Als Ole Ginnerup Schytz seine neue Metallsonde auf einem Acker im dänischen Vindelev ausprobierte, fand er prompt mehr als 20 Goldobjekte aus dem 6. Jahrhundert. Das Ensemble wiegt ein knappes Kilo und besteht fast ausschließlich aus handtellergroßen Medaillons. Die Stücke zeigen Bildnisse berühmter Männer; bei einigen handelt es sich um spätrömische Goldmünzen mit der Darstellung etwa des Kaisers Konstantin I., die zu Anhängern umgearbeitet wurden. Laut dem Museumsverbund der Stadt Vejle stellt der Hort einen der größten Goldschatzfunde Dänemarks dar.
Die Artefakte begeistern das Team um Museumsdirektor Mads Ravn aus mehreren Gründen. So haben Nachgrabungen am Fundort ergeben, dass an der Stelle einst ein Langhaus stand. Wie die Forscher vermuten, könnte es sich um den Sitz eines Lokalfürsten gehandelt haben.
Unweit von Vindelev befindet sich ein bedeutender Fundplatz der dänischen Frühzeit, der alte Königssitz von Jelling, an dem unter anderem der Dänenkönig Harald Blauzahn Monumente errichten ließ. Ravn und seine Kollegen waren bislang nicht davon ausgegangen, dass im Umfeld dieses Orts schon zuvor ein einflussreicher Herrscher residiert hatte. Doch darauf lassen Umfang und Qualität des neuen Goldhorts schließen.
Einige Medaillons sind mit Runen beschriftet und zeigen womöglich Figuren aus der nordischen Mythologie. Auf einem Anhänger ist ein bärtiger Mann von der Seite abgebildet nebst einem Pferd und einem Vogel. Die Runenbeischrift entziffern die Forscherinnen und Forscher als »der Große«. Der Titel könnte einen Herrscher meinen, bezeichnet in der Mythologie aber auch den Götterkönig Odin.
Warum die Goldobjekte vergraben wurden, ist nicht bekannt. Womöglich hing das mit einer weltweiten Klimakatastrophe zusammen, dem Beginn der so genannten Kleinen Eiszeit der Spätantike. Um das Jahr 536 ereigneten sich mindestens zwei gewaltige Vulkanausbrüche in Mittelamerika oder Südostasien.
Staubwolken verdunkelten die Atmosphäre, und es kam zu Ernteausfällen und Hungersnöten. Die Zeiten dürften unsicher geworden sein, womit ein Anreiz entstand, Wertvolles zu schützen.
Pressemitteilung des Museumsverbunds Vejle, 5. September 2021
Bildquelle: Spektrum der Wissenschaft, Ausgabe 11/2021
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