... der beliebtesten Schminkutensilien. Auf 60 Euro für Lippenfarbe kann eine durchschnittliche Verbraucherin pro Jahr durchaus kommen. Das mag viele Menschen überraschen, aber wer gerne zu hochpreisigen Marken wie Chanel oder Dior greift, bekommt für dieses Budget gerademal zwei Modelle.
Im Drogeriemarkt hingegen kann man schon für gut zwei Euro fündig werden. Fragt sich, wo die Unterschiede liegen. Um es kurz zu machen: Die halten sich, abgesehen von einem mehr oder weniger aufwendigen Drumherum, in Grenzen.
Lippenstifte bestehen vor allem aus Wachsen und Fetten. Diese sorgen dafür, dass die Farbe auf den Lippen haften bleibt. Die Kunst ist, eine Mischung zu erzielen, die schmilzt, wenn es gewünscht ist: nur beim Auftragen auf die Lippen und nicht schon vorher. Ist der Lippenstift aufgetragen, soll er einigermaßen fest auf den Lippen sitzen und nicht verlaufen. Hinzu kommen Parfüm, um den Rohstoffgeruch zu überdecken, und Zusatzstoffe, die die Pigmente gleichmäßig im Wachs verteilt halten oder die verhindern sollen, dass sich Öltröpfchen auf der Oberfläche bilden und der Stift unschön aussieht.
Ob billig oder teuer: Die Unterschiede halten sich in Grenzen
Das A und O bei einem Lippenstift ist natürlich die Farbe. Für den richtigen Ton und Glanzeffekte sorgen vor allem Pigmente, kleine, unlösliche Farbpartikel, die mög-lichst gleichmäßig im Stift verteilt sein müssen. Konventionelle Hersteller arbeiten dabei mit anderen Farbstoffen als die Naturkosmetikbranche. In der zertifizierten Naturkosmetik sind nur Pflanzenauszüge sowie mineralische oder Erdpigmente erlaubt. Für knallrote Lippenstifte wird häufig die Karminsäure toter Cochenilleläuse eingesetzt – nichts für Veganer, aber der einzige Weg, mit Natur leuchtende Rottöne zu erzielen. Konventionelle Hersteller setzen hingegen auf synthetisch hergestellte Farbe, die ein größeres Farbspektrum möglich macht. Die Forscher arbeiten stets an neuen Varianten. Viele wurzeln aber noch immer auf einer Erfindung aus dem Jahr 1858: Azo-Verbindungen. Bis heute leiten sich viele Lebensmittel- und Kosmetikfarbstoffe daraus ab, so das gelbe Tartrazin oder CI 17200, das krebsverdächtiges Anilin abspalten kann.
ÖKO-TEST rät
Einer für alle? Nein! Von Farbe zu Farbe einer Lippenstiftserie ändert sich die Zusammensetzung der Farbstoffe. Durchweg unproblematische Farbe gibt’s bei zertifizierten Bio-Lippenstiften. Hier geht man auch sicher, dass die Stifte auf natürlichen Fetten basieren und ohne billige Erdölprodukte auskommen.
Bei der Auswahl des richtigen Farbtons zählt nicht nur die Farbe von Haut und Haar, sondern auch der Zähne – mit dem falschen Lippenstift können sie schnell gelb- oder graustichig wirken. Hygienisches Testen funktioniert so: Lippenstiftprobe mit einem Spatel nehmen und mit einem Wattestäbchen aufbringen.
Wir wollten wissen, welche Inhaltsstoffe in aktuellen roten Lippenstiften im Einsatz sind und haben 18 Produkte eingekauft. Günstige aus dem Drogeriemarkt für knapp drei Euro, aber auch richtig teure, edle 30-Euro-Modelle.
Das Testergebnis
■Besser bio auf den Lippen! Während die Lippenstifte aus der zertifizierten Bio-Kosmetik allesamt mit „sehr gut“ abschneiden, konnten wir bei den konventionellen Herstellern bestenfalls „befriedigend“ als Note vergeben. Ihre Lippenstifte schnitten zum Großteil mit „mangelhaft“ und schlechter ab, weil hier problematische Farbpigmente, Paraffine, überflüssige UV-Filter und allergisierende Duftstoffe enthalten sind.
