Was ist neu in Staffel drei von „Babylon Berlin“? Wie lange wird die Serie laufen? TV DIGITAL hat die Antworten
TIEFE BLICKE
Charlotte (Liv Lisa Fries) und Freundin Vera (Caro Cult) kommen sich näher
ALTE PROBLEME
Sein Kriegstrauma setzt Rath (Volker Bruch) weiter zu
NEUE ZIELE
Unternehmer Alfred Nyssen (Lars Eidinger) plant Großes
TV TIPP
Babylon Berlin – Staffel drei
KRIMIDRAMA 12 neue Folgen über das Berlin der späten 20er
FR 24.1. 20.15 SKY 1
On Demand
Und in der Seeeele… brennt nichts als Schmerz“! Die letzten Töne der großen Musiknummer von Filmstar Betty Winter hallen noch nach, als das Unfassbare geschieht: Ein riesiger Scheinwerfer löst sich von der Decke des Filmateliers Neubabelsberg, rast nach unten und trifft Winter am Kopf. Die Hauptdarstellerin von „Dämonen der Leidenschaft“ ist sofort tot. Erschlagen.
Ein Unfall? Ein geplanter Mord? Oder vielleicht der Versuch, eine der ersten Tonfilmproduktionen zu sabotieren? Zumindest ist es ein neuer Fall für Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) und die erst kürzlich zur Kriminalassistentin beförderte Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) im Berlin von 1929. Auch in Staffel drei sind die beiden wieder die Hauptfiguren von „Babylon Berlin“, dem Historienkrimi von X Filme Creative Pool in Co-Produktion mit ARD Degeto, Sky, WDR und Beta Film.
Die anderthalbjährige Drehpause zwischen Staffel zwei und drei hat Spuren hinterlassen – zumindest bei Volker Bruch. „Die Serie war im TV so präsent, dass ich Rath am Ende eher als Zuschauer kannte“, so Bruch. „Bei der Kostümprobe zu Staffel drei hatte ich leichte Identitätsprobleme. Ich sah in den Spiegel und dachte: Das sieht so ähnlich aus wie Rath, aber nicht richtig. Zum Glück war am ersten Drehtag alles wieder okay.“
Es half vermutlich, dass hinter der Kamera das altbewährte Team stand: Die Autoren und Regisseure sind wieder Tom Tykwer, Henk Handloegten und Achim von Borries. Sämtliche Skripte haben sie abermals gemeinsam verfasst; jeder hat Szenen für alle zwölf Folgen gedreht. „Diese Arbeitsweise erstickt jedes Anspruchsdenken im Keim. ‚Das ist meine Szene! Das ist meine Episode!‘, das gibt es nicht. So ein Projekt ist perfekt, um Egos zu bändigen“, sagt Henk Handloegten TV DIGITAL.
Okkultismus als neues Thema
Die Arbeitsteilung also bleibt. „Was Staffel drei von den bisherigen Staffeln unterscheidet“, sagt Achim von Borries, „ist, dass wir näher an den Figuren sind. Die neuen Folgen sind emotionaler, die Geschichte übersichtlicher.“ Sein Kollege Tom Tykwer stimmt zu: „Das Schöne an der neuen Staffel ist, dass wir die Welt bereits etabliert haben. Sie lebt und atmet. Wir können da direkt hineinspazieren. Jetzt geht es sofort ans Eingemachte.“
DUNKLE RITEN
Okkultismus ist im Berlin der 1920er groß in Mode
GROSSER AUFTRITT
Schauspielerin Betty Winter (Natalia Mateo) beim Filmdreh
Neue Figuren in Staffel drei
BRUTALER BOSS
Frisch aus dem Knast: Walter Weintraub (Ronald Zehrfeld)
JUNGES TALENT
Generalmajor Seegers Tochter Malu (Saskia Rosendahl)
TRAGISCHE FIGUR
Tristan Rot (Sabin Tambrea) trauert um Ehefrau Betty Winter
So bekommen bereits bekannte Charaktere neue Facetten, wie etwa der manischdepressive Industrielle Alfred Nyssen (Lars Eidinger). Oder auch Oberst Wendt (Benno Fürmann), denn die Unterwanderung der Berliner Politik durch Nationalisten geht auch in Staffel drei weiter.
