Bildquelle: Sachwert Magazin, Ausgabe 1/2022
Frau Schwarzer, als Börsenexpertin und eine der renommiertesten Finanzjournalistinnen Deutschlands haben Sie im Oktober 2018 Ihre Stelle als Chefkorrespondentin des Handelsblatts gegen die Selbstständigkeit getauscht und sind nun als freie Journalistin, Autorin und Moderatorin tätig. Was hat Sie zu diesem Wechsel inspiriert?
Wie so oft im Leben hat es einfach nicht mehr gepasst und wir haben uns getrennt. Ich hatte eine tolle, eine intensive Zeit beim Handelsblatt, an die ich gerne zurückdenke. Aber irgendwann war es vorbei. Der Schritt in die Selbstständigkeit war fast schon alternativlos. Ich wollte weiter als Journalistin arbeiten, aber auch moderieren, Vorträge halten, Seminare geben, Bücher schreiben, mich für die deutsche Aktienkultur einsetzen … Diesen Job gibt es in keiner Redaktion.
In Ihrem aktuellen Buch räumen Sie die gängigsten Ausreden aus dem Weg, sich nicht mit den eigenen finanziellen Angelegenheiten auseinandersetzen zu müssen. Worauf sollten Frischlinge denn bei ihren ersten Ausflügen in den Anlageirrgarten besonders achten?
Ich plädiere für einfache Produkte und einfache Strategien. Für den Anfang wäre ein ETF- oder Fondssparplan eine gute Sache. Mit kleinen Summen können Frischlinge sich an das Thema Aktien herantasten und dabei gleich eine der Grundregeln der erfolgreichen Geldanlage beherzigen: nämlich die breite Risikostreuung. Mit einem Indexfonds (ETF) oder einem aktiv gemanagten Fonds kann ich mit nur einem Papier auf Dutzende, Hunderte oder gar Tausende Aktien weltweit setzen.
Von »Ich habe keine Zeit« bis zu »Sparen lohnt sich doch sowieso nicht mehr« gehen Sie sämtliche Ausreden zum Thema Finanzen durch. Wie können Einsteiger die dahinterstehenden und jahrelang antrainierten Blockaden überwinden?
»MIT KLEINEN SUMMEN KÖNNEN FRISCHLINGE SICH AN DAS THEMA AKTIEN HER ANTASTEN UND DABEI GLEICH EINE DER GRUNDREGELN DER ERFOLGREICHEN GELD- ANLAGE BEHERZIGEN: NÄMLICH DIE BREITE RISIKOSTREUUNG.«
Bildquelle: Sachwert Magazin, Ausgabe 1/2022
»AUF AKTIEN KANN SELBST DER VORSICH- TIGSTE UND KONSER- VATIVSTE ANLEGER, DER ÄNGSTLICHE SPARER NICHT MEHR VERZICHTEN.«
Viele dieser antrainierten Blockaden können wir durch logisches Denken, durch kritisches Hinterfragen überwinden. Wie viel Zeit habe ich auf die letzte Urlaubsbuchung verwendet oder gar verschwendet? Daraus machen wir ja gerne ein Projekt. Und bei der Altersvorsorge oder dem langfristigen Vermögensaufbau soll es dann ganz schnell gehen? Und ja, Sparen ist in Zeiten von Null- und Minuszinsen eine mühsame Angelegenheit. Aber es ist der erste Schritt. Denn was ich spare, kann ich später auch anlegen. Oder ich kombiniere das Sparen und das Anlegen, womit wir wieder beim ETF- oder Fondssparplan wären.
In Ihrem Buch lautet die Ausrede Nummer neun: »Kapitalismus ist schlecht für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt«. Wie bringt man einen Antikapitalisten dazu, das eigene Kapital vergrößern zu wollen?
Finanzielle Freiheit oder sogar finanzielle Unabhängigkeit sind doch sehr erstrebenswerte Ziele! Dann sind wir frei in unseren Entscheidungen. Und wir können mit unserem Geld sogar Gutes tun. Vielleicht spenden wir einen Teil davon oder investieren Zeit in ein gemeinnütziges Projekt. Auch das müssen wir uns ja »leisten« können. Oder wir tun Gutes bei unserer Geldanlage, indem wir in nachhaltige Produkte und Unternehmen investieren. Dann ist Geld, der Kapitalismus sogar ziemlich gut für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.
Was gehört für Sie in ein anlagestrategisch gut ausbalanciertes Portfolio?
Das ist natürlich eine sehr, sehr individuelle Angelegenheit. Aber auf Aktien kann selbst der vorsichtigste und konservativste Anleger, der ängstliche Sparer nicht mehr verzichten. Sie gehören auf jeden Fall in jedes Depot. Je nach Risikoneigung und Anlagehorizont ist der Anteil mal kleiner und mal größer.
Bildquelle: Sachwert Magazin, Ausgabe 1/2022
»Wie wirklich jeder entspannt reich werden kann« von Jessica Schwarzer 288 Seiten
Erschienen: Juli 2021 ISBN: 978-3-95972-458-6
Einige Ihrer Bücher zu den Themen Finanzen und Geldanlagen richten sich direkt an Frauen. Warum denken Sie, dass Frauen eine besondere Ansprache brauchen, um sich mit dem Thema der finanziellen Eigenständigkeit auseinanderzusetzen?
Wir Frauen denken bei der Geldanlage langfristiger, streuen das Risiko breiter, wollen in unserer Lebenssituation abgeholt werden. Das zeigen auch Studien immer wieder. Es kommt auf das Ziel an. »Höher, schneller, weiter« – sorry dafür, liebe Herren – interessiert uns nicht.
In einigen Ihrer Bücher gehen Sie auch auf die Weisheiten bekannter Börsenlegenden wie Kostolany, Buffett und Co. ein. Ist der Rat dieser Klassiker heute noch relevant?
Auf jeden Fall! Viele der bekannten Sprüche warnen uns vor uns selbst, vor den Fehlern, die wir machen, wenn wir bei der Geldanlage zu emotional agieren. Und sie mahnen uns, langfristig zu denken, unser Risiko breit zu streuen, unserer Strategie treu zu bleiben und in stürmischen Zeiten die Nerven zu bewahren. Das sind doch sehr, sehr gute Ratschläge!