... vorhergesagt und entsprechende Ansitze errichtet werden. Die eigentliche Bejagung kann aufgrund der Distanz und der hohen Deckung nicht vom entfernten Ansitz aus erfolgen. Sinnhaft jedoch ist der Hochsitz, um zu Schaden gehendes Schwarzwild im Feld lokalisieren zu können. Die gelegentlich auftauchende Rückenlinie der Sauen verrät diese. Da Gerste und Roggen weitaus weniger attraktiv sind, ist der jagdliche Fokus klar auf den Weizen zu legen. Im Raps sind Sauen zu dieser Zeit zwar auch aktiv – insbesondere als Tageseinstand wird er nun gern genutzt –, aber nur die wenigsten Flächen lassen durch Sölle und andere größere Feucht-oder Fehlstellen eine gezielte Bejagung zu. Die winterlichen Schäden halten sich im Weizen meist in Grenzen, kurz vor dem Beginn des Ährenschiebens jedoch werden die Weizenfelder vom Schwarzwild erstmalig inspiziert. Der Zeitpunkt der Milchreife kann nicht fest genannt werden, hierzu müssen die Flächen in Augenschein genommen werden, ob die Ähren bereits den milchigen, süß schmeckenden Inhalt aufweisen.
„DER WIND ENTSCHEIDET ÜBER ERFOLG UND MISSERFOLG MEHR ALS ALLES ANDERE.“
NÄHE HILFT!
Gerade im Sommer führt nahezu jedes weibliche Stück Frischlinge. Durch die naturbedingte Höhe von Weizen ist ein sicheres Ansprechen auf größere Entfernungen nahezu unmöglich. Das einzig sichere ist der Schuss aus nächster Nähe auf Stücke, welche in einer Schadstelle stehen. Der Schuss auf Sauen, welche mitten im Getreide stehen, verbietet sich, da ein sicheres Ansprechen, außer beim sichtbaren Keiler, nicht möglich ist. Die kleinen Frischlinge sind an ihren unverkennbaren, permanenten Grunzlauten sicher zu bestätigen. Genau diese Stücke sind es um diese Jahreszeit meistens, die in diesen Situationen zu erlegen sind. In der Fahrspur stehend, ist dann auf kürzeste Entfernung in den Boden auch ein Kugelfang gegeben.
Feldbegehung: plattgedrückter Weizen mit abgefressenen Ähren – hier waren Frischlinge mit von der Partie. Ihnen gilt unsere nächtliche Pirsch.
FOTO: KARL-HEINZ VOLKMAR
Ausgespiene Weizenähren: untrügliches Zeichen dafür, dass Schwarzwild hier zu Schaden geht.
Abgefressene, noch stehende Weizenhalme: als Verursacher kommt nur eine stärkere Sau infrage.
WENIGER IST MEHR!
Die erfolgversprechendste Jagd auf Sauen im Weizen ist ganz fraglos die Pirsch. Soll lange und erfolgreich gepirscht werden, ist weniger Ausrüstung mehr. Leichte, lautlose Fleecebekleidung mit langem Arm ist ebenso gut wie ein Langarmshirt oder Hemd. Sehr dünne Merinobekleidung ist auch im Sommer von enormem Vorteil, da sie trocken hält und nicht stinkt. Eine Baseballcap hilft, Streulicht aus der Umgebung besser abzuschirmen als ein Jagdhut. Das nötigste: Waffe mit guter, nachttauglicher Optik. Ein 56er Zielfernrohr ist hier immer im Vorteil, optimal mit Ballistikturm – dazu später mehr. Die Vergrößerung sollte so klein wie nur möglich gewählt werden, um im Nahbereich die bestmögliche Übersicht zu behalten. Ein Jagdmesser, eine kleine Taschenlampe, ein paar Meter Reepschnur mit Knebel zum Bergen sowie ein Fernglas, möglichst mit Entfernungsmesser, sind hilfreiche Begleiter. Das Fernglas ist kein Muss und kann sogar hinderlich sein, ein Ansprechen kann auch mit dem Zielfernrohr erfolgen, gerade bei Frischlingen, und genau denen sollte es ja gelten, muss nicht das Geschlecht errätselt werden. Eine Wärmebildkamera kann genutzt werden, ist aber ebenfalls nicht not wendiger Ballast. Der Weizen verdeckt vieles, und da bevorzugt Frischlinge geschossen werden, muss keine Bache angesprochen werden. Es erleichtert vieles, wenn nicht Keiler und dicke Überläufer im Vordergrund stehen. Ein aktiver Gehörschutz hilft, beim Schuss die Situation schnell wieder unter Kontrolle zu bekommen, besser ist jedoch der Schalldämpfer. Das Wichtigste zum Schluss: ein Windprüfer sowie ein gutes Mückenabwehrspray! Ja, Mückenspray riecht – stört aber nicht. Vielmehr stören die schlagenden, hektischen Handbewegungen nach den ersten Stichen.
VORGEHEN
Ein Flächenbegang am Tage offenbart schnell die Problemzonen im Feld. Seien es direkte Schadbereiche oder an den Fahrgassen abgefressene Halme oder bereits die vom Schwarzwild ausgespienen Ähren/ Spelzen, die übrig bleiben, wenn die Milch herausgekaut wurde. Genau diese Schadbereiche, in denen die Sauen sich aufhalten, müssen bei Dunkelheit lautlos angegangen werden. Der Wind wird bei Ankunft im Revier penibel geprüft – er entscheidet über Erfolg und Misserfolg mehr als alles andere. Da die laktierenden Bachen gerade jetzt einen hohen Energiebedarf haben, ziehen sie meist sehr zeitig in die Felder. Vor Einbruch der Dämmerung sollte bereits auf einem Ansitz Stellung bezogen werden, um Sauen auszumachen. Zeigen sich die schwarzen Rückenlinien im stehenden Getreide, ist die Zeit zum Angehen gekommen.
