... tragen gebügelte Klamotten und haben einen Stehplatz auf Lebenszeit mit Vorzelt und Gartenzwergen, andere klappern im Hippie-Bus die Surf-Spots ab und klampfen abends am Lagerfeuer auf der Gitarre. Irgendwo dazwischen sind wir: mein Mann Udo, den ich wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten gern „Ingenieur“ nenne, und ich, Bettina Tietjen. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber ich verwandle mich mehrmals im Jahr von der ans Scheinwerferlicht gewöhnten Fernsehmoderatorin in die bodenständige Camping-Tina. Ich liebe nichts mehr, als einfach loszufahren. Nichts planen zu müssen und ungebunden zu sein, das bedeutet für mich Freiheit. So gut wie jeden Sommer und jeden Herbst unternehmen wir ausgedehnte Roadtrips mit unserem Tietjen-Mobil, einem Fiat Ducato, den Udo vor 20 Jahren für unsere Bedürfnisse ausgebaut hat. Am liebsten in den Süden: nach Korsika, Apulien oder an die kroatische Küste. Mal bleiben wir nur eine Nacht, mal drei – und wenn es irgendwo ganz toll ist, wird auch mal eine Woche draus. Würden wir in Hotels übernachten, wäre so viel Spontaneität kaum möglich, schon das ständige Einund Auspacken wäre mir viel zu lästig. Mit unserem fahrbaren Minihaus ist das kein Problem: Wir haben immer alles griffbereit. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich buche auch gern mal eine schöne Ferienwohnung oder ein schickes Resort, zum Skifahren zum Beispiel, denn Winter-Camping kommt für mich nicht infrage. Aber ich brauche keinen Luxus, um mich wohlzufühlen. Ich genieße es, mich für eine Weile einzuschränken, anders zu leben als sonst. In meiner Hänge-matte zwischen zwei Bäumen zu baumeln und aufs Wasser zu schauen bringt mich runter. Manche nennen das Downshifting und zahlen viel für entsprechende Kurse und Retreats – ich gehe campen.
Luxus braucht man auf einer Roadtour nicht, findet die Moderatorin. Bügeln entfällt!
Einfach los fahren, nicht s planen – das ist Freiheit
Zwei Bäume, eine Hängematte – und Frau Tietjen ist im Glück
Klar, auch ich brauche jedes Mal ein paar Tage, um mich wieder darauf einzulassen, aber wenn ich den richtigen Modus gefunden habe, gibt es nichts Besseres. Mein erstes Mal war 1978, direkt nach dem Abitur. Meine Freunde und ich fuhren in einem klapprigen VWBus nach Südfrankreich, meine Eltern machten sich Sorgen, für mich war es das pure Abenteuer. So richtig infiziert mit dem Campingvirus wurde ich aber erst 1991, als ich Udo kennenlernte. Er war in einer Surferclique und fuhr jedes Wochenende entweder nach Fehmarn, Dänemark oder Holland, eine völlig neue Welt für mich, die gebürtige Rheinländerin. Meine Begeisterung hält bis heute an, ganz gleich, ob wir als Paar oder als Familie mit unseren zwei inzwischen erwachsenen Kindern aufbrechen. Essenziell für das Campingglück ist das, was ich „schön stehen“ nenne. Die Suche nach dem perfekten Stellplatz ist mit den Jahren zu einem festen Ritual geworden. Bevor wir einchecken, sondieren wir das Terrain, indem ich linksherum um den Campingplatz gehe, während Udo rechtsherum läuft. Ich will: einen schönen Blick aufs Wasser, Bäume für meine Hängematte und genügend Abstand zu den Nachbarn und dem Waschhaus. Mein Mann hingegen achtet auf den Untergrund, den Stromanschluss und darauf, zu welcher Seite die Tür aufgeht. Weil wir selten auf Anhieb einer Meinung sind, geht danach die Diskussion los: Er findet, ich sei besessen von meinen Ansprüchen, ich dagegen halte seine Panik vor sandigem Boden für überzogen.
Man hat die irresten Begegnungen beim Campen – mit Tieren und Menschen. In Kanada kamen wir im Nationalpark ganz dicht an Braunbären heran, auf Korsika trug unser aus Freiburg stammender Nachbar beim Grillen zwar ein Holzfällerhemd, war aber untenrum nackt. Ein andermal hatten Urlauber ihre sieben Pudel samt Gehege dabei. Dann gibt es Leute, die den ganzen Tag an ihrem Womo herumwienern und quasi mit der Zahnbürste noch die kleinsten Schmutzpartikel entfernen. Warum campen die? Es staubt doch alles sofort wieder ein! Generell aber gilt auf Campingplätzen die Devise: „Leben und leben lassen.“ Man schnackt mal eine Runde, aber ansonsten lässt man sich in Ruhe. Sehr angenehm. Pingelig sollte man dennoch nicht sein. Ich zum Beispiel habe Angst vor Insekten und anderem Getier. Tja, und dann ist da noch die Sache mit der Nähe. Ab und zu hört man halt die Feier-, Schnarch- oder Sexgeräusche der Nachbarn. Auch die Gerüche im Klohäuschen sind nicht immer traumhaft. Zum Glück gibt es ein Gerät, das mich rettet: die „Porta Potti“. Ein absurder Name, aber so ein Chemieklo ist ein geniales Teil, auf das ich nicht verzichten kann und will. Übrigens genauso wenig wie auf meine Minikaffeemaschine.
Regnet es am Atlantik, fahren wir spontan ans Mittelmeer
Zur Not tun es auch ein Espressokocher und ein Gasherd, denn die schönsten Plätze sind oft die ohne Strom. Anfängern empfehle ich, sich einen Bus zu mieten und einfach mal übers Wochenende loszufahren und zu sehen, wie man mit den anderen Campern und den Waschhäusern klarkommt – das sind definitiv die beiden Hauptirritationsquellen. Natürlich hatten wir auch mal Pech mit dem Wetter, trotzdem hatte jeder einzelne Campingurlaub seine wunderbaren Momente. Es ist noch nie vorgekommen, dass wir die Lust verloren und uns ein Zimmer genommen haben. Das Gute ist ja die Flexibilität: Sollte es am Atlantik regnen, fahren wir einfach ans Mittelmeer. Wohin es diese Saison geht? Im Sommer, wie so oft, auf unsere Lieblingsinsel Korsika. Und im Herbst nach Australien – das ganz große Abenteuer in der Wildnis.