... Anwalts bringen. Zu Beginn hat er nichts mit Recht am Hut, bis er sich plötzlich vor Gericht selbst verteidigen muss. Da heißt es für ihn und für uns: schnell lernen. Und ehe wir uns versehen sind wir in London, um Investigationen und Verhandlungen für Mordfälle durchzuführen. Immer wieder kommt dabei die Beziehung zwischen Japan und England ins Spiel. Denn Entwicklungen rund um die Gerichtsfälle stellen das neue Bündnis zwischen den zwei Nationen immer wieder auf die Probe. In Resolve findet dann die große Weltausstellung statt, bei der unvorhergesehene Vorfälle vorprogrammiert sind. Unser tapferer Student muss sich aber nicht alleine gegen Anschuldigungen und internationale Zerreißproben stellen. Seine treue, rechtsgelehrte Assistentin Susato Mikotoba steht ihm dabei zur Seite. Während der Ermittlungen begleitet uns zudem auch Weltklasse-Detektiv Herlock Sholmes. Falls ihr euch wundert: Der Name Herlock Sholmes wurde verwendet, um das in Teilen noch gültige Copyright auf Sherlock Holmes in den U.S.A zu umgehen. Diese Schreibweise wurde auch in den Abenteuern von Arsène Lupin verwendet. Der Meisterdetektiv löst doch sicher im Nullkommanix alleine die Fälle, oder? Falsch gedacht. Der Kollege hat zwar ein gutes Auge für Details, spinnt sich aber immer wieder die abstrusesten Theorien zusammen. Hilfreich ist er nichtsdestotrotz und so geht es für uns ab ins Getümmel aus Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen.
Große Geschichten, kleine Gemeinheiten
Während der Ermittlungen untersuchen wir Tatorte, sammeln Beweise oder fragen Polizisten und Scotland Yard nach dem Tathergang. Alles Wichtige, das wir einsammeln, können wir uns in den Gerichtsunterlagen genauer ansehen. Das dürfen wir nicht vergessen, da sich versteckt auf oder in Beweisstücken weitere Hinweise und Details finden. Neu für die Ace-Attorney-Reihe ist der sogenannte Dance of Deduction, in dem wir die fehlgeleiteten Schlussfolgerungen von Herlock Sholmes Schritt für Schritt korrigieren. Oft geht es hierbei darum, genau zu beobachten, wohin die befragte Person gerade sieht. Die Angeklagten verraten sich gerne mit unvorsichtigen Blicken, was uns ungemein hilft.
Silence!
Haben wir unsere Ermittlungen abgeschlossen, geht es in den Gerichtssaal. In The Great Ace Attorney Chronicles gibt es zwar den ein oder anderen Fall ohne Gerichtsverhandlung, aber die meisten Episoden folgen der altbewährten Formel. Der erste Fall spielt noch in Japan, wodurch uns die Unterschiede der jeweiligen fiktiven Rechtssysteme, aber auch der technischen Entwicklung gezeigt werden. Wo Schwarz-Weiß-Fotos in Japan gerade das Nonplusultra sind, bekommen wir in England farbige Beweisaufnahmen vorgelegt, was Einiges erleichtert. Unser Ziel ist es, die Unschuld unserer Mandanten zu beweisen. Unser „Gegenspieler“ ist dabei der Staatsanwalt, der meist genau die gegenteilige Moti- vation hat. Im japanischen Gerichtssaal müssen wir vor allem den Richter davon überzeugen, dass der Angeklagte nichts verbrochen hat. In London kommt auch noch eine sechsköpfige Jury dazu, die aus unterschiedlichsten Personen aus den verschiedensten Lebensumständen zusammengesetzt ist. Und: Besonders sachlich argumentieren die nicht. Der eine will eigentlich nur nach Hause, der andere ist sowieso auf Blut aus und die alte Omi will einfach nur stricken. Toll, es geht ja auch nur um ein Todesurteil. Aber gut, wir werden es schon schaffen, sie durch Zeugenbefragungen auf unsere Seite zu ziehen.
