... schäme mich mittlerweile fürchterlich. Dabei schien es mir vor einigen Jahren, als ich in dieses „Geschäft“ einstieg, eine gute Lösung zu sein. Ich hatte von heute auf morgen meinen Job als Sekretärin verloren. Panik und Existenzängste überfielen mich. Dann las ich zufällig einen Artikel über Agenturen, die Männern für Auslandsreisen oder andere Geschäftstermine Begleiterinnen vermittelten. Schick ausgehen, eingeladen werden – und dafür endlich wieder Geld bekommen. Wieso nicht? Ich war Single. Ich mochte Männer – und ja, ich hatte gerne Spaß im Bett. Mir wurde schnell klar, dass die Erfüllung sexueller Bedürfnisse der „wahre“ Grund für viele Männer war, ein Callgirl wie mich zu engagieren. Anfangs störte es mich auch nicht.
Im Gegenteil. Ich verdiente so viel wie noch nie. Und hatte außerdem stets das Glück, angenehme Kunden zu haben. Von anderen Frauen kenne ich jedoch ganz andere schlimme Geschichten…
Ich will dieses Doppelleben nicht mehr führen. Freunