... PFERD+SPORTSprung – den gab es als Ehrenpreis für den Gewinn in der Landesmeisterschaft.
Fotos: www.ostseefotograf.com
Inga Czwalina lebt mit ihrem Ehemann Jochen, Geschäftsführer eines weltweit agierenden Kiteboard-Unternehmens mit Sitz auf Fehmarn, und ihren drei Kindern Mikka (elf Jahre) und den Zwillingen Pelle und Julie (acht Jahre) im beschaulichen Ortsteil Klausdorf. Bruder Jürgen Rauert und Ehefrau Conni wohnen direkt gegenüber, bewirtschaften den von Vater Peter Rauert übernommenen Hof und bieten außerdem Ferienwohnungen, qualifizierten Reitunterricht mit Pferden und Ponys, ein bauernhofpädagogisches Kinderprogramm und vieles mehr. Die Eltern Peter und Karin Rauert leben auf der anderen Straßenseite, die Schwiegereltern in Burg auf Fehmarn. Alles Wichtige also dicht beisammen!
Wenige Meter neben dem stilvollen Eigenheim der Familie Czwalina – man muss nur einmal den Garten durchqueren – findet sich eine kleine, aber feine Reitanlage: die Wirkungsstätte Inga Czwalinas, 1994 erbaut. Die Stallungen beherbergen 20 helle und große Boxen, eine Reithalle grenzt direkt an, es gibt vier Außenboxen, Paddocks und einen großen Außenplatz mit Wattboden. Und es herrscht rege Betriebsamkeit als wir die Stallgasse betreten: Jack Russell Terrier Chilli begrüßt uns freudig bellend, Mitarbeiterin Maxi – ihre Frisur erstrahlt in den buntesten Regenbogenfarben – springt gerade vom Hoftrac und unterbricht das morgendliche Misten, um kurz nach ihrer wenige Wochen alten Tochter zu sehen, die in einer leeren Box in ihrem Kinderwagen warm eingemummelt selig schläft. „Das ist meine Maxi“, lacht Inga Czwalina. „Sie ist seit 15 Jahren bei mir und macht alles. Vom Anreiten bis zum Misten – sie ist ein wahres Multitalent. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie täte.“ Nur zuhause mit dem Baby zu sitzen, sei ihr zu langweilig geworden und sie sei schnell in den Stall zurückgekehrt. Sechs Turnierpferde sind bei Inga Czwalina im Moment zuhause, dazu kommen einige Einsteller und das Pony ihrer Tochter. Eine Praktikantin unterstützt sie in der Arbeit der vierbeinigen Athleten. „Früher hatte ich noch einen Bereiter und der Stall war voll, aber mit drei Kindern, die immer größer werden, habe ich das Pensum etwas reduziert“, erzählt Inga Czwalina, während sie den Holsteiner Cezanne striegelt und für das Training vorbereitet. Zahlreiche Streicheleinheiten gibt es dabei für den großgewachsenen Braunen inklusive. Sie habe ihn seit Ende siebenjährig. Nun ist er zehn und hat sie nicht nur zum Landesmeistertitel getragen, sondern auch zur Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften 2018 – „ein Erfolg, der mir besonders am Herzen liegt.“ Manchmal sei der Wallach v. Cardenio aus der Zucht von Susanne Ahme aus Malente etwas schüchtern, „aber er hat wirklich ein unbegrenztes Vermögen“, beschreibt ihn die sympathische 42-Jährige.
Fünf Czwalinas: Pelle, Inga, Mikka, Julie und Familienhund Chilli. Es fehlt Vater Jochen.