■Problematische Farben. Konventionelle Kosmetikhersteller setzen häufig umstrittene halogenorganische Pigmente ein. In den Modellen 530 Fatal Red von Maybelline Jade, 03 Pistil Rouge von Yves Rocher und 232 Red Impulse von Astor sorgt das gelbe Tartrazin (CI 19140) für Farbe. Gelangt es in den Körper – und das ist bei einem Lippenstift wahrscheinlich – so kann es Juckreiz und Hautausschläge auslösen. Richtig übel ist der Einsatz des Farbpigments CI 17200, das krebsverdächtiges Anilin abspalten kann. Im Chanel Rouge Allure Velvet, 38 La Fascinante war Anilin nachweisbar.
■Paraffine allgegenwärtig. Lippenstifte bestehen vor allem aus Wachsen und Fetten. In der Naturkosmetik wird ausschließlich auf Natur, etwa Candelilla-, Carnaubaund Bienenwachs sowie Rizinusöl, gesetzt. Die Lippenstifte der konventionellen Hersteller hingegen enthalten allesamt auch Paraffine, die aus Erdöl hergestellt werden, zum Teil auch Silikone. Da man die Lippenstifte nach und nach weglutscht, sind gerade die Paraffine problematisch. Sie können sich in der Leber oder den Lymphknoten anreichern. Deshalb werten wir hier streng um zwei Noten ab.
■Unschöne Konservierer. Die Stifte der Marken Artdeco, Astor und Max Factor enthalten Propylparaben, ein Konservierungsmittel, das stark umstritten ist. Es steht unter Verdacht, wie ein Hormon zu wirken, im Tierversuch zeigte es sich als fortpflanzungsgefährdend.
■UV-Filter? Überflüssig! Lippenstifte müssen nicht mit UV-Filtern ausgestattet sein. Schon gar nicht mit problematischen Vertretern wie Ethylhexyl Methoxycinnamate, der unter dem Verdacht steht, wie ein Hormon zu wirken und im Stift von Dior eingesetzt wird. Wenn’s wirklich in die Sonne geht, gibt es spezielle Fettstifte mit vernünftigem UV-Schutz. Der Astor Color Last VIP Lipstick und der L’Oréal Color Riche Intense duften mithilfe von Hydroxycitronellal, das vergleichsweise häufig Allergien verursacht.
Fett gedruckt sind Mängel.
Abkürzungen: n. u. = nicht untersucht, da sich der Parameter durch die Zusammensetzung des Produktes erübrigt.
Glossar: Erläuterungen zu den untersuchten Parametern finden Sie auf Seite 158. Anmerkungen: 1) Hydroxycitronellal deklariert, konnte im Labor aber nicht nachgewiesen werden. 2) Der Chanel Rouge Allure Velvet in der Farbe 38 La Fascinante wurde als Einzelprodukt im ÖKO-TEST-Magazin 2/2012 vorgestellt. Das Produkt war im Oktober 2012 noch erhältlich. 3) Laut Anbieter wurde das Produkt im Januar 2013 aus dem Sortiment genommen.
Legende: Produkte mit dem gleichen Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Zur Abwertung um vier Noten führt: Anilin nachgewiesen. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Paraffine; b) PEG/PEG-Derivate; c) halogenorganische Farbpigmente; d) bedenkliche UV-Filter (Ethylhexyl Methoxycinnamate). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Tartrazin (CI 19140); b) Duftstoffe, die Allergien auslösen können (Hydroxycitronellal); c) Silikone, falls nicht schon wegen Paraffinen um zwei Noten abgewertet wurde; d) bedenkliche Parabene (Propylparaben). Unter Weitere Mängel führt zur Abwertung um vier Noten: Anbieter verweigert Informationen zu den eingesetzten Farbstoffen (keine Auflösung der „+/-“-Deklaration). Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das „mangelhaft“ ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten.
Testmethoden und Anbieterverzeichnis finden Sie unter www.oekotest.de → Suchen → „M1302“ eingeben.
Einkauf der Testprodukte: Oktober 2012. Auszugsweise bereits veröffentlicht: ÖKO-TEST-Magazin 2/2012, Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben.
So haben wir getestet
Pigmente können natürlicher Herkunft sein, oft handelt es sich aber um synthetische Farbstoffe.