„DIE HÄUFIGSTE SCHUSSDISTANZ DES NACHTS IM FELD: UNTER FÜNF METERN!“
Reifer Keiler im Weizen: ihn auf der Pirsch vorzuhaben und richtig ansprechen zu können, ist Adrenalin pur. Die Chance besteht aber, denn wohl kein Basse lässt sich bei aller Vorsicht einen derart leckeren Fraß entgehen.
FOTO: WERNER NAGEL
PERMANENT WIND PRÜFEN!
Die Fahrgassen sind die Wege der Nacht, nur auf ihnen wird gelaufen, andernfalls entstehen zu viele Geräusche. Vom Vorgewende aus wird zum Beginn der Pirsch die richtige Fahrgasse festgelegt und genutzt, ein späterer Wechsel zwischen den Gassen muss, falls notwendig, mit äußers-ter Vorsicht erfolgen. Das leise Angehen versteht sich von selbst, lautloses, leichtes Schuhwerk und eine leichte Fleecehose helfen hier. Nicht jagdlich aber: bequeme Laufschuhe sind immer leiser als Jagdschuhe. Mehr stehen als gehen, leise die Umgebung beobachten, hören und den Wind permanent prüfen. Dreht er in Richtung des Wildes, gibt’s nur eins: Rückzug, das Feld leise umschlagen und von der anderen Seite erneut angehen. Da die Sauen nicht statisch im Feld herumstehen, sondern sich auch bewegen, und zwar meist in eine Richtung, ist es sinnvoll, sich dort zu positionieren, wo sie vermutlich vorbeikommen. Hierdurch werden Fehler beim Anpirschen vermieden. Sind die Sauen auf 30 bis 40 Meter und auf den Jäger zu unterwegs, gibt’s nur eins: Einen Schritt von der Fahrspur in die Mitte zwischen beide Spuren, still und ruhig stehen und Geduld! Die Sauen kommen vertraut, gerade im Bereich der Fahrgassen werden die Spuren genutzt oder überquert. Die häufigste Schussdistanz nachts im Feld: unter fünf Metern!
RUHE BEWAHREN!
Wurde ein Frischling erlegt, ist absolute Ruhe zu bewahren. Der Schuss hat zwar gestört, wenn jetzt jedoch keine weiteren Geräusche hinzukommen, zeigen sich die anderen Stücke, insbesondere die Frischlinge, oft unbeeindruckt und beginnen wenige Minuten später wieder mit den typischen, permanenten Grunzgeräuschen. So bieten sich bei richtigem Verhalten und etwas Glück direkt mehrere Chancen. Je nach Erfahrung der Bache und Größe des Feldes flüchten einige Rotten auch direkt, beginnen jedoch nach etwa 50 Metern, weiter zu fressen. Hier kann die Rotte erneut erfolgreich angegangen werden.
KLEINES REVIER
Sollen die Sauen zwar aus dem Feld, nicht aber aus dem Revier vertrieben werden, jagen wir am frühen Morgen. Noch im Dunkeln wird das Feld von außen verhört oder vom Ansitz aus, wie beschrieben, mit dem Fernglas abgeleuchtet. Die Sauen werden dann mit Einbruch der Dämmerung angegangen. Findet jetzt ein Abschuss statt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Sauen weit aus dem Revier flüchten, deutlich geringer als abends. Nun flüchten sie erfahrungsgemäß nur bis in den nächsten Einstand, während sie abends die Sicherheit der Nacht einige Stunden nutzen können, um das Revier gänzlich zu verlassen.
VORZÜGE DES BALLISTIKTURMS: DER OPTIMALE NAHSCHUSS
Ebenso wie für weite Schüsse erfüllt ein Ballistikturm einen sensationellen Zweck auf kurze Distanzen. Die Seelenachse des Laufs liegt bei den meisten Repetierern etwa fünf Zentimeter unter der Visierlinie des Zielfernrohrs. Diese Abweichung kann, besonders auf geringe Entfernung auf kleine Ziele, zum Unterschießen oder tiefen Streifschuss führen. Der Ballistikturm dient der schnellen Verlagerung des Haltepunkts auf verschiedene Distanzen. Damit trifft der Schuss auf alle Distanzen den Haltepunkt. Anders beim Einschießen der Waffe auf Günstigste Einschießentfernung, hier übersteigt das Geschoss die Visierlinie um maximal vier Zentimeter, bei den meisten Kalibern ist das etwa bei 100 Metern der Fall. Hierdurch liegt der erste Schnittpunkt bereits bei etwa 30 Metern, ein kleiner Vorteil bei Nahschüssen, aber nicht das Optimum. Der Ballistikturm jedoch kann binnen Sekunden auf eine zuvor eingestellte Entfernung justiert werden. So kann etwa für Nahschüsse eine Einstellung auf 700 Meter sehr gut funktionieren, da der erste Kreuzungspunkt von Geschossflugbahn und Visierlinie mit zunehmender eingestellter Entfernung immer näher an die Mündung heranrückt. Die ideale Einstellung hierzu muss jeder mit seiner Waffe, seinem Ballistikturm und seinem Kaliber auf dem Schießstand herausfinden. Unbrauchbar für diese Jagdart ist eine auf 100 Meter Fleck eingeschossene Waffe.
Die Grafik zeigt, wo das Geschoss das erste Mal bei unterschiedlich eingeschossener Büchse – Fleckschuss auf 100 Meter, auf Günstigste Einschießentfernung und auf 700 Meter dank Ballistikturm – auf die Visierlinie trifft.
GRAFIK: ROMAN V. FÜRSTENBERG