinterfragen, wenn man mit einer gesamten Entwicklung eines Winters dem Nachbau eines Mercedes in Pink, einem USFerrari oder Fashion-Red-Bull noch immer unterliegt.
Text: Jonas Fehling
CONTRA
Die Formel 1 schleicht ihre DNS langsam aus. Das technische Reglement wird immer restriktiver, die Königsklasse des Automobilsports droht ihr größtes Alleinstellungsmerkmal zu verlieren. Seit jeher sind es nicht nur die besten Rennfahrer der Welt, die den Grand-Prix-Sport zu dem machen, was er ist. Außergewöhnliche Ingenieursleistungen sind Teil eines einzigartigen Spektakels.
Autos wie der McLaren MP4/4 oder der Ferrari F2004 sind heute genauso legendär wie die Piloten, die sie zu Siegen und WM-Titeln führten. Konstrukteurs-Ikonen wie Colin Chapman oder Adrian Newey veränderten das Gesicht des Sports, läuteten mit ihren Ideen neue Zeitrechnungen ein.
B-Teams widersprechen dem so tief in der Formel 1 verwurzelten Pioniergeist in jeglicher Form. Ein Milliardär, dessen Team mit einem gekauften Mercedes Weltmeister wird? Das versprüht nicht gerade den Charme eines WM-Titel der Scuderia Ferrari.
Außerdem ist der Technologietransfer zwischen Top-Teams und ihren Kunden eine Sackgasse für die kleineren Rennställe. Keiner von ihnen wird es auf diesem Weg jemals an die Spitze schaffen. Warum sollte Red Bull sein Schwesterteam genauso stark wie sich selbst machen?
Die Zweiklassengesellschaft wird von allen Seiten kritisiert und ist mit diesem System in Stein gemeißelt. Eine Kostenobergrenze ist der bessere Weg, den Sport attraktiver zu gestalten und den kleinen Teams mehr Chancen einzuräumen.
Text: Florian Becker
FOTOS: LAT IMAGES