... Kunsstofffurnier, versteht sich.
Man kann das schaudernd ablehnen, augenzwinkernd ein Zimmer so einrichten oder voller Begeisterung die optisch passenden Verstärker zur Retrobox aus dem vielfältigen Angebot wühlen. Und sie beispielsweise mit der Wharfedale Denton 85 kombinieren, für die es bei dem englischen Traditionshersteller einen handfesten Grund gab: das 85. Jubiläum des meistverkauften Lautsprechers der 1932 von Gilbert Briggs gegründeten Firma. Dieser Lautsprecher war die Denton, die in unglaublichen Stückzahlen weltweit über den Ladentisch ging und schließlich mit der Denton 3-Variante letztmalig verkauft wurde.
„…until now“, so die Engländer, die mit der Denton 85 ein modernes Pendant des Klassikers in limitierten Stückzahlen wiederauflegen. Die Denton 85 tanzt dabei nicht aus ihrer Ahnenreihe, die prinzipiell aus Zweiwege-Boxen besteht, in einer Größe, die man als „Bookshelf- Loudspeaker“ bezeichnet. Im Deutschen klingt das weit schnöder, nämlich „Regal-Lautsprecher“ und bezeichnet damit jenen Ort, an den eine Denton 85 ganz bestimmt nicht verbannt werden sollte.
Mit ihren 34 Zentimetern Höhe und 28 Zentimetern Tiefe würde die Denton 85 auch schon ein großes Regal benötigen, zudem könnten die beiden rückseitigen Bassreflexöffnungen dann womöglich nicht mehr frei „atmen“.
Bi-wiring ist machbar (aber man kann es auch lassen). Die Anschlüsse sind von vernünftiger Qualität, die Verkabelung ist überzeugend und das Gehäuse ist grundsolide gebaut.
Frei aufstellen!
Ganz klar, die kleine Engländerin in ihrem übrigens wertig von Hand furnierten Mahagony- Kleidchen gehört auf einen Ständer, frei positioniert und je nach Platzverhältnissen mehr oder weniger wandnah aufgestellt. Wir präferieren dabei das gute, alte „Stereo-Dreieck“, in dem der Hörabstand dem Abstand beider Lautsprecher zueinander entsprechen sollte und sorgen dafür, dass sich die Hochtöner ungefähr in Ohrhöhe befinden.
Apropos Hochtöner: Hier kommt eine 25-Millimeter- Stoffkalotte zum Einsatz, während als Tiefmitteltöner ein Konuschassis mit 165-Millimeter- Kevlarmembran arbeitet. Ihrem Aussehen zum Trotz setzt sich der Retrostyle der Denton 85 nicht bei der Technik fort, die dem aktuellen Stand der Dinge im Lautsprecherbau entspricht. Bei einer Trennfrequenz von knapp über drei Kilohertz werkelt der Tiefmitteltöner in seinem 13-Liter-Gehäuse übrigens erstaunlich voluminös und druckvoll, was für die Qualitäten des Druckguss-Treibers spricht; Wharfedale bescheinigt dem Ensemble eine Effizienz von 88 dB, wobei die Minimalimpedanz bei knapp vier Ohm liegt, was auch ein Argument für den Einsatz eines Röhrenverstärkers ist.
„The original Denton was well known for its warm, rich and natural sounding character“
Die originale alte Denton wäre, so Wharfedale, bekannt für ihren warmen und natürlichen Klang gewesen, ein Charakter, den man auch bei der Denton 85 habe bewahren wollen, aber nun verbunden mit zeitgemäßer Auflösung und Offenheit. Hier steckt durchaus eine klangliche Gratwanderung im Konzept drin, die dem neun Kilogramm schweren Lautsprecher freilich äußerst gut gelingt: Fakt ist, einen so ausgewogenen, offenen und vor allem völlig homogen klingenden Kleinlautsprecher erlebt man selten, denn den Entwicklern gelang es, Hoch- und Tiefmitteltöner praktisch bruchlos miteinander zu verschmelzen. Das hört sich dann an wie ein sehr guter Breitbänder, verbunden mit verblüffender Raumdarstellung und nicht minder beeindruckendem Tieftonbereich, der viel potenter ist, als es Größe und Bestückung dieses Lautsprechers vermuten lassen.
Doch auch der erwähnte Hauch Wärme ist da und verleiht dem Hörerlebnis gediegene Samtigkeit, die dennoch keine Information verschweigt. Und da fragt man sich unwillkürlich, ob der Ansatz, auch noch das letzte Fitzelchen Hochtongeraschel hören zu wollen, nicht um den Preis zu anstrengender Analytik erkauft wurde.
Die Denton 85 ist ein grundlegend angenehmer Wohlfühl- Lautsprecher, der innerhalb seiner alles andere als bescheidenen Möglichkeiten alles richtig macht, geringe Ansprüche an den Verstärker stellt und trotzdem hörbar werden lässt, was ein Top-Verstärker kann. Wer hier auf eine „unvernünftige“ Kombination setzt, erlebt womöglich ein mahagonyfarbenes Wunder, dessen klangliches i-Tüpfelchen ein Hartholz- Ständer anstelle der üblichen Stahlkonstrukte wäre…