► Unser Test zeigt: Auch in der Bio-Tierhaltung gibt es Luft nach oben, etwa was Enthornung und Anbindehaltung betrifft. Dennoch schneiden alle Bio-Produkte besser ab als die konventionellen. Deswegen wie so oft: Bio ist besser, aber nicht automatisch „sehr gut“.
► Bezeichnungen wie „Alpenmilch“ oder „artgerechte Tierhaltung“ und hübsche Bilder von Wiesen und Bergen auf den Verpackungen von Milch und Quark blenden nur. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben für diese Bezeichnungen.
Manchmal sind es nur ganz wenige Worte, ganz einfache Worte, die ein sehr komplexes Problem auf einen sehr einfachen Zusammenhang herunterbrechen. „Immer zu wenig“ sind solche Worte. Es ist die Antwort von einem der vielen Hundert Landwirte, die unseren Fragebogen zu den Haltungsbedingungen der Milchkühe ausgefüllt haben, auf die Frage, wie viel Geld er für den Liter Rohmilch erhält. Immer zu wenig. Mit diesen drei Worten trifft er das Grundproblem der Milchviehhaltung. „Die Landwirte haben im Moment oft mehr Kosten als Gewinne. Das kann so nicht funktionieren“, ärgert sich Thomas Blaha, Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz. Das größte Problem sei, dass die Preise für tierische Lebensmittel ausschließlich kostenorientiert seien. „Und der Landwirt, der mehr für den Tierschutz tut, ist aus ökonomischer Sicht der Verlierer – einfach weil es sich nicht rechnet“, sagt Blaha. Ähnlich wie bei einem Smartphone mache auch bei Milch und Fleisch immer derjenige mit den billigsten Preisen das Rennen: „Das ist ethisch nicht vertretbar.“ Den Preis dafür zahlen die Landwirte – und die Tiere. Denn für 32 Cent pro Liter Rohmilch – diesen Preis haben einige der Landwirte als Durchschnittspreis 2017 angegeben – kann es kein Tierwohl geben. Aber fragen wir doch andersherum: Was gibt es für 32 Cent pro Liter Rohmilch? Oder, verbrauchernäher, für 65 Cent pro Liter H-Milch, für 49 Cent pro Packung Quark? Die Antwort ist so einfach wie die auf die Frage nach den Milchpreisen: immer zu wenig.
Für 32 Cent pro Liter Rohmilch – oder, verbrauchernäher, für 49 Cent pro Packung Quark – kann es kein Tierwohl geben.
Nur stehen und liegen: Jedes fünfte Rind in Deutschland lebt in Anbindehaltung. Und nur jedes dritte darf im Sommer regelmäßig auf die Weide.
Foto: imago/imagebroker
ZU WENIG BEWEGUNG
Was das Tierwohl betrifft, ist die Anbindehaltung das wohl größte Problem in der Milchkuhhaltung. Besonders in Süddeutschland, besonders auf kleinen Höfen, leben Kühe, die jahrein, jahraus angebunden an Ketten stehen – in Boxen, die so eng sind, dass die Kühe nur stehen und liegen können. Umdrehen oder umherlaufen, Bewegung ist da nicht. „Die Anbindehaltung widerspricht allen Grundsätzen einer tiergerechten Haltung“, stellt Frigga Wirths, Fachreferentin des Deutschen Tierschutzbunds, fest. Molkereien verkaufen diese Haltung gern als „Auslaufmodell“, das in der Masse gar nicht mehr ins Gewicht falle. Kühe würden nur noch in sehr alten Ställen so gehalten. Ohnehin seien es nur sehr wenige Tiere, weil es sich doch um sehr kleine Höfe handele. Aber laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft lebt jedes fünfte Rind in Deutschland in eben diesem „Auslaufmodell“.
