Hiddensee im Herbst 1989: Verfilmung des gefeierten Romans „Kruso“ kommt ins TV
Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 38/2018
SEHNSUCHT
Hiddensee stand in der DDR für den Traum von Freiheit: die Flucht ins nahe Dänemark
Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 38/2018
IDEALISMUS
Die verschworene Crew des Lokals „Klausner“ hat eigene Vorstellungen von Freiheit
Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 38/2018
FREUNDSCHAFT
Lebenskünstler Kruso (Albrecht Schuch, l.) hilft dem jungen Ed (Jonathan Berlin, r.)
Hiddensee, die wunderschöne kleine Schwesterinsel von Rügen, hatte schon immer etwas Besonderes: Einst war sie Hinterhalt von Piraten, die in der Ostsee gestrandete Schiffe ausraubten, später Rückzugsort von Schriftstellern wie Gerhart Hauptmann. Auch zu DDR-Zeiten war man sich der Einzigartigkeit dieses Ortes bewusst. Genau hier setzt das neue TV-Drama „Kruso“ an (siehe TVTipp). Sommerfrische für Parteibonzen, Künstlerkolonie, Sehnsuchtsort für Alternative: Das Eiland zog alle in seinen Bann. Durch seine Nähe zu Dänemark war es zudem Ausgangspunkt für die Flucht über die Ostsee – und deshalb streng bewacht. Der Autor Lutz Seiler hat vieles davon selbst erlebt und in seinem preisgekrönten gleichnamigen Roman verarbeitet. Damit lieferte Seiler die Vorlage für den Film, der sehr durch die poetische, atmosphärisch dichte Form des Buchs geprägt ist. Trotzdem erschließt er sich nicht leicht, man muss sich auf seine Stimmung einlassen.
Suppe, Rausch und Rituale
Im Zentrum steht eine sonderbare kleine Truppe Intellektueller, Systemkritiker und Fluchtwilliger, die im Vorwendeherbst 1989 das entlegene Ausflugslokal „Klausner“ betreibt. Eine Insel auf der Insel, wo Freiheit und Freizügigkeit gelebt werden. Charismatischer Mittelpunkt ist Kruso (Albrecht Schuch), wie einst Autor Seiler Tellerwäscher und heimlicher Guru des eingeschworenen „Klausner“-Clans. „Er hat eine Mission: Er will Republikflüchtlinge vor dem Tod in der Ostsee bewahren und von seiner Idee der Freiheit überzeugen, die man nur in sich selbst findet“, erläutert Hauptdarsteller Schuch. Kruso verbindet eine tiefe Freundschaft mit dem jungen Ed (Jonathan Berlin), der nach dem Unfalltod seiner Freundin völlig verloren nach Hiddensee kommt und auf eine Fluchtgelegenheit wartet. Kruso verschafft ihm einen Job im Lokal und weiht ihn in die Rettung der sogenannten „Schiffbrüchigen“ ein: In drei Nächten will er sie mit Suppe, Rausch und Ritualen zu den „Wurzeln der Freiheit“ führen.
Dieses junge, protestgeladene Lebensgefühl abseits von Politik und Staat hat es in der DDR tatsächlich gegeben. „Es war eine Gruppe, die nicht vom Westen träumte, sondern stolz an eine reine Form des Sozialismus glaubte“, sagt Regisseur Thomas Stuber. Der Leipziger, der gerade einen neuen „Tatort“ mit Ulrich Tukur dreht, wollte „nicht einfach einen weiteren Wendefilm machen. ‚Kruso‘ erzählt das Thema aus einer ganz anderen, neuen Richtung. Die Insel, die Abenteuer, die Atmosphäre: Alles ist weit entfernt vom üblichen maroden Ostberlin.“ Gedreht wurde nicht auf Hiddensee, das touristisch zu erschlossen ist, sondern im litauischen Nida. Und in Albrecht Schuch fand Regisseur Stuber einen grandiosen Protagonisten: „Er ist äußerlich und innerlich wunderbar wandelbar“, lobt er seinen Star. Und steht damit nicht allein. In dieser Woche ist Schuch in einer weiteren Hauptrolle im TV zu bewundern: Im ZDF-Psychokrimi „Der Polizist und das Mädchen“ spielt der 33-Jährige am 24. September einen zwielichtigen Dorfpolizisten.