... Veränderungen wie Verfeinerungen durch die Zeit und Modellwechsel hindurch gehört zu den interessantesten Nebenaspekten meiner Arbeit.
Und ein besseres Studienobjekt für solcherlei Langzeitbeobachtungen als die Lautsprecher des dänischen Spezialisten Dynaudio kann ich mir kaum vorstellen. Dort hat man ganz klare Vorstellungen davon, wie es klingen muss und gibt seinem Ideal nicht nur in den jeweiligen Preisklassen Gestalt, sondern lässt es zudem durch unterschiedlich gewebte technische Texturen schimmern.
Beeindruckend etwa, wie sich in diesem Zusammenhang die damaligen „Contour“-Geschwister S3.4 und S5.4 bis zur Verwechselbarkeit in der Mittenwiedergabe ähnelten, obgleich das größere Modell einen eigenen Mitteltöner besaß, während sich bei der S3.4 einer ihrer Tiefmitteltöner sowie die Tweeter-Kalotte den Bereich teilten. Das nennt man Konsistenz! Und ganz allgemein bestimmte bei den Skandinaviern – gemäß ihrem Diktum „Dänen lügen nicht“, was letztlich eine Art des Nicht-Klangs beschreibt – stets die Evolution statt der Revolution die Entwicklung zum immer delikateren, ausgewogeneren und ehrlicheren Klang.
Reicht die 30 an die 50 heran?
Das galt bis zum Erscheinen der neuen „Confidence“-Serie. So löste der Test der Confidence 50, zweitgrößte Standbox der hinsichtlich der Vorgänger radikal erneuerten Reihe, in STEREO 11/19 ein mittleres Beben in meinem Dynaudio-Bild aus. Erstens, weil hier ein gewisser Bruch mit der durch Dekaden gepflegten Tradition des präzisen, affektarmen „Professorenklangbilds“ zugunsten eines ungewohnt leidenschaftlichen Untertons geboten war. Und zweitens, weil uns deshalb noch nie zuvor eine Dynaudio emotional so packend direkt mit der Musik verbunden hatte.
Seitdem hat die ebenso diszipliniert wie mitreißend aufspielende Confidence 50 einen Stammplatz im STEREO-Hörraum, dient uns als unbestechlicher Schiedsrichter bei mannigfaltigsten Tests und begeistert zugleich immer wieder mit ihrer Musikalität. Gegenargumente? Ja, der Preis von knapp 26.000 Euro fürs Paar, der angesichts des Aufwands gerechtfertigt sein mag, absolut gesehen aber natürlich happig ausfällt.
STAND-FEST
Zum Lieferumfang der in Holkzkisten verpackten Contour 30 gehört ein Fuß-Set mit flachen Scheiben (u.) sowie formschönen Spikes (o.), die mit den soliden Bolzen verschraubt werden. Idealerweise rückt man die Lautsprecher auf den Scheiben, auf denen sie sich leicht verschieben lassen, zurecht, bis sie perfekt stehen, um dann die Spikes an deren Stelle zu setzen. Mittels der oberen Griffstücke lässt sich die Höhe leicht justieren. Nicht vergessen: Am Ende die Konterscheiben festdrehen, damit ja nichts wackelt.
Moment mal, da ist doch noch die kleinere Confidence 30, die gegenüber der 50er gerade mal auf einen Mitteltöner sowie zirka 18 Zentimeter Höhe verzichtet, dafür aber gleich satte 7000 Euro günstiger kommt. Bietet sie nur einen schwachen Abglanz der Pracht ihrer großen Schwester oder reicht sie – wie einst bei den Contour-Boxen – an deren Grandezza heran und entpuppt sich womöglich so als der wahre Super-Tipp?