ZU WENIG PLATZ
Die meisten Kühe in Deutschland leben in sogenannten Boxenlaufställen. Sie können sich darin bewegen, ein Stück weit zumindest. Sie können von ihren Fressplätzen zu den Liegeplätzen laufen, auch zu den Tränken und oft direkt zur Melkanlage. Wie viel Platz sie konkret haben, liegt allein im Ermessen des Landwirts. Denn gesetzliche Vorgaben für die Besatzdichte, wie etwa für Schweine oder für Hühner, gibt es für Kühe nicht. Dabei ist der Platz ausschlaggebend für das Tierwohl: Weil Kühe untereinander strikte Hierarchien haben, müssen rangniedere Tiere ausweichen können. Auch deswegen ist es wichtig, dass auf jedes Tier ein Fress- und ein Liegeplatz kommt. Viele konventionelle Ställe sind allerdings überbelegt, sodass rangniedere Tiere zurückstecken müssen, wenn es ums Fressen oder Liegen geht.
ZU WENIG WEIDE
Nur jedes dritte Rind in Deutschland darf im Sommer regelmäßig auf die Weide, sagt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Das heißt: Die meisten der in Deutschland lebenden Kühe kommen aus ihrem Stall nur selten heraus. Dabei sind Kühe Weidetiere. „Eine reine Stallhaltung ist absolute Tierquälerei“, stellt Lisa Wittmann, Agrarwissenschaftlerin bei der Tierschutzorganisation PETA fest. Denn: Gehen, grasen, erkunden, liegen, aufreiten und gegenseitiges Belecken, auch das Hornen, also kleine Rangeleien mit anderen Tieren mit den Hörnern, sind natürliche Verhaltensweisen von Kühen. Aber Weidehaltung ist nicht effizient. Viele Tiere werden dreimal am Tag gemolken. Der Aufwand, sie dafür jedes Mal von der Weide zurückzuholen, wäre groß. Außerdem können die Tiere für die extreme Milchleistung, die sie erbringen sollen, auf der Weide gar nicht genug Energie aufnehmen. Dafür brauchen sie Kraftfutter, und das steht im Stall.
ZU WENIG HÖRNER
Was nicht passt, wird passend gemacht: Wie so oft in der Nutztierhaltung, werden nicht die Haltungsbedingungen an die Tiere angepasst, sondern die Tiere an die Haltungsbedingungen. Weil Kühe mit ihren Hörnern in den engen Ställen Menschen oder andere Tiere verletzen können, brennen die Landwirte den Kälbern während der ersten Lebenswochen die Hornanlagen aus. Das ist für die Kälber sehr schmerzhaft, weil die Hornanlagen mit Nerven durchzogen sind. „Für eine tatsächlich schmerzfreie Enthornung“müsse ein Tierarzt die Kälber lokal betäuben, fordert Wirths vom Deutschen Tierschutzbund. Aber ein Tierarzt kostet Geld. Es gibt Alternativen: die Zucht auf Hornlosigkeit oder, noch besser, die Haltung von Kühen mit Hörnern. Dafür müssen allerdings die Haltungsbedingungen an die Tiere angepasst werden, nicht andersherum. Sie brauchen „genug Platz zum gegenseitigen Ausweichen, ein ausreichendes Futterangebot und ein vertrauensvolles Verhältnis zum Menschen von Geburt an“, erklärt Wirths. Demeter macht es vor: Der Bio-Verband ist der einzige, der Enthornung nicht akzeptiert.
Keimfrei: Damit die Milchprodukte steril bleiben, werden Produktionsanlagen mit Chlorreinigern desinfiziert. Auch in Bio-Molkereien.
Foto: PeopleImages/getty images
ZU WENIG MUTTERMILCH
Trennung an Tag 1: Die meisten der Kälber, die die Milchkühe bekommen, werden ihnen am ersten Tag weggenommen. Grund dafür ist, dass die Milch allein dem Menschen vorbehalten sein soll. Die Kälber bekommen statt der Muttermilch einen sogenannten Milchaustauscher aus Molkepulver. In der freien Natur würden sie acht Monate oder länger Muttermilch saugen und ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter aufbauen. Das kostet aber Milch, ergo Geld – und deswegen ist für romantische Verklärungen dieser Art in der Milchindustrie kein Platz.
