Vorsichtige Vermieter Hunderte Bewerber Überteuerte Preise
BELIEBT 2,5 Zimmer verteilt auf 66 Quadratmeter für 446 Euro Kaltmiete – das ist laut einem Onlineportal die meistgesuchte Wohnung bei uns
Insider-Tipps vonImmobilienprofi Thomas Hellweger
Der Bayer ist seit mehr als 25 Jahren in der Branche tätig. „Bei der Wohnungssuche muss man heute vorgehen wie bei der Suche nach einem Job“
In Städten wie Berlin oder Dresden haben Vermieter leider freie Mieterwahl. Der Experte erklärt, wie Sie aus der Masse der Interessenten herausstechen
Anzeigen durchforsten, zig Wohnungen besichtigen und dabei positiv auffallen … Der Weg zum Mietvertrag kann lang und nervenaufreibend sein. „Vor allem in Ballungsräumen“, weiß Immobilienprofi und Autor Thomas Hellweger. „Hier kommen auf eine Wohnung durchschnittlich rund 300 Bewerbungen. Und das, obwohl die Mieten immer höher klettern.“ Dabei optimistisch zu bleiben, ist häufig nicht einfach. Doch genau das sollte man, denn: „Schließlich sorgt Zuversicht für eine positive Ausstrahlung, und die ist Vermietern sehr wichtig. Immerhin wollen sich diese ja ziemlich sicher sein, dass der Neu-Mieter ihr Eigentum pfleglich behandelt.“
Dass der Bewerber regelmäßige Einkünfte hat, ist für 73 Prozent der Vermieter das Wichtigste
Guter Eindruck mit Empfehlungsschreiben
Selbstvermarktung. Und so gilt es, zwischen all den Miet-Konkurrenten hervorzustechen. Wie das funktioniert? Zu allerest mit Schnelligkeit! Denn im Prinzip gilt bei der Wohnungssuche das, was auch für die berufliche Bewerbung gilt: Wer zuerst auf eine Annonce reagiert, bekommt die volle Aufmerksamkeit des Vermieters. Sind erst einmal 50 Bewerbungen eingegangen, blocken viele Wohnungsanbieter weitere Bewerbungen von vorneherein ab. „Zudem ist natürlich ein gewisses Auftreten wichtig“, weiß der Experte. „Sprich: Nur mit gutem Stil und einem freundlichen Auftreten hat man eine Chance. Das fängt schon mit dem ersten Kontakt an. Wer da lediglich ‚Wir interessieren uns für die angebotene Wohnung‘ schreibt, der wird meist aussortiert.“ Hellweger rät daher Wohnungssuchenden zu konsequentem Selbstmarketing. „Das beginnt mit einem sorgfältig aufgesetzten Anschreiben, das unter anderem beantwortet, warum man gerne in die inserierte Wohnung ziehen möchte.“ Auch ein Empfehlungsschreiben des Chefs kommt sehr gut an. Man kann auch seinen Ex-Vermieter um eine Bestätigung bitten, dass man immer pünktlich gezahlt hat und ein angenehmer, ruhiger Mieter ist. Steht in der Immobilien-Anzeige auch eine Telefonnummer, sollte man auf jeden Fall anrufen. „So vermeidet man Verzögerungen, denn die wenigsten können ihr Postfach minütlich anschauen.“ So kann man seine Bewerbung per E-Mail persönlich ankündigen und der Vermieter hat einen bereits auf dem Schirm.
