TV-THEMA DER WOCHE
AUFGEREGT Der junge Anwalt Caspar Leinen (Elyas M?Barek) ist neu im Geschäft
Mysteriöser Mord in Berlin: 2001 tötet der pensionierte italienische Gastarbeiter Fabrizio Collini (Franco Nero) den 85-jährigen Industriellen Hans Meyer (Manfred Zapatka) bei einem Treffen in dessen Hotelsuite. Anschließend setzt Collini sich ganz ruhig in die Lobby, berichtet dem Personal von seiner Tat und lässt sich widerstandslos verhaften. Danach schweigt er. Es gibt keinerlei Hinweise auf ein Motiv. Seine Pflichtverteidigung übernimmt der frischgebackene Anwalt Caspar Leinen (Elyas M’Barek), der eine persönliche Verbindung zu dem Opfer hat. Hans Meyer war der Großvater seiner Jugendliebe Johanna Meyer (Alexandra Maria Lara) und so etwas wie sein Ziehvater. Mit diesem Szenario beginnt das aufwühlende Justizdrama „Der Fall Collini“ (siehe TV-Tipp), das jetzt erstmals im Free-TV zu sehen ist. Damit es seine volle Wirkung entfaltenkann, sollte man als Zuschauer vorab nicht allzu viel über die Handlung wissen. Deshalb an dieser Stelle nur so viel: Bei seinen Recherchen zu Collinis Motiv stößt der junge Verteidiger nicht nur auf ein bewegendes persönliches Schicksal, sondern wird zudem mit einem überaus fragwürdigen Gesetz konfrontiert.
ANGESPANNT Rechtsanwalt Richard Mattinger (Heiner Lauterbach) und Johanna Meyer (Alexandra Maria Lara)
Weltweit erfolgreich
„Der Fall Collini“ ist die Verfilmung des ersten Romans von Ferdinand von Schirach aus dem Jahr 2011 – ein Bestseller, der sich in Deutschland mehr als 500.000-mal verkaufte und in 17 Sprachen übersetzt wurde. Seit der Strafverteidiger zwei Jahre zuvor seine Kurzgeschichtensammlung „Verbrechen“ veröffentlichte, löst er mit seinen Werken immer wieder Debatten über das Missverhältnis von Recht und Gerechtigkeit aus. „Ich bin ein großer Fan von ihm und habe alle seine Bücher gelesen“, sagt Elyas M’Barek. „Sie wirken echt, authentisch, nah am Leben.“ M’Barek traf sich vor Beginn der Dreharbeiten mit von Schirach, diskutierte mit ihm über die Geschichte und seine Rolle. Zudem tauschte er sich mit Anwälten aus, besuchte Gerichtsverhandlungen. All dies hat sich wohl gelohnt. Vor diesem Film war M’Barek besonders wegen seiner Rolle in dem Teeniehit „Fack ju Göhte“ auf Komödien abonniert, hier überzeugt er eindrucksvoll in einem Drama. Ein Coup gelang Regisseur Marco Kreuzpaintner auch mit der Besetzung der Figur Collini. Kreuzpaintner reiste dafür nach Rom, um Franco Nero, der in den 1960er-Jahren durch seine Hauptrolle als Italowestern-Held „Django“ weltberühmt wurde, zu gewinnen. Mit Erfolg – über seine Darstellung des Collini sagt Nero: „Collini ist ein sehr einsamer und schweigsamer Mensch, der nicht viele Worte spricht. Deshalb musste ich fast alles nur mit meinem Gesicht ausdrücken. Und wenn ich mal sprechen durfte, dann meistens auf Deutsch, was mir ziemlich schwerfällt. Trotzdem ist es natürlich großartig, so eine Figur zu spielen.“ Und für die Zuschauer ist es großartig, ihm dabei zusehen zu dürfen.
SVEN SAKOWITZ
MO 2.8. TV-TIPP
20.15
DAS ERSTE
DER FALL COLLINI DRAMA Packende Verfilmung des Romans von Ferdinand von Schirach
ANGEKLAGT Fabrizio Collini (Franco Nero) hat einen bekannten Industriellen umgebracht
Top-TV
„RTL Aktuell“ (RTL)
Erleuchtung
Da staunten die Zuschauer: Auf einmal war der Bildschirm schwarz. Gerade fünf Minuten war „RTL Aktuell“ auf Sendung, als die Beleuchtung ausfiel. Moderator Peter Kloeppel (Foto) reagierte gelassen, behalf sich mit einer Handytaschenlampe und moderierte souverän durch den Rest der Sendung.
Sozusagen eine Lichtgestalt.
„Hongkong: Eine Stadt im Widerstand“ (Arte)
Erhebung
Wie leben, denken und fühlen Hongkongs junge Demokratie-Aktivisten? Die Macher dieser herausragenden Doku begleiteten einige von ihnen hautnah bei hitzigen Debatten und gefährlichen Protesten. Ein aufwühlendes und wichtiges Werk.
„Alles Bravo oder was?“ (ZDF Info)
Erregung
Einst wurde sie von Mutigen in die DDR geschmuggelt, dabei war die für Sexualaufklärung berüchtigte Jugendzeitschrift völlig unpolitisch. Die Doku illustrierte 65 Jahre „Bravo“ als anregendes, kritisches Stück Zeitgeschichte. Bravo!
Flop-TV
„Die Ära Merkel“ (Sat.1)
Uninteressant
Das war ein Auftritt, wie ihn Angela Merkel eher nicht mag: Mit großen Gesten und voller Euphorie deutete Körpersprache-Experte Stefan Verra (Foto) in der Doku die Gestik der Kanzlerin – wie die Merkel-Raute. Neuigkeitswert? Keiner.
„50 Jahre ZDF-Hitparade: Die Zugabe“ (ZDF)
Unsinnig
Schwere Vorwürfe, viele Emotionen: Dass Fußballstar Diego Maradona (Foto) von falschen Beratern umgeben war und dass sein Tod 2020 möglicherweise hätte verhindert werden können, ist tragisch. Aber die reißerische Art, wie „RTL Spezial“ den Fall präsentierte, war der Thematik nicht angemessen.
„War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona“ (RTL)
Unwürdig
Thomas Gottschalk (l., mit Paola) moderierte die Show, in der sich auch Sänger an Liedern von Legenden versuchten: Vincent Gross an Udo Jürgens, Stefanie Hertel an Falco, Sonia Liebing an Karel Gott. Wer kommt auf so unsinnige Ideen?