ZU WENIG LEBEN
Vegetarier müssen jetzt stark sein. Für sie ist es wohl nur eine mittelverdauliche Nachricht, dass es Milch, Käse und Quark nur deswegen gibt, weil es auch Menschen gibt, die Rindfleisch essen. Denn um Milch zu geben, muss eine Kuh Kälber gebären – und das jedes Jahr aufs Neue. Dafür wird sie dauerträchtig gehalten, mit künstlichen Befruchtungen. Deswegen bekommt sie viel mehr Kälber als der Landwirt aufziehen kann und will. Die meisten der Kälber landen nach wenigen Monaten Mast als zartes Kalbfleisch auf dem Teller. Die männlichen sowieso – mit ihnen kann die Industrie wenig anfangen, weil die Kälber von Kühen, die auf Milchhochleistung gezüchtet sind, nur schlecht Fleisch ansetzen. Aber auch von den weiblichen werden nur die robusten später zu Milchkühen.
Und selbst denen ist wenig Lebenszeit gegönnt. In der freien Natur würden sie bis zu 20 Jahre alt. Weil sie aber auf Hochleistung gezüchtet sind, viel öfter trächtig sind und viel mehr Milch geben müssen, lässt ihre Leistung früh nach. Sie werden krank oder geben weniger Milch. Dann müssen sie effizienteren Jungtieren Platz machen. So landen sie oft schon nach vier oder fünf Jahren im Schlachthaus. Und weil Milchkühe fast immer trächtig sind, sind sie es nicht selten auch dann. „Ihre ungeborenen Kinder ersticken dann im Mutterleib, während ihre Mutter getötet wird“, erklärt Wittmann von PETA.
ZU WENIG GESUNDHEIT
Eigentlich, also früher, bevor Kühe auf Hochleistung gezüchtet waren, gaben sie am Tag acht, vielleicht neun Liter Milch. Halt nicht mehr, als ihre Kälber brauchten. Heute bringen es einige wenige Kühe auf 50 Liter und mehr an einem einzigen Tag. „Die massive Qualzucht auf immer höhere Milchleistungen hat dramatische gesundheitliche Folgen“, sagt Wittmann. Unfruchtbarkeit, Stoffwechselstörungen, Euterentzündungen – die Tiere sind anfällig für Krankheiten. Die Antwort lautet in vielen Fällen nicht etwa, robustere Rassen einzusetzen oder den Tieren weniger abzuverlangen. Die Antwort lautet Antibiotika. Und zwar oft nicht erst, wenn die Kühe schon krank sind. Viele Milchbauern behandeln die Tiere standardmäßig, wenn sie etwa sechs bis acht Wochen vor der Geburt mit dem Melken aufhören. Weil die Euter in dieser Zeit des sogenannten „Trockenstellens“ besonders empfindlich sind, und die Gefahr besonders hoch ist, dass die Kühe an einer Mastitis, einer Euterentzündung, erkranken, bekommen viele Tiere vorsorglich Antibiotika.
Trennung an Tag 1: Die Kälber werden für gewöhnlich direkt nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt. Die Muttermilch soll dem Menschen vorbehalten bleiben.
Foto: venuestock/getty images
ZU WENIG BIO
Gerade einmal zwei Prozent der Milch stammen laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aus Bio-Haltung. Lohnt sich denn der tiefere Griff in den Geldbeutel? Immerhin kosten die Bi-uarks schnell das Doppelte der Discounterprodukte. Prinzipiell ja. Bio ist besser. Die Tiere haben mehr Platz, mindestens sechs Quadratmeter pro Kuh sind vorgeschrieben. Außerdem dürfen die Kühe im Sommer auf die Weide. Aber Bio ist deswegen nicht automatisch gut. Unser schärfster Kritikpunkt: Die Anbindehaltung ist in der Bio-Haltung teilweise, also im Winter, erlaubt – wenn die Kühe im Sommer auf die Weide dürfen. Im Winter hilft ihnen das wenig, wenn sie monatelang angebunden stehen und sich nicht bewegen können. Für Bio ist das schwach. Auch die Enthornung ist erlaubt und gängige Praxis – nur der Bioverband Demeter verbietet diese qualvolle Prozedur.