Lüg’ mir ins Gesicht
Während der Befragungen nehmen wir die Personen im Zeugenstand ins Kreuzverhör und schauen, ob ihre Aussagen im Widerspruch zu Beweisen oder anderen Angaben stehen. Es kann etwa sein, dass sich jemand falsch erinnert oder geradeheraus lügt. Und wir müssen schließlich der Wahrheit auf den Grund gehen. Bevor wir das tun können, haben die Jurymitglieder aber meist schon für schuldig gestimmt. Wir müssen sie wieder umstimmen, da ansonsten der Fall beendet und unser Mandat für schuldig befunden wird. Beim ersten Mal kommt es noch als Überraschung, dass wir gerade noch so den Fall herumgerissen haben, später sind wir es schon gewohnt und es wird vorhersehbar. Dabei sagt man uns zuerst, dass das Vorgehen, die Jury zu überreden, uralt und kaum mehr in Gebrauch ist. An sich ist dieser Teil der Verhandlung aber unterhaltsam, da man Streit zwischen den Mitgliedern provozieren kann. Die Abfolge ist dabei so: Jeder in der Jury erklärt, warum er für schuldig gestimmt hat. Danach suchen wir nach Ungereimtheiten und stellen die zwei Aussagen gegenüber, die sich widersprechen. Dadurch kriegen wir die Jurymitglieder zur Einsicht und die zwei, deren Begründungen wir widerlegt haben, stimmen mit unschuldig ab. Haben wir vier Leute umgestimmt, wird die Verhandlung weitergeführt und wir können weiter für die Freiheit des Angeklagten kämpfen.
Schwan und Hut
Bei unserem Kampf für die Gerechtigkeit kommen wir aber nie um schrullige NPCs herum, die so überzeichnet sind (in beiderlei Hinsicht), dass man sie so schnell nicht wieder vergisst. Sei es die Dame mit dem Schwanenhut, auf dem ein echtes Vogelvieh lebt oder der Herr, der der Mann im Mond sein könnte. An der Stelle unterstützt das Charakterdesign das Writing herrlich, aber auch sonst sieht das Spiel einfach gut aus. Der Stil knüpft an die Vorgänger an, setzt aber gerade bei Hintergründen und den Animationen einen drauf, auch im Vergleich zu den ursprünglichen Ace-Attorney-Spielen. Wer die letzten zwei Abenteuer der Hauptreihe oder das Crossover mit Professor Layton gespielt hat, weiß in etwa, was ihn erwartet, jedoch schöner.
Auch mal zurücklehnen
Einige der Fälle sind vergleichsweise einfach, vor allem, wenn man sich andere Ace-Attorney- Spiele ansieht. Gerade am Anfang des ersten Teils, in Adventure, nimmt man uns stark an die Hand. Ab und zu reden die NPCs auch um den heißen Brei und wir warten nur darauf, endlich beweisen zu dürfen, warum etwas nicht so gewesen sein kann, wie von der Gegenseite behauptet. Im späteren Spielverlauf bessert sich das aber erfreulicherweise. Während manche Fälle also eher leicht sind, bleiben wir an anderen Stellen trotzdem stecken. Denn bei einigen Zeugenaussagen finden sich keine Widersprüche, die tun sich aber auf einmal auf, wenn man auf Knopfdruck nachbohrt. Das ist oft, aber nicht immer intuitiv erkennbar, sodass viel herumversucht werden muss. Da müssen wir also durch, aber das kennen wir ja aus bisherigen Teilen der Reihe schon. Falls wir gar nicht weiterkommen, gibt es jetzt auch den Story-Modus, den wir aktivieren können. Da erledigt das Spiel für uns die ganze Arbeit, inklusive aller Rätsel, und wir können uns zurücklehnen. Als Knobel-Freund macht man das aber natürlich nur dann, wenn es wirklich nicht mehr anders geht, und das dürfte eher selten vorkommen.
Hold it!
The Great Ace Attorney Chronicles bringt mit der Jury und dem Ermittlungstanz von Herlock Sholmes schöne neue Elemente mit. Sonst gibt es wenig frischen Wind, aber den braucht die Reihe auch nicht unbedingt. Die Ace-Attorney-Serie hat ihre bewährten Stärken und spielt sie auch in Chronicles aus. Zwar ist nicht jeder Fall gleich gut, das Gesamtpaket ist aber wirklich gelungen. Die Charaktere sind schräg wie eh und je und verzaubern uns mit ihrem abstrusen Charme. Für die Spiele sind aber gute Englischkenntnisse notwendig, denn deutsche Texte gibt es nicht und die wenigen Zwischensequenzen sind auf Englisch vertont, ebenso die bekannten Ausrufe wie „Objection“ und „Hold it!“. Fans der Reihe kommen um den neuen Teil definitiv nicht herum und auch Visual-Novel-Liebhaber werden viel Freude mit The Great Ace Attorney Chronicles haben.
Monika Himmelsbach & Lukas Schmid