Natürlich gibt es aber auch wichtige neue Figuren (siehe links) – und neue Milieus. Neben der Filmbranche lernt der Zuschauer auch die Kaffeehauskultur der pulsierenden Metropole kennen. Er kann zudem in die Redaktionen der Pressestadt Berlin blicken, wo um das Jahr 1930 Tageszeitungen in gleich mehreren täglichen Ausgaben erschienen. Und auch das Thema Okkultismus, damals in Berlins Upperclass der letzte Schrei, kommt vor.
„In dieser neuen Staffel geht es sofort ans Eingemachte.“
TOM TYKWER, CO-AUTOR UND -REGISSEUR
Die drei Macher genießen sichtlich das riesige Panorama, das ihnen das Serienformat bietet. Gleichzeitig bleibt die Produktionsweise eine Herausforderung. „Eine Serie zu machen ist wie ein Langstreckenlauf“, erklärt Tom Tykwer. „Doch kurz bevor man das Ziel erreicht, kommt immer einer, der das Zielschild abschraubt und weiter nach hinten versetzt. Man steht praktisch wieder an der Startlinie. Zum Glück erlebt man währenddessen wie ein Marathonläufer manchmal ein High, das einen nicht mehr aufhören lässt.“
Aber auch „Babylon Berlin“ wird einmal enden. Co-Drehbuchautor Henk Handloegten verrät sogar, wann: „Wir haben lange überlegt und uns darauf geeinigt, dass wir bis 1933 erzählen wollen.“ Das bedeutet, dass die Serienmacher nicht alle Gereon-Rath-Romane des Schriftstellers Volker Kutscher adaptieren werden, sondern wahrscheinlich nur fünf. Kutscher ist mit seinen bisher sieben Romanen bereits im Jahr 1935 angelangt. „Wir haben der Serie den Titel ‚Babylon Berlin‘ gegeben“, so Handloegten weiter, „und dieses Zeitalter endet nun mal 1933. Was danach kommt, ist etwas anderes, auch wenn die Figuren weiterleben.“
Auch DiCaprio schaut die Serie
Wie es mit der Serie weitergeht, beobachtet auch das Ausland mit Interesse. Die bisherigen Folgen wurden international zum Teil überschwänglich gelobt. Auf der Website „Rotten Tomatoes“ erhielt Staffel eins 100 Prozent. Sprich: Es gab ausschließlich positive Kritiken. Zur internationalen Fangemeinde gehören sogar Weltstars. So verriet Leonardo DiCaprio im Sommer in Berlin anlässlich der deutschen Premiere von „Once Upon a Time in Hollywood“, dass er „Babylon Berlin“-Fan sei.
Womöglich verfolgt auch US-Regisseur Damian Chazelle die Serie sehr genau. Der Oscarpreisträger („La La Land“) arbeitet derzeit an seinem neuen Kinofilm mit Brad Pitt und Emma Stone. Dieser spielt um 1930 in Los Angeles, es geht um den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm. Der Titel des Projekts: „Babylon“.
Die Doku zur Serie
Freizügiges Nachtleben: die Berliner Tänzerin und Darstellerin Anita Berber (1899-1928)
Prostitution, Drogen, große Kriminalfälle: Die zweite Staffel der Doku-Reihe „Sündenbabel Berlin“ erzählt in zwei Folgen vom Berlin der 20er als „Metropole des Verbrechens“. Aber auch das politische und gesellschaftliche Leben wird in Archivaufnahmen rekonstruiert.
23.1., 21.45 Uhr, Spiegel Geschichte
FOTOS: GERN/BATIER/ARD/SKY