Wir wollten wissen, wie die Kühe gelebt haben, die Milch für die von uns eingekaufte Charge Quark geliefert haben – auch wenn es Tausende Kühe von Hunderten Höfen sind. Deswegen haben wir den Herstellern einen langen Fragebogen zur Tierhaltung geschickt. Jede ihrer Angaben sollten sie belegen. Zudem wollten wir wissen, wie es um die Qualität des Produkts steht – und ob nicht etwa unerwünschte Keime oder Rückstände von Desinfektionsmitteln ein Problem darstellen. Deswegen haben wir 19 Produkte ins Labor geschickt.
DAS GESAMTURTEIL
Qualität top, Tierwohl flop: Alle von uns untersuchten Quarkprodukte punkten, was die Inhaltsstoffe und den Geschmack angeht. Was Transparenz und Tierwohl betrifft, ist bei den meisten aber noch sehr viel Luft nach oben. Mit dem Gesamturteil „gut“ können wir deswegen nur vier Produkte empfehlen.
DAS TESTERGEBNIS TIERHALTUNG UND TRANSPARENZ
Sind wir verrückt geworden? Wir wollten wissen, wie alle Kühe gelebt haben, die Milch für die von uns eingekaufte Charge Quark geliefert haben. Jeder einzelne Hof sollte unseren Fragebogen beantworten. Das ging dem Milchindustrieverband und vielen Molkereien ziemlich gegen den Strich. Denn: Für eine einzige Charge Quark liefern teils fast 400 Höfe Rohmilch – sie alle unseren Fragebogen beantworten zu lassen, sei nicht möglich, teilten uns viele Molkereien mit. Ist unser Anspruchsdenken also verrückt? Vielleicht. Aber nicht verrückter als eine Industrie, die genau so funktioniert. Denn genau die ist ja das Problem: Die riesigen Produktionsmengen verschleiern die Herkunft der Milch bis zur Unkenntlichkeit. Wie viel Cent die einzelnen Bauern für ihre Milch bekommen haben, wie die Tiere auf welchem Hof gelebt haben, wie viel Platz sie hatten und ob sie auf die Weide durften – all diese Fragen erscheinen plötzlich gar nicht mehr relevant, weil es nicht mehr nachzuvollziehen ist. Einige Molkereien boten uns an, uns zwei oder drei Höfe auszusuchen, die wir kontrollieren könnten. Aber was wissen wir danach? Dass auf den zwei oder drei Vorzeigehöfen Kühe auf die Weide dürfen? Das reicht uns nicht. Wenn die Produktion so funktioniert, dass sie Milch von so vielen Höfen in einer einzigen Charge verarbeitet, müssen auch wir so funktionieren. Zugegeben: Auch wir hätten uns Schöneres vorstellen können, als Hunderte von Fragebögen plus Nachweise auszuwerten. Hier in der Redaktion stapeln sich die Unterlagen, Ordner neben Ordner. Aber nur so können wir wirklich sicher sein, wie die Tiere gelebt haben.
Wie viel Transparenz geht da überhaupt? 100 Prozent Transparenz hat kein Hersteller geliefert, vielleicht auch gar nicht überraschend, angesichts der riesigen Produktionsmengen. Was das Bemühen um Transparenz anging, gab es allerdings erhebliche Unterschiede. Allen voran die Andechser Molkerei: Sie hat für mehr als die Hälfte der 82 Höfe, auf denen die Kühe leben, klare Angaben zu den Haltungsbedingungen gemacht und diese auch belegt. Viel zu wenig bis gar nichts geliefert haben Edeka und Tochter Netto, Norma, Real, Schwälbchen, Hochwald Foods und Schwarzwaldmilch. Sie antworteten lediglich allgemein auf unseren Fragebogen, ohne die Landwirte selbst die Fragen beantworten zu lassen. Belegt haben sie zudem höchstens, dass die Tiere kein gentechnisch verändertes Futter bekommen haben – einige nicht einmal das.
