... nach schillernden Insekten durchbrechen sie immer wieder die Wasseroberfläche. Welch magischer Anblick!
Mystisch bis Mittag
Da das Soča-Tal von den hohen Bergen der Julischen Alpen umgeben ist, bleibt es hier in einigen Bereichen bis zum späten Frühjahr kalt und dunkel. Doch kaum steht die Sonne im Verlauf des Jahres höher am Himmel, überflutet sie die Landschaft mit Licht und Wärme. Dennoch dauert es selbst im Juli einige Stunden, bis diese Landschaft vollständig erwacht. Gegen Mittag tummeln sich dann auf der Soča jede Menge Kajaks und Flöße, und die mystische Atmosphäre der Morgenstunden verschwindet – zumindest, was den Eindruck über Wasser angeht. Landschaft und Fluss sind aber auch jetzt noch sehr pittoresk anzusehen und laden dazu ein, tief einzuatmen und die Augen weit zu öffnen, um die Magie dieses Ortes zu verinnerlichen.
Izvir Soče – die Quelle
Nach Sonne kommt Regen. Auch im Tal der Soča. Wenn er auf die hohen Berge des Triglav-Nationalparks fällt, saugen die Spalten und Risse im Kalkstein der Berge das Regenwasser auf und leiten es durch Kanäle weiter nach unten. Nach tagelanger Reise in subterrestrischer Finsternis bricht das Regenwasser, vom Kalkstein gereinigt, als Quellwasser bei Izvir Soce aus dem Stein wieder hervor. Versteckt in einer Felswand, etwa 876 Meter über dem Meeresspiegel, erinnert dieses dunkle Höhlenloch, das sich mit leuchtend blauem Wasser füllt, an einen wertvollen Saphir. Wenn das klare Wasser dann die mehrere Meter tiefe Höhle verlässt, fließt es über zahlreiche Kaskaden und Mäander die Felslandschaft des Triglav hinunter. Je tiefer es den steilen Berghang hinabfließt, desto mehr Wasser führt es mit sich, bis es sich schließlich in einen Fluss verwandelt. In den engen Schluchten nimmt der Wasserlauf der Soča eine beeindruckende Geschwindigkeit auf und entwickelt beachtliche Kraft.
Der erste Ort, an dem die Menschen die Kraft der Soča erfahren, ist der Grand Canyon: Die Kajakfahrer, die sich hier auf dem Wildwasser tummeln, verlieren sich ab und an unter seiner schäumenden Oberfläche. Beim Beobachten der Kajakfahrer frage ich mich, ob sie wohl eine Ahnung haben, wie klar das Wasser ist, das sie hier befahren? Und ob sie wissen, wie die Kalksteinfelsen unter ihnen geformt sind? Und welche Tiere in dem kalten Wasser leben? Für Kajakfahrer wie für die meisten Menschen bedeutet der Wasserspiegel eine undurchdringliche Barriere. Doch für uns Unterwassersportler zeigt die Soča unter der Wasseroberfläche ihr zweites Gesicht …
Tauchvorbereitung mit Wow-Faktor
Wir Taucher reisen ja oft stundenlang zum Tauchplatz, bereiten akribisch unsere Ausrüstung vor und schleppen sie zum Wasser, um dann eine relativ kurze Zeit unter der Oberfläche des Gewässers zu verbringen. Obwohl im malerischen Soča-Tal die gleiche Prozedur erforderlich ist, gibt es für uns Unterwassersportler hier jedoch einen grundlegenden Unterschied: Die Umgebung ist so beeindruckend, dass die Tauchgangsvorbereitung selbst schon zu einem wunderbaren Erlebnis wird.
Velika Korita – Schlucht und Große Tröge
Selbst im Hochsommer hat das Wasser der Soča erfrischend kühle elf Grad Celsius. Da scheint Tauchen im Trockentauchanzug eine gute Wahl zu sein. Es gilt aber noch einen weiteren wichtigen Aspekt zu beachten: So wie sich Kajakfahrer in den Stromschnellen der Soča heißfahren, müssen auch die Taucher und Schnorchler hart arbeiten, um sich in der Strömung der Soča zu bewegen. Eine minimalistische Konfiguration des Tauchgeräts, eine stromlinienförmige Position und gute Schwimmfähigkeiten sind in dem slowenischen Fluss der Schlüssel zum Erfolg. Intensive Schwimmbewegungen erzeugen aber bekanntlich Wärme, sodass die Taucher sich hier auch in halbtrockenen Anzügen warmflosseln.
Stromaufwärts von Velika Korita, der Schlucht und den Großen Trögen, befindet sich das Tor zum Triglav-Nationalpark. Zweifelsohne der spektakulärste Teil der Soča. Kajakfahrer springen einen guten Kilometer flussabwärts hinein. Doch der wahre Zauber des Ortes liegt fluss-aufwärts! Da dieses Gebiet heute zum Triglav-Nationalpark gehört, ist für Tauch-Aktivitäten eine zusätzliche Genehmigung erforderlich. Die Wände des Canyons scheinen hier kontinuierlich von hohen Bergen ins Wasser zu fallen und vermitteln ein imposantes Gefühl der vertikalen Dimension. Das klare Wasser in Verbindung mit den weißen Steinen am Grund der Soča lässt die Landschaft glitzern und funkeln. Je weiter wir flussaufwärts schwimmen, desto enger wird die Schlucht, desto tiefer wird das Wasser, und desto stärker wird die Strömung.
