... Cloud-Lösungen. Man wolle kein Opfer disruptiver Marktkräfte werden, sondern selbst die Akzente setzen, stellte der CFO fest. „2021 wird das Jahr des Aufbruchs“, ergänzte SAPs Deutschland-Chef Alexander Kläger. Veränderung bleibe die einzige Konstante. Für viele Unternehmen werde es überlebenswichtig, das eigene Geschäftsmodell zu überprüfen, so Mucic weiter. Das gelte auch für SAP.
Der Softwareanbieter stützt seine Cloud-Strategie auf Vorhersagen von Marktforschern, wie aus dem jüngsten Jahresbericht des Konzerns für 2020 hervorgeht. Demzufolge prognostiziert IDC für die kommenden Jahre zwei Trends: die Ausrichtung auf Plattformen und den Umstieg auf die Cloud. Bis Ende 2021 würden die meisten Unternehmen (80 Prozent) doppelt so schnell wie vor der Coronakrise geplant auf cloudbasierte Infrastrukturen und Anwendungen umstellen. Bis 2024 könne sich die Zahl der Betriebe, die Cloudarchitekturen für zentrale Geschäftsanwendungen einführen, verfünffachen.
SAP will in Forschung und Entwicklung investieren
Um in diesem Rennen vorn zu bleiben, will SAP seine Entwicklungsanstrengungen forcieren. Mucic zufolge wurden allein im vergangenen Jahr rund 2.000 neue Entwickler angeheuert. Das Forschungs- und Entwicklungsbudget soll von 14 auf 16 Prozent vom Umsatz wachsen, „auch wenn es dafür keinen Applaus am Kapitalmarkt gibt“, zeigte sich der Finanzchef unbeeindruckt.
Komplexität behindert digitale Transformation
Der Schlüssel, mit dem SAP die Tür zum Cloud-Markt öffnen will, ist das kürzlich vor-gestellte Programm „Rise with SAP“. Deutsch-land- Chef Kläger bezeichnete das Angebot als ein „Rundum-Sorglos-Paket“ für die Kun-den. Es gebe nur einen Vertrag und einen Ansprechpartner. Zum Paket gehören eine Public-Cloud-Infrastruktur – die Kunden kön-nen zwischen den Hyperscalern und der SAP-Cloud wählen –, S/4HANA, die Business Technology Platform (BTP), das Business Netzwerk, der neue Prozess-Werkzeugkasten Business Process Intelligence – hier werden auch die Tools des übernommenen Process Mining-Spezia listen Signavio einsortiert – so-wie Migrations-Tools und Schulungen. SAP werde sich um den Betrieb der Software küm-mern, die Anwender könnten sich ganz auf ihre digitale Transformation konzentrieren, so die Rechnung der SAP-Verantwortlichen.
Ob diese aufgeht, ist allerdings nicht sicher. Die SAP-Manager appellieren an ihre Kunden, alte Zöpfe abzuschneiden und stärker auf Standardisierung zu setzen. Mucic stellt fest, dass die Modernisierung aufseiten der Anwen-derunternehmen vielerorts nur stockend vor-angehe. Zwar steige der Druck sich zu transfor-mieren unaufhörlich, dennoch zögerten viele Betriebe, den digitalen Umbau mit der nötigen Entschlossenheit voranzutreiben. Der Grund dafür liege in der Komplexität der bestehenden Systemlandschaften.
SAPs Finanzchef warb für die Vorteile einer Cloud-Lösung. Die höhere Verfügbarkeit der gesamten Infrastruktur stärke die Resilienz von Unternehmen. Außerdem könnten Inno-vationen in kürzeren Zyklen vorangetrieben werden als in der On-Premises-Welt. Die Migra-tion in die Cloud biete außerdem die Mög-lichkeit, Modifikationen aus den Systemen he rauszunehmen und zu standardisieren. Brauche es dennoch Anpassungen, ließen sich diese auf Basis der BTP umsetzen. Zu guter Letzt offe riere die Public Cloud Chancen, die Betriebskosten deutlich zu reduzieren – um bis zu 20 Prozent, behauptete Mucic.
Viele SAP-Anwender werden bei ihrem Umstieg auf S/4HANA wohl nicht um einen harten Cut herumkommen. Auch das wurde zum Auftakt der SAP Now deutlich. Christian Niederhagemann, CIO der GEA-Gruppe, be-richtete im Zuge seiner SAP-Migration von einer mehrjährigen Reise, die zudem aufwen-dig und komplex sei. In seinem Unternehmen gehe es darum, 200 Gesellschaften auf eine gemeinsame Plattform zu hieven. Niederhage-mann wählte dafür einen Greenfield-Ansatz und mahnt seine Kollegen, vor allem zuerst die eigenen Prozesse in Ordnung zu bringen. Es funktioniere nicht, „alte Prozesse in den neuen S/4HANA-Schlauch zu gießen“.
Kunden wollen an Eigenentwicklungen festhalten
Ob SAPs Cloud-Appelle in der Breite Wirkung zeigen, ist zweifelhaft. Zwar machen sich viele Betriebe auf den Weg in Richtung S/4HANA. Doch dabei steht meistens die On-Premises Variante im Fokus. Nur zwölf Prozent planen mit einem Cloud-Ansatz, hat die jüngste Um-frage der deutschsprachigen SAP-Anwender-gruppe (DSAG) ergeben. Demzufolge haben die Anwender noch viel Erklärungsbedarf, ge-rade was Rise with SAP anbelangt. „SAP ist gemeinsam mit Partnern gefordert Wege auf-zuzeigen, wie sie hochgradig angepasste Sys-teme und Prozesse in S/4HANA-Cloud-Um-gebungen überführen wollen“, sagte kürzlich Steffen Pietsch, Fachvorstand Technologie bei der DSAG. Gleiches gelte für die Transfor-mation komplexer Eigenentwicklungen und Drittsystem-Integrationen, die teilweise nicht Cloud-kompatibel seien, de facto aber in vielen Kundensystemen existierten und fach-lich weiterhin gebraucht würden.
Damit wird deutlich, dass die Bereitschaft, sich im Zuge des S/4HANA-Umstiegs vom lieb-gewonnenen Customizing loszusagen, bei vie-len SAP-Anwendern nicht besonders groß ist. „Diese Umstellung ist keine technische Migra-tion, sondern eine Transformation, die die in-haltliche Auseinandersetzung mit fachlichen Anforderungen und einen ganzheitlichen Blick auf die Systemlandschaft erforderlich macht“, so Pietsch weiter. Ob SAPs Rise-Modell hier weiterhelfen kann, ist aus DSAG-Sicht noch of-fen. „Derzeit liegen noch zu wenige Informatio-nen vor, um die Tragfähigkeit bewerten zu kön-nen.“
Podcast S/4HANA-Migra-tion: Eine S/4HANA Migration kann ein Kata-lysator für die Business Transformation sein. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und an welcher Stelle dabei SAP gefordert ist, klären wir mit DSAG Chef Jens Hungershausen im Rahmen unserer Podcast-Reihe. www.cowo.de/3550669
Foto: SAP SE/Ingo Cordes