Zum weiteren Reigen der Turniersportler zählen der Holsteiner Verbandshengst Adagio de Talma, mit dem Inga Czwalina in der nächsten Saison wieder angreifen will und die Holsteiner Stute Armata v. Conway II (Lothar Steuer, Pansdorf). Mit der quirligen braunen Stute triumphierte sie ebenfalls bereits in zahlreichen Großen Preisen: „Armata hat einen beeindruckenden Kampfeswillen, sie ist im Parcours nicht zu stoppen und sehr intelligent, wenngleich ihr manchmal das letzte Vermögen fehlt.“ In einigen Jahren soll sie das Lehrpferd für Tochter Julie werden. Die drei Youngster Quister v. Quick Fire (Wiebke Bruhn, Oldenbüttel), Nina Nightingale v. Numero Uno (Lothar Steuer, Pansdorf) und die KWPN-Stute Helga komplettieren das Lot. Was macht für Inga Czwalina ein gutes Springpferd aus? „Am wichtigsten ist mir das Verständnis zwischen Pferd und Reiter. Man muss sich zusammenraufen und sich verstehen, nur dann kann man gemeinsam Erfolge erzielen. Ein gutes Springpferd muss Ehrgeiz haben. Es muss motiviert sein und über die Hindernisse wollen. Das ist mir mehr wert, als dass unbegrenztes Vermögen in ihnen steckt.“
Wie alles begann
Inga Czwalinas Familie ist in der Landwirtschaft verwurzelt, ihr Großvater setzte noch Pferde als Arbeitstiere ein. Vater Peter Rauert war in der Dressur bis Klasse M und im Springen bis zur Klasse S erfolgreich. Heute zählt er zu den anerkanntesten Ausbildern und Richtern im hohen Norden und wurde für seine Verdienste in der Holsteiner Körkommission 2016 mit der silbernen Ehrennadel des Verbandes ausgezeichnet. Und so hatte Inga Czwalina schon als junges Mädchen engen Kontakt zu Pferden – Bruder Jürgen spielte lieber Fußball, Schwester Marte gab den Reitsport nach einigen erfolgreichen Jahren auf. Ihr erstes eigenes Pony war ein Shetty, das zu Weihnachten unter dem Tannenbaum stand, schon mit neun Jahren stieg sie aufs Großpferd um und bestritt bereits als 13-Jährige ihre ersten S-Springen. Sie durchlief die gesamte Junioren- und Junge Reiter-Tour mit besten Ergebnissen, startete bei Deutschen Meisterschaften und Championaten und wurde mit anderen Nachwuchshoffnungen bei Nationenpreisen im Ausland eingesetzt. Nach dem Fachabitur ermöglichte ihr die Dieter-Hoffmann-Stiftung Trainingsaufenthalte, jeweils drei Monate verbrachte sie bei Lars Nieberg, Ludger Beerbaum und beim Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf. „Bei allen drei Stationen habe ich viel gelernt und mitgenommen“, blickt Inga Czwalina glücklich zurück. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau – „ich hatte nicht vor, beruflich etwas mit Pferden zu machen“ – gönnte sich danach eine Auszeit im Ausland: In einem Ausbildungsstall im US-amerikanischen Kalifornien trainierte sie Hengste und stellte sie anschließend in der Hengstleistungsprüfung vor. Kurz darauf ging es für drei Monate nach Namibia, wo sie ebenfalls auf einer Farm mit Pferden arbeitete. „Als ich dann zurück war, bin ich irgendwie im Reitsport hängen geblieben!“
Tochter und Vater
Von Beginn an ihrer Seite: Peter Rauert, als Trainer, als Mentor, als Berater. „Er strahlt eine unheimliche Ruhe aus, gibt diese weiter und das schafft Selbstvertrauen“, beschreibt die Profireiterin die enge Zusammenarbeit mit ihrem Vater. „Das ist auch der Grund, weshalb mich nichts so schnell aus der Ruhe bringt und ich gute Nerven habe.“ Als sie dann ihre ersten Berittpferde bekommen habe, sei sie doch etwas nervös geworden, wollte den Kunden alles recht machen. „Mein Vater riet mir: `Vertrau auf Dich und Dein Können.´“ Und so habe es dann funktioniert. Dass so ein gutes Verhältnis nicht selbstverständlich ist, wisse sie. „Als ich mit dem Reiten begonnen habe, wurden viele meiner Freunde von ihren Eltern trainiert. Mit zunehmendem Alter und Erfolg haben sich viele jedoch externe Trainer gesucht. Man will sich ja auch ein stückweit freischwimmen. Aber bei meinem Vater und mir war das nie so. Es hat immer geklappt.“ Noch heute schaue Peter Rauert regelmäßig zum Springtraining vorbei und man bespreche die Turniervorbereitungen und Planungen gemeinsam.
Die wunderschöne KWPN-Stute Helga genießt mit geschlossenen Augen die Begrüßung von Holsteiner Cezanne.
Er hat bei uns viele Rechte“ Pony Nepomuk darf auf dem Außenplatz grasen, während Inga Czwalina trainiert.
Erfolgspaar: Inga Czwalina und Cezanne
Etwas schüchtern, aber der Star im Stall: der Holsteiner Cezanne
Als Familie zusammen
Nun kehrt im Stall von Inga Czwalina etwas Ruhe ein – Zeit zum Durchatmen und Kräfte sammeln. Bei 40 sportlichen Einsätzen im Jahr nur allzu verständlich. Die nächste Saison beginnt erst wieder mit den Turnieren in Verden und Negernbötel. Jetzt steht die Familie im Vordergrund: Mikka ist begeisterter Fußballer, Pelle spielt Klavier, Julie ist genau wie die Mama und liebt es zu reiten. Über Weihnachten fährt Familie Czwalina nach Sölden in den Ski-Urlaub. Überhaupt reisen sie gerne. „Als ich das erste Mal in Namibia war, hat Afrika mich gefangen genommen. Ich liebe das Land mit seiner Weite, den Farben und der Tierwelt.“ Hier verbrachte sie mit Ehemann Jochen die Flitterwochen und auch mit den Kindern haben sie Namibia bereits zwei Mal besucht: Auf geführten Touren im Geländewagen wurde die Natur erkundet und im Dachzelt geschlafen. Die Augen von Mikka, Pelle und Julie strahlen, als sie von ihren Abenteuern in Afrika berichten, die von Mama Inga genauso!
Fotos: www.ostseefotograf.com