Keine Ahnung, wie oft ich mir diese Frage gestellt habe, während ich der Confidence 50 lauschte. Nun kennen wir die Antwort. Denn nach all der Grübelei haben wir das kleinere Modell zum Test eingeladen und kurzerhand exakt auf die Position gestellt, die sich bereits für die 50er als optimal erwiesen hatte. Dass die Metallfüße wie übrigens auch die Tiefe und Breite des rundlichen Gehäuses beider Confidences identisch sind, vereinfachte die Sache. Und natürlich bringt die 30 ebenfalls ein Paar hochwertiger WBT-„Nextgen“-Polklemmen mit, die wie ihre in Dekaden der Entwicklung gereiften Chassis auch den ultimativen Anspruch der Dänen verdeutlichen.
Wollten wir den gänzlich neuen Mitteltöner beziehungsweise den gegenüber den Vorgängern stark überarbeiteten Tweeter und Woofer der neuen Confidence-Linie hier en detail würdigen, reichte der Rest des Textes nicht aus. Die wichtigsten Veränderungen sind, dass das Magnetsystem der bis 290 Hertz hinaus arbeitenden 18-Zentimeter-Tieftöner von Ferrit zu Neodym wechselte und der nun „Esotar3“ genannte, oberhalb von 3700 Hertz übernehmende Hochtöner eine vollkommen neue, rückwärtige Anteile eliminierende „Hexis“-Schallführung hinter seiner Seidenkalotte erhielt.
Die vier Treiber sind präzise in die strahlungsgünstig geformte Schallwand aus „Compex“ eingepasst. Dies ist ein leichter, harter Verbundwerkstoff, der die Stabilität von Metall mit der hohen Dämpfung von MDF verbinden soll und sich in den Versuchen der Dänen als bestens geeignet erwies. Er wird zu dem taillierten Stück gegossen, was eine homogene Struktur ermöglicht.
Mit sattem „Pfund“ gewuchert
Selten hatten wir einer „Stunde der Wahrheit“ im Hörraum so entgegengefiebert wie im Fall der Confidence 30. Nun musste sie beweisen, ob sie aus demselben Holz geschnitzt ist wie die 50 oder sich doch klar unter dieser einordnet.
Machen wir's kurz: Die 30 spielt sich fast erschreckend dicht an die fast mannshohe 50 heran. Verwundert uns bei dieser Box stets aufs Neue, woher sie all diese Energie in den unteren Lagen schöpft – schließlich sind zwei 18er trotz der nach unten geführten Reflex-Beatmung ja nicht die Welt –, zeigt die Confidence 30 eine ähnlich druckvolle wie luftig atmende Potenz; und damit genau jene Stämmigkeit samt aus dem Grundtonbereich heraus leuchtender Glut, die immer wieder fasziniert und emotional bindet.
So überzeugen Orchester durch natürliche Opulenz, zeigte die Dynaudio bei Vivaldis Cellokonzerten mit Sol Gabetta nicht nur den harzigen Ton der Streichinstrumente, sondern ließ obendrein die Wärme und Opulenz der unteren Lagen schön strömen, sodass sich eine ebenso üppig farbige wie funkelnd-finessierte Darbietung einstellte.
In Brian Brombergs zupackendem Solo-Vorspiel auf dem akustischen Bass zu „The Saga Of Harrison Crabfeathers“ demonstrierte die Confidence 30, wie man einerseits mit seinem Tieftonpfund wuchert und dieses zugleich perfekt unter Kontrolle behält. Herzhaft schnalzten die Saiten; das Instrument stand klar im Raum, protzte beinahe mit reicher Fülle, draller Prägnanz und kantigem Punch. Ein Erlebnis!
Beeindruckend auch, wie toll man es mit dem Pegel treiben kann. Wir schoben fast beliebig Leistung aus Accustic Arts’ gewaltiger Endstufe in die Dänin, ohne dass diese auch nur mit der Wimper zuckte. Mag sein, dass sich die Confidence 50 dabei noch ein wenig stoischer verhält, doch dann operiert man weit abseits üblicher Hörlautstärken.
