... anvertraut. „Es gibt Dinge, über die spreche ich noch nicht einmal mit mir selbst“, stellte einst Konrad Adenauer klar.
GEHEIMNISSE KÖNNEN BELASTEN
Allerdings wiegt die Last des Verheimlichens offenbar schwer. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Geheimnisse, mit denen wir starke negative Emotionen verbinden, Einfluss auf Stimmung und Gesundheit haben: Wir sind anfälliger für Stress, Depressionen sowie Herzerkrankungen, überhaupt nehmen wir das Leben als anstrengender wahr. Was dagegen hilft, auch das zeigen Untersuchungen, ist, sich die Last von der Seele zu reden. Psychologen, Ärzte und Seelsorger unterliegen nicht ohne Grund der Schweigepflicht.
DER REIZ DES VERBORGENEN
Thorsten Havener (46) liebt das Rätselhafte und Geheimnisvolle. Der Mentalist und Zauberkünstler beschäftigt sich seit seinem 13. Lebensjahr mit dem Thema und betont, dass Geheimnisse keineswegs nur dunkel und schwer sind. Um die positiven Facetten von Heimlichkeiten geht es auch in seinem aktuellen Buch „Sag es keinem weiter“. „Für mich ist ein Geheimnis das, was ich bewusst nicht weitererzähle. Und darin bin ich schon allein von Berufs wegen ziemlich gut. Nur durch das Verborgene kann in den Köpfen meiner Zuschauer eine magische Welt entstehen. Würden meine Tricks gelüftet werden, könnte ich einpacken.“ Dennoch, sagt Havener, habe auch das Teilen von Heimlichkeiten einen wichtigen Sinn.
GEHEIMNISSE SCHAFFEN NÄHE UND DISTANZ
„Bei der Recherche zu meinem Buch bin ich auf den schönen Satz gestoßen: ,Geheimnisse sind die Währung der Freundschaft.‘ Wir entscheiden, mit wem wir ein Geheimnis teilen. Sobald wir das tun, demonstrieren wir demjenigen gegenüber unser Vertrauen. Geheimnisse können also Menschen verbinden und Beziehungen stärken.“ Mit seinen Kindern, erzählt Thorsten Havener weiter, teile er regelmäßig ganz besondere Heimlichkeiten: „Wenn ich in eine Fernsehsendung eingeladen bin, vereinbaren wir vorher geheime Zeichen. Das sind unauffällige Bewegungen, anhand derer sie am Fernseher sehen, dass ich an sie denke.“ Heimlichkeiten haben aber auch etwas Trennendes: Wer nicht eingeweiht ist, gehört nicht zum Inner Circle. Das kann schmerzen. Im Falle von Pubertierenden sind Rückzug und Geheimniskrämerei allerdings wichtig für deren Entwicklung. Auch wenn’s nervt, sollten wir ihnen ihre Heimlichkeiten lassen. So erleben Jugendliche Autonomie und Unabhängigkeit.
THORSTEN HAVENER In seinem aktuellen Buch „Sag es keinem weiter“ beleuchtet er die Welt der Geheimnisse.Rowohlt, 16 Euro
GEHEIMNISSE IN LIEBESBEZIEHUNGEN
Liebe und Geheimnisse – das passt für viele nicht zusammen. „Dabei führt zu viel Offenheit zur Offensichtlichkeit und damit zur Langeweile“, sagt Havener. „Ich finde, es gibt durchaus Geheimnisse, die eine Partnerschaft reizvoller und harmonischer machen. Kürzlich habe ich die Geschichte einer Frau gelesen, die von ihrem Mann zum Geburtstag ein Kleid geschenkt bekommen hat. Dummerweise gefiel ihr der Schnitt überhaupt nicht, sie wollte aber auch ihren Mann nicht verletzen und zog deshalb einen Umtausch nicht in Erwägung. Stattdessen ging sie heimlich zum Schneider und ließ es ändern. Danach gefiel es ihr, und sie trug es den ganzen Sommer über, was wiederum ihren Mann sehr freute. Dass er die Änderungen am Kleid überhaupt nicht wahrgenommen hat, steht auf einem anderen Blatt.“
BLOSS NICHT WEITERSAGEN!
Über Geheimnisse, die uns anvertraut werden, sollten wir schweigen, Ehrensache! Doch jeder kennt das: Hin und wieder ist die Versuchung groß, das ein oder andere weiterzuplappern. Um dem vorzubeugen, hat Thorsten Havener noch einen Tipp parat: „Machen Sie sich bewusst, warum die Person Sie ausgesucht hat – klar, weil sie Ihnen vertraut. Der Gedanke sollte dabei helfen, sich auf die Zunge zu beißen. Falls Sie einfach keine Geheimnisse bewahren können, seien Sie ehrlich und sagen das der Person, bevor sie Sie einweiht. Das ist fair und sicher gut für Ihr Verhältnis.“
Fotos: Stocksy, Sammy Hart