Der Einkauf
Die ÖKO-TEST-Einkäufer haben 18 klassisch rote Lippenstifte eingekauft. Der günstigste kostete 2,45 Euro, der teuerste 32 Euro. Sechs Modelle sind zertifizierte Naturkosmetik.
Die Inhaltsstoffe
Lippenstifte bestehen vor allem aus Hartwachsen, Fetten und Ölen. Farbstoffe – meist unlösliche Pigmente – machen rund zehn Prozent aus. Hinzu kommen UV-Filter, Konservierungsmittel und andere Zusatzstoffe. Vieles über die Zusammensetzung eines Stifts kann man der Deklaration entnehmen. Das Kleingedruckte gibt auch über die enthaltenen Farbstoffe Auskunft: das Pigment CI 17200 beispielsweise kann Anilin abspalten – wir ließen das im Labor nachmessen. Auch wenn es um die zugesetzten Duftstoffe geht, genügt uns nicht nur der Blick auf die Deklaration. Relevante Allergene und künstliche Moschus-Düfte lassen wir analysieren. Und in noch einem Fall ist eine Analyse notwendig: Wenn die Hersteller sich über die eingesetzten Pigmente ausschweigen. Dann ließen wir Fachleute prüfen, ob sich halogenorganische Farbpigmente oder allergieträchtiges Tartrazin in dem Rot verbergen.
Weitere Mängel
Lippenstifte einer Serie unterscheiden sich nur durch die zugesetzten Farbstoffe. Die Basis ist immer gleich. Deshalb dürfen Hersteller ihre Stifte mit einer einheitlichen Deklaration versehen, einer sogenannten „+/-“-Deklaration. Diese enthält alle möglichen Farbstoffe, die in einer Serie eingesetzt werden. Wer’s genau wissen möchte, muss nachfragen. Wir haben es getan. Darüber hinaus haben wir prüfen lassen, ob chlorierte Verbindungen in der Verpackung stecken.
Die Bewertung
Hersteller müssen ihrer Kundschaft eigentlich mitteilen, welche Farbstoffe und Pigmente ein Lippenstift genau enthält. Der Gesetzgeber lässt nur eine Ausrede zu: Geschäftsgeheimnis. Wir lassen das nicht gelten und ziehen Punkte ab – man sollte schon erfahren dürfen, was genau man sich auf die Lippen packt.
Schutz und Pflege der Lippen
Lipgloss
Ob das Lipgloss aus der Tube, dem Tiegel oder einem Fläschchen kommt: Hier geht es nicht um Farbe, sondern um Glanz auf den Lippen. Deshalb spielen hier vor allem die enthaltenen Perlglanzpigmente eine Rolle. Der Ölanteil beträgt bei Lipgloss bis zu 90 Prozent, was für eine fast schon honigartige Konsistenz sorgt, die nicht lange auf den Lippen haften bleibt. Dafür hilft’s, trockene Lippen geschmeidig zu halten. Richtig gut pflegen Produkte mit hochwertigen Pflanzenölen und -fetten.
Longlasting Lippenstifte
… sollen kussecht sein, keine Spuren auf Gläsern hinterlassen und lange auf den Lippen bleiben. Doch das hat seinen Preis. Die Lippenstifte enthalten Silikonöle, die nach dem Auftragen verdunsten und einen trockenen Film auf den Lippen hinterlassen. Das ist nichts für Damen, die mit trockenen Lippen zu kämpfen haben – und nichts für Anhänger von Naturkosmetik, in der Silikone tabu sind.
Lippenpflegestift mit UV-Schutz
Beim Wandern, Sport oder anderen Aktivitäten im Freien schützen spezielle Lippenpflegestifte mit UV-Schutz vor schädlichen UV-Strahlen. Viele Hersteller setzen dafür problematische UVFilter ein. Zu empfehlen waren in unserem Test nur diese beiden „sehr guten“ Produkte: der Annemarie Börlind Sun Care Lip Stick, LSF 20 sowie Sun Dance Lippen Pflege Stift Mittel, LSF 20 von Dm. Naturkosmetikhersteller bieten nur Stifte mit niedrigen Lichtschutzfaktoren unter 15 an. Vorsicht: UV-Filter können unschöne gelbe Flecken auf hellen Textilien hinterlassen, die sich nicht immer entfernen lassen.
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