Erstaunlicher als diese auch bei üblichen Leveln wirksame Gelassenheit „unter Beschuss“ ist die Gabe der Confidence 30, ihre Klangbilder dreidimensional zu gliedern und im Tiefenrelief präzise zu ordnen, sodass bei entsprechenden Aufnahmen diese kaum mehr etwas mit den beiden Säulen im Raum zu tun zu haben scheinen. In dieser Disziplin hatten wir deutliche Unterschiede zur 50 erwartet, die mit ihren beiden Mitteltönern den Tweeter nach D’Appolito-Manier umrahmt, was eine besonders phasenkohärente Abstrahlung ermöglicht und so die plastische Raumabbildung begünstigt.
TEST-GERÄTE
Plattenspieler: Transrotor Rondino nero/TRA 9/2.1/Figaro
Musik-Server: Aurender N10
Medien-Spieler/DAC: T+A MP3100HV
Vor-/Endverstärker: Accustic Arts Preamp III/AmpII-MK4
Vollverstärker: McIntosh MA352AC,
Lautsprecher: B&W 800 D3, Dynaudio Confidence 50
Kabel: HMS Suprema (NF/ LS), Boaacoustic Black. sonic-25 (LS)
BLENDE DICHT
Schutz vor ungewünschtem Zugriff und UV-Strahlen bieten die magnetisch gehaltenen Blenden, die der geschwungenen Form der Schallwand folgen und aus Gründen des besten Klangs während des Musikhörens abgenommen werden sollten.
Großer wie großartiger Auftritt
Man müsste allerdings lügen, um zu behaupten , dass die 30er das weit aufgezogene Spektrum von Maria Pihls „Malvina“, das die 50 zauberte, merklich eingeschränkt oder den Abstand des explosionsartig aufploppenden Vibrafons in „Saturday Night“ des Red Norvo Quintet zum merklich dahinter verorteten Publikum verkürzt hätte. Im direkten Gegenüber verströmte die Confidence 50 gerade mal einen Hauch mehr an Energie, audiophilem Flair und highendiger Abgeklärtheit. Das war’s aber eigentlich auch schon.
Und das lässt sie sich gut bezahlen, während die gewiss nicht billige, aber doch erheblich günstigere Confidence 30 ebenfalls über reichlich Gänsehautpotenzial wie gute Zutaten verfügt, inklusive des unschätzbaren „Esotar3“ – einem der Top-Hochtöner weltweit –, der durch zarte Krispheit sowie butterweiche Feinzeichnung besticht und im ganzheitlichen Klangkosmos der Dänin „verschwindet“. Ein ebenso großer wie großartiger Auftritt der Confidence 30, die sich vor nichts zu verstecken braucht. Schon gar nicht vor ihrer 50er-Schwester. Also, sagt bloß nicht „Kleine“ zu ihr! ■
Dynaudio Confidence 30
Preis: um 19.000 € (vier Hochglanzlack-und eine Furniervariante)
Maße: 37 x138 x43 cm (BxHxT)
Garantie: 5 Jahre
Kontakt: Dynaudio Germany Tel.: +49 4108 41800 www.dynaudio.de
Dynaudio liefert einen Spitzenlautsprecher und gibt der 30er obendrein alle Vorzüge mit, die man sich mit der aktuellen Confidence-Linie erobert hat. In ihr treffen einmal mehr bestechende Neutralität, plastische Raumdarstellung und exemplarische Detailzeichnung auf musikalische Leidenschaft. Bravo!
Messergebnisse
Labor-Kommentar
Extrem ausgeglichener, tief hinabreichender Frequenzgang, unter 30-Grad-Winkel erkennbarer Höhenabfall, weshalb die Lautsprecher auf den Hörplatz eingewinkelt werden müssen. Guter Wirkungsgrad, sehr niedriger Klirrfaktor auch im Bass, sehr saubere Impulsantwort.
Ausstattung
Höhenverstellbare Füße, WBT-„Nextgen“-Single-Wire-Terminal, Frontbespannung