„Das Tierschutzgesetz besagt: Tiere müssen sich artgemäß bewegen können. Von „artgemäß“ ist die Zwangs-Anbindehaltung aber weit entfernt. Eigentlich ist sie also verboten – aber, wie so oft, nur eigentlich. Die Gesetzeslage in den Ställen krankt an viel zu vielen Ausnahmeregelungen.“
Katja Tölle, ÖKO-TEST-Redakteurin, kann das Wort „eigentlich“ nicht mehr hören.
Foto: Anja Wägele
Dürfen die Kühe raus? Nur die Kühe der vier Bio-Anbieter im Test dürfen alle regelmäßig auf die Weide. Einige der konventionellen Rinder sehen in ihrem ganzen Leben nichts anderes als ihren Stall, bis es dann, nach fünf Jahren etwa, zum Schlachter geht. Noch schwerer wiegt, dass keiner der Hersteller, ob Bio oder nicht, uns glaubhaft versichert und belegt hat, dass keine der Kühe in Anbindehaltung gelebt hat. Im Winter ist diese dauerhafte Fixierung ohne jegliche Bewegungsfreiheit auch für Bio-Tiere erlaubt, wenn sie im Sommer auf die Weide dürfen.
Wie eng sind die Ställe? Kühe brauchen vor allem Platz. Trotzdem sucht man, was ein Mindestplatzangebot für Milchkühe angeht, vergebens nach gesetzlichen Vorgaben. Interessant wird es dann, wenn Hersteller dennoch auf die Frage nach dem Platzangebot mit „nach gesetzlichen Vorgaben“ antworten. Auch Schwarzwaldmilch will sich da nicht so konkret festlegen – der Hersteller spricht väterlich- versichernd von „ausreichend Platz“. Für Bio-Kühe gibt es klare Vorgaben: Für sie sind sechs Quadratmeter pro Tier vorgeschrieben. Die Bio-Bauern im Test bieten den Kühen auch mindestens einen Fress- und einen Liegeplatz an. Einige der konventionellen Ställe sind „überbelegt“, so heißt das, wenn auf eine Kuh weniger als ein Fress- und Liegeplatz kommen. Sie müssen um Futter und Ausruhen konkurrieren. Dabei haben oft die rangniederen Tiere das Nachsehen.
Dürfen die Kühe ihre Hörner behalten? Kein Hersteller im Test gab an, dass seine Kühe alle nicht enthornt wurden, ob Bio oder nicht. Das überrascht wenig, weil das Ausbrennen der Hornanlagen der Kälber in den ersten Lebenswochen trauriger Alltag im Stall ist. Das ist sogar ohne Betäubung völlig legal. Denn, wieder einmal, schreibt das Tierschutzgesetz eigentlich vor, dass schmerzhafte Eingriffe am Tier nur unter Betäubung vorgenommen werden dürfen. Eigentlich. Es gibt aber Ausnahmeregelungen, sodass kein Kalb bei dem Eingriff betäubt sein muss. Von ihrer Mutter getrennt sind die Kälber zu diesem Zeitpunkt längst. Das geschieht für gewöhnlich in den ersten Lebenstagen, oft auch direkt nach der Geburt. Nur Alnatura und Dennree teilten mit, dass zumindest einige der Tiere bis zu drei Monaten bei ihren Müttern bleiben dürfen.
Wie viel Gentechnik steckt im Futter? Alle Hersteller im Test schrieben uns, dass die Kühe kein gentechnisch verändertes Futter bekommen haben, viele werben auch damit auf ihrem Quark. Das ist erst einmal eine erfreuliche Entwicklung und eine neue noch dazu. Denn in vielen Ställen war und ist Gentechnik im Futtertrog, meist durch gentechnisch verändertes Sojaschrot aus Südamerika, absoluter Standard. Die Milchindustrie ist hier eine Art Vorreiter, im Futter von Hühnern und Schweinen etwa ist Genfutter noch verbreiteter. Acht Hersteller haben allerdings nicht nachgewiesen, dass ihre Kühe kein Genfutter bekommen haben.
