... Aufgüsse eignen sich auch zum Kochen. Wir wollten wissen, ob die Tees auch unbedenklich und schadstofffrei können. Dafür haben wir 50 nicht-aromatisierte Kräuterteemischungen, in Teebeuteln ebenso wie lose Ware, in verschiedenen Laboren umfangreich analysieren lassen.
Verbotenes Spritzmittel
Vor allem das besonders bedenkliche Insektizid Chlorpyrifos, das seit April 2020 in der EU nicht mehr angewendet werden darf, trübt den Teegenuss. Das von uns beauftragte Labor hat das Spritzgift in etlichen Kräuterteemischungen nachgewiesen, auch in Bio-Produkten. Chlorpyrifos steht im Verdacht, das Erbgut und die neurologische Entwicklung negativ zu beeinflussen. Wie das stark bienentoxische Mittel trotz des geltenden Verbots in die Teemischungen gelangt ist und welcher Rohstoff dafür verantwortlich ist, lässt sich im Nachhinein kaum klären. Auch, weil die Tees aus vielen verschiedenen Zutaten zusammengestellt sind.
„Pflanzengifte sind nach wie vor ein Problem. Abwarten und Tee trinken ist keine Option. Da hilft nur konsequente Qualitätssicherung – und zwar schon vor der Ernte.“
Annette Dohrmann ÖKO-TEST-Redakteurin
ZAHLEN & FAKTEN
129 Millionen Tassen Tee werden täglich in Deutschland getrunken. Das entspricht 5,7 Milliarden Litern im Jahr.
Der Pro-Kopf-Konsum lag 2019 bei 68 Litern. Davon entfielen 40 Liter auf Kräuter-und Früchtetee, 28 Liter auf Schwarz-und Grüntee.
90 Prozent der Kräuter-und Früchtetees werden im Teebeutel verkauft, der Rest lose.
Nicht-aromatisierte Mischungen machen bei Kräuter- und Früchtetees 20 Prozent des Marktes aus, bei aromatisierten Mischungen sind es 34 Prozent.
Kräuter- und Früchtetees werden aus mehr als 400 Pflanzenteilen wie Samen, Wurzeln, Blüten, Früchten, Blättern oder Rinden von rund 300 Pflanzen hergestellt.
Die meisten heimischen Teekräuter gedeihen auf Feldern in Thüringen, vor allem Kamille und Pfefferminze. Ein weiteres wichtiges deutsches Kräuteranbaugebiet ist Franken.
Quelle: Deutscher Tee & Kräutertee Verband / Tee-Report 2020
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) hält eine „allgemeine Hintergrundbelastung“ für sehr wahrscheinlich, da der Stoff, „auch wenn jetzt verboten“, seit Jahrzehnten im Einsatz sei. Pestizidexperten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart halten dagegen, dass Chlorpyrifos eher nicht zu den Wirkstoffen gehört, die sich anreichern und lange in der Umwelt verbleiben. Daher sei bei Rückständen in der Regel davon auszugehen, dass das Mittel aktiv eingesetzt wurde. Möglicherweise stammen die Pestizid-Funde aber auch aus gelagerter Rohware, die vor dem EU-Verbot geerntet wurde. Für unsere Bewertung spielt das „Woher“ und „Warum“ letztlich keine Rolle; Produkte, in denen die Rückstände des verbotenen Insektizids über dem Höchstgehalt von 0,01 mg/kg liegen, schneiden im Test mit „ungenügend“ ab. Dieser „allgemeine“ Höchstgehalt gilt seit dem Verbot für jedes Lebensmittel. Weil aber alle festgestellten Chlorpyrifosgehalte nur knapp über dem Höchstgehalt liegen, durften die betroffenen Produkte verkauft werden.
Neben Chlorpyrifos hat das Labor weitere Pestizidrückstände in den Kräutertees gefunden. Handelt es sich dabei um das besonders bedenkliche und krebsverdächtige Glyphosat, werten wir auch geringe Konzentrationen ab. Das war bei sechs konventionellen Tees im Test der Fall.
Pflanzengifte aufgebrüht
Über Geschmack lässt sich streiten. Doch bei Pflanzengiften gibt es für uns keine Diskussion. Die haben unserer Ansicht nach in Lebensmitteln nichts zu suchen. Erst recht nicht in solchen wie Kräutertees, die auch Kinder, Schwangere oder Stillende gern in größeren Mengen trinken. Dennoch wies das von uns beautragte Labor in zehn Teemischungen Pyrrolizidin alkaloide (PA) und in einem Tee Tropan alkaloide (TA) in Mengen nach, die wir als „erhöht“ bzw. „stark erhöht“ abwerten.
Beide Pflanzengifte kommen natürlicherweise in Beikräutern wie Jakobskreuzkraut oder Bilsenkraut vor, die sich damit vor Fraßfeinden schützen. Das Problem: Gelangen sie versehentlich ins Erntegut, lassen sie sich im Nachhinein nicht mehr daraus entfernen. Dabei reichen schon sehr wenige dieser Beikräuter auf oder sogar neben einem Feld aus – egal, ob es bio oder konventionell beackert wird –, um große Mengen an Rohwaren zu kontaminieren. Anders als Keime lassen sich die Alkaloide durch kochendes Wasser nicht zerstören, sondern gehen in den Tee über.
PA können – über längere Zeit in geringen Mengen verzehrt – die Leber schädigen und sind zudem potenziell krebserregend und erbgutschädigend. Dagegen sind TA akut giftig und können in größeren Mengen zu Benommenheit, Kopfschmerzen oder Übelkeit führen. Gefährdet sind vor allem Kleinkinder und Menschen mit Herzproblemen.