IN DER SOČA ZUHAUSE: DIE MARMORFORELLE
Man nimmt an, dass die Marmorforelle einst die einzige Forellenart in Slowenien war, bis die Fischer andere Arten in die Flüsse einführten. Als sie dann vor hundert Jahren begannen, Bachforellen in die Flüsse des Mittelmeerbeckens einzuführen, wurde das zum Problem. Denn wegen der genetischen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Forellen-Arten kam es zur Hybridisierung – wodurch die reine Marmorforelle fast komplett verschwand. Die slowenischen Fischereiorganisationen erkannten den Fehler und versuchten alles, um die genetisch reine Marmorforelle zurückzubringen, was ihnen Ende des 20. Jahrhunderts gelang. In Nebenflüssen der Soča fanden sie reine Marmorforellen, die isoliert lebten und sich noch nicht mit Bachforellen gekreuzt hatten. Durch Wiederbesiedlung kehrte die reine Marmorforelle zurück und lebt nun im Fluss Soča und einigen anderen Flüssen in der Umgebung.
Die Marmorforelle (Salmo marmoratus) hat einen zylindrisch geformten langen, schlanken Körper und ein ausgeprägtes Körpermuster. Nach unten hin, vom Kopf bis zum Bauch, vermischt sich Grün mit hellem
Schwarz, wobei sich die beiden Farben auf dem Weg verflechten und ein marmorartiges Muster bilden. Daher kommzt der Populärname Marmorforelle (Salmo marmoratus). Junge Marmorforellen ernähren sich hauptsächlich von Algen und Pflanzen im Flussbett. Zudem fressen sie Insekten, und wenn sie größer werden, auch andere Fische.
»Die Landschaft ist durch das glasklare Wasser zum Greifen nah und bis ins Detail erkennbar.«
An manchen Stellen ist die Schlucht sogar so tief und eng, dass selbst zur Mittagszeit kein direktes Sonnenlicht hineinfällt. An anderen Stellen öffnet sich der Spalt dann wieder, sodass die Sonnenstrahlen die Wasseroberfläche durchdringen und die Taucher fast blind machen. Daher flosseln wir dort in den Schatten, wo sich uns das über Jahrtausende geformte Flussbett der Soča offenbart. An einigen Stellen höhlt der mächtige Strom die Kammern in den Kalksteinwänden aus, an anderen schafft er scharfe Kanten. Die Kalksteinfragmente, die sich im Laufe der Zeit von den Wänden lösten, fielen auf den Boden, wo sie durch beständiges Reiben und Schleifen schließlich zu runden Felsen wurden.
GPS-DATEN DER BESTEN TAUCH-UND SCHNORCHELSPOTS
Tauchplatz Velika Korita: 46°20‘12.05 “S 13°38‘45.66 “V Tauchplatz Kobarid: 46°14‘53.56 “S 13°35‘10.73 “V Schnorchelplatz Soča: 46°20‘14.58 “S 13°36‘38.46 “V Schnorchelplatz Canyon Ucja: 46°18‘36.54 “S 13°28‘38.58 “V
Beim Blick nach oben wird die Erhabenheit dieses Ortes sichtbar: Forellen schweben im strömenden Wasser der Soča majestätisch wie Haie in der Strömung des Ozeans. In der Ferne huscht Salmo marmoratus, die endemische Marmorforelle vorbei. Die Landschaft über Wasser ist durch die Wasseroberfläche gut zu erkennen. Auch für die Forellen. Fliegen und Käfer, die sanfte Wellen an der Wasseroberfläche verursachen, wecken ihr Interesse. Für uns wirkt die Landschaft über der Wasseroberfläche durch das bewegte Wasser wie ein leicht verschwommenes Kunstwerk.
Bei Kobarid
Obwohl die Soča bei Velika Korita flussabwärts hauptsächlich Kajakfahrer, Rafter und Fliegenfischer anzieht, gibt es auch hier einige interessante Stellen zum wilden Schnorcheln. Aber Vorsicht: Auch wenn es keine großen Wasserfälle gibt, die eine Gefahr darstellen würden, gibt es doch einige Bereiche mit sehr starker Wasserbewegung, sodass eine gute Orientierung und gutes Urteilsvermögen erforderlich sind, um hier sicher zu schnorcheln. In der Nähe der Stadt Kobarid wird das Flussbett tiefer und die Wasserströmung deutlich moderater. Unter der Napoleonbrücke auf der rechten Uferseite können Unterwassersportler ihre Ausrüstung bequem in den Fluss hinuntertragen und bis zu sechs Meter tief abtauchen. Da flussaufwärts viel los ist, ist die Sicht nicht ganz so gut. Doch das Wasser hat auch hier magische Blautöne – eben ganz so wie es sich für den Slowenischen Saphir gehört.
REISEINFO: SOČA/SLOWENIEN
ANREISE: per Auto bis Villach in Kärnten/Österreich, von dort über Wurzen- und Werschitz-Pass nach Slowenien ins Soča-Tal.
UNTERKUNFT: zum Beispiel Apartments über www.abyssadventures.com oder Unterkunft auf dem Bauernhof und Campingplatz Jelinc (www. kmetijakampjelincic.si).
WEITERE INFOS: www.soča-valley.com/de/ www. slowenia.info/de