Pünktlichkeit und gutes Benehmen sind Pflicht
Angenehmes Auftreten. Wurde man zum Besichtigungstermin eingeladen gilt es, auch hier alles zu geben. „Pünktlichkeit ist natürlich Grundvoraussetzung, genauso wie angemessene Kleidung.“ Experten wissen: Die ersten zehn Sekunden sind entscheidend! Deshalb sollte man sich in dieser Zeit ganz dem Vermieter widmen – nicht der Wohnung! Mit beherztem Händedruck und vollem Namen vorstellen, den Vermieter ebenfalls mit Namen ansprechen und ihm direkt in die Augen schauen. Außerdem empfiehlt der Profi, eine überzeugende Bewerbungsmappe mitzubringen. Mit Schufa-Auskunf t, Selbstauskunft, Gehaltsnachweisen etc. „Die meisten Kandidaten liefern die Unterlagen erst auf Nachfrage. Wer sie schon beim ersten Termin dabei hat, sticht aus der Masse heraus!“ Gut machen sich außerdem Fragen, die großes Interesse an der Wohnung signalisieren. „Etwa solche über die Nachbarschaft, die Heizkosten oder die nächstgelegene Bushaltestelle. Pluspunkte s amme l t man auch, wenn man da s ein oder andere Detail der Wohnung lobt, wie die Badfliesen oder das Parkett. Das schmeichelt.“ Auch clever: Den Vermieter im Vorfeld googeln! „Auf diese Weise kann man den Small Talk persönlicher gestalten – ohne allerdings Dinge zu erwähnen, die zu intim sind.“ Für den einprägsamen Auftritt gibt es außerdem noch einen Trick: Am besten möglichst den ersten oder den letzten Besichtigungstermin wählen. Auf beiden Positionen bleibt man am ehesten im Gedächtnis.
Seit 2016 erhöhten sich die Mieten in den Metropolen um rund 6 Prozent jährlich, so eine Studie
Dem Vermieter einen Mehrwert bieten
Gefälligkeiten. Am Schluss verrät Hellweger das Sahnehäubchen, das oft den Aus sch l ag gibt. „Damit meine ich, dem Wohnungseigentümer einen Mehrwert zu bieten, z. B. indem man ihm vorschlägt, seine Kinder ab und zu mit zur Schule zu nehmen, weil der eigene Nachwuchs ebenfalls dorthin geht. Oder auch mal vom Einkauf was mitzubringen. Und wer ein Handwerker ist, kann vorschlagen, kleinere Reparaturen am Haus zu übernehmen“, so Hellweger. Letztlich geht es um die Geste. „Und diese einfachen Argumente sorgen dafür, dass das Herz des Vermieters für einen schlägt.“
DIE WOHNUNGSZAHL ist deutschlandweit auf ca. 42 Mio. gewachsen. Doch in Ballungsräumen herrscht Not
BUCH-TIPP
„Der Türöffner. So bekommst du jede Wohnung.“
Thomas Hellweger, 24,95 Euro. 230 Seiten, Goldegg Verlag
Was der Vermieter fragen darf:
VERBOTEN Kinderwunsch oder Hobbys gehen den Vermieter nichts an
■Grundsätzlich müssen Mietinteressenten nur Daten angeben, die für Abschluss oder Erfüllung des Mietvertrags erforderlich sind, wie die Einkommensverhältnisse oder die Zahl der einziehenden Menschen. Unterlagen wie Gehaltsnachweise darf der Vermieter in der Regel erst verlangen, wenn er sich für einen bestimmten Bewerber entschieden hat und der Vertragsabschluss unmittelbar bevorsteht. Eine Bonitätsanfrage – etwa eine Schufa-Auskunft – sollte erst vorgelegt werden, wenn die Angaben des Mieters über seine Bonität nicht ausreichen, um sich ein Bild zu machen. Trotzdem: Bei zig Bewerbern hat man oft bessere Karten, wenn man Gehaltsnachweis & Co direkt dabei hat, auch wenn es die Vermieter eigentlich nicht zu interessierten hat.
■Keine Auskunft muss man über persönliche Vorlieben wie den Musikgeschmack, Kinderwünsche oder die Mitgliedschaft in Mietervereinen machen. Pauschale Fragen nach Religion oder Staatsangehörigkeit sind ebenfalls unzulässig. Auch die Tatsache, dass jemand vorbestraft ist oder Wohngeld erhält, geht den Vermieter nichts an. Bei unerlaubten Fragen dürfen Mietinteressenten falsche Angaben machen – nicht aber bei zulässigen! Wer hier lügt, riskiert eine Anfechtung oder Kündigung des Mietvertrags.
Fotos: AdobeStock (2), GOLDEGG Verlag, picture alliance, Jessica Kassner
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