Den Herstellern ist das Problem mit den Pflanzengiften seit Langem bewusst. Der europäische Dachverband der Teewirtschaft (THIE) hat daher einen Leitfaden erstellt, um die Kontamination von Tee-Rohstoffen mit PA auf ein Niveau zu minimieren, das „so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“ ist. Wir orientieren uns bei der Bewertung an einem Referenzwert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der mit Blick auf mögliche Krebsrisiken als wenig bedenklich gilt. Diesen Wert haben wir hochgerechnet auf einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen und eine tägliche Menge von drei Tassen bzw. sechs Gramm Tee. Produkte, die die maximal empfohlene Tagesdosis an PA überschreiten (in unserer Tabelle „stark erhöht“), können im Test bestenfalls „mangelhaft“ abschneiden.
Ab 1. Juli 2022 gilt erstmals ein Grenzwert für die Summe bestimmter PA, den wir für diesen Test allerdings noch nicht zugrundegelegt haben. Andernfalls hätten ihn sechs der Teemischungen überschritten – am deutlichsten der Fruteg Bio Kräutertee 10 Kräuter.
INFO
Es muss kochen
Warum es wichtig ist, Kräutertee mit sprudelnd kochendem Wasser aufzubrühen
Die Rohwaren für Kräutertee stammen großenteils aus Wildsammlungen bzw. kleineren Kulturen aus verschiedenen Regionen der Welt. Um das Aroma und die empfindlichen ätherischen Öle weitgehend zu erhalten, ist es wichtig, die Blätter, Blüten und anderen Pflanzenteile schonend zu ernten und zu trocknen. Dadurch weisen die Naturprodukte jedoch eine im Vergleich zu anderen Lebensmitteln höhere Anzahl von Mikroorganismen auf. Trotz sorgfältiger Verarbeitung und Kontrollen können die Anbieter nicht ausschließen, dass sich in Einzelfällen auch unerwünschte Keime in den Tees wiederfinden. Da sie bei Temperaturen von 100 Grad sicher abgetötet werden, sollte man Kräuter- und auch Früchtetee immer mit sprudelnd kochendem Wasser aufbrühen. Bei Schwarz- und Grüntees ist das nicht unbedingt notwendig, da die ohnehin einige Verarbeitungsschritte bei c durchlaufen.
Aus aller Welt in eine Tasse
Die Rohwaren für Kräuter- und Früchtetees stammen aus der ganzen Welt. Ein Drittel wird laut Deutschem Tee & Kräutertee Verband klassisch auf Feldern angebaut, beispielsweise Pfefferminze, Melisse oder Zitronengras. Andere Pflanzenteile, darunter Lindenblüten oder Hagebutten, stammen aus Wildsammlung. Auch die Kräuterteemischungen im Test sind aus vielen verschiedenen Zutaten zusammengestellt – rekordverdächtige 49 sind es beim Produkt der Dm-Eigenmarke Mivolis.
Einige Anbieter tragen unabhängig kontrollierte Siegel wie Naturland, UTZ, Rainforest Alliance oder Fair for Life. Die leisten in den Erzeugerländern einen Beitrag für bessere Arbeitsbedingungen, faire Preise und stehen zum Teil auch für ökologisch nachhaltige Kriterien beim Anbau.
So reagierten die Hersteller
Stick Lembke hat nach eigenen Angaben die von uns untersuchte Charge seines Der Tee KamoMint präventiv aus dem Verkauf genommen und die Herstellung des Produkts eingestellt.
Gepa teilt uns mit, auch geringe Rückstandsmengen an Pestiziden nicht akzeptieren zu können. Gemeinsam mit allen Vertragspartnern werde man die Ursachen analysieren und „Maßnahmen erarbeiten, um unzulässige Verunreinigungen zu vermeiden“. Andere Produzenten betroffener Bio-Kräuterteemischungen berufen sich hingegen auf die Vorgehensweise des BNN, wonach die analysierten Pestizidrückstände unter Berücksichtigung eines berechneten Trocknungsfaktors als Spuren zu betrachten sind. Ursache seien Kreuzkontaminationen, etwa durch Verwehungen. Damit hätten ihre Tees alle Anforderungen erfüllt.
6 RECYCLING- TIPPS
für gebrauchte Teebeutel
1 Geruchskiller
Wenn Sportschuhe müffeln, nach dem Tragen einen gebrauchten, getrockneten Teebeutel – Pfefferminze oder eine andere Kräuterteesorte – hineinlegen. Hilft auch als Kühlschrank-Deo gegen unangenehme Gerüche.
2 Dünger
Alte Teebeutel entweder über Nacht ins Gießwasser hängen und dann die Pflanzen mit dem Aufguss düngen.
Oder den Inhalt der aufgebrühten Beutel direkt in die Erde einarbeiten.
3 Insektenabwehr
Teebeutel an den Stellen im Haus auslegen, an denen die unerwünschten Krabbler aufgetaucht sind. Kräuterteebeutel von Sorten mit Zitronengras, Melisse oder Lavendel helfen auch bei der Mückenabwehr.
4 Badezusatz
Kräuterteebeutel nochmals mit kochendem Wasser aufgießen, fünf Minuten ziehen lassen und den Sud anschließend ins Badewasser geben. Riecht gut, tut gut.
5 Drainageschicht
Einige getrocknete Kräuterteebeutel als Drainageschicht unten in einen Blumentopf oder Pflanzkübel legen: verhindert Staunässe und wirkt als Feuchtigkeitsdepot.
6 Schmutzlöser
Mit feuchten Teebeuteln lassen sich Fingerabdrücke auf Spiegeln oder Fenstern entfernen. Die Stellen damit abwischen und trockenreiben. Verwenden Sie plastikfreie Teebeutel und naturbelassene Sorten – möglichst in Bio-Qualität und ohne künstliche Aromen.
Quelle: smarticular.de