Wie viele Antibiotika bekommen sie? Hochleistungskühe fordern ihren Körpern viel ab – oft zu viel. Die Folge: Sie werden krank. Das können etwa Euterentzündungen sein, Lahmheiten oder Fruchtbarkeits- und Stoffwechselstörungen. Die Konsequenz: Medikamente. Kranke Tiere müssen mit Antibiotika behandelt werden – aber wenn sie standardmäßig krank werden, weil ihnen standardmäßig zu viel abverlangt wird, oder weil die Haltungsbedingungen sie krank machen, dann krankt das System. Wir kritisieren, wenn Hersteller uns nicht nachweisen, welche Wirkstoffe sie gegen welche Krankheiten eingesetzt haben. Denn zum einen muss die Antibiotikagabe in den Ställen auf ein absolutes Minimum reduziert werden, weil sie erheblich zur Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime beiträgt. Und zum anderen muss die Verwendung sogenannter „Reserveantibiotika“ in Ställen tabu sein. Dabei handelt es sich um Medikamente, die im Englischen „last resort“ genannt werden: Reserveantibiotika bekommen Menschen, bei denen andere Antibiotika bereits nicht mehr wirken.
DAS TESTERGEBNIS INHALTSSTOFFE UND SENSORIK
Mindestens gut: An der Qualität des Endprodukts Quark haben wir fast nichts auszusetzen. Alles, was im Becher landet, ist mindestens „gut“. Bedenkliche Inhaltsstoffe haben wir nicht gefunden. Lediglich den Geschmack beanstanden wir bei einigen Marken. Darauf haben unter anderem Lagerung und Transport Einfl uss. Eine bittere Note etwa ist also nicht zwangsläufi g den Produzenten anzukreiden. Wir bewerten den Quark aber, wie er im Laden steht, darum gibt es für Sensorikfehler Abzüge.
Scharf reinigen, gut durchspülen: Damit die verwendete Milch keimfrei bleibt, müssen Produktionsanlagen und Transportbehälter regelmäßig desinfi ziert werden. Alle in unserem Test vertretenen Betriebe – auch Bio-Molkereien – setzten chlorhaltige Reinigungsmittel ein. Wir haben Trichlormethan in jedem getesteten Quark nachgewiesen. Die Mengen liegen aber im Spurenbereich.
DAS TESTERGEBNIS WEITERE MÄNGEL
Kraft los: In der Werbung stehen Kühe auf der Wiese und fressen ihre natürliche Nahrung: Gras. In der intensiven Viehhaltung kommt aber vor allem Kraft futter in den Trog. Das zeigt sich an der Fettzusammensetzung im Quark. Je mehr Grünfutter die Tiere bekommen, desto höher ist der Omega-3-Fettsäure-Anteil. Sind auf den Etiketten sattgrüne Wie sen oder weidende Kühe abgebildet, der Omega-3-Fettsäur-nteil aber niedrig, werten wir diese Augenwischerei ab.
30 Gramm – so groß ist laut Aldi Nord eine Portion des Milsani Speisequark 20 % Fett i. Tr., Aldi Süd gönnt seinen Käufern pro Portion des Milfi na Speisequark 20 % Fett i. Tr. immerhin 50 Gramm. Beides ist uns deutlich zu wenig. Satt wird davon niemand. Mit den willkürlich kleinen Portionen lassen sich Nährwertangaben prima kleinrechnen.
SO REAGIERTEN DIE HERSTELLER
DieMilchwerke Berchtesgadener Land , Hersteller des Berchtesgadener Land Topfen Halbfett und des Bio-Produkts Dennree Speise Quark 20 % Fett i. Tr., Naturland versichern, dass ihre Produktionsanlagen nur im Ausnahmefall mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln behandelt würden. Die Erzeuger seien angehalten, Melkmaschinen mit Heißwasser und Dampf zu desinfi zieren. In der Praxis sei dies aber „besonders in kleineren Betrieben häufi g nicht umsetzbar“. Spuren von chlorhaltigen Reinigungsmitteln ließen sich daher „nicht immer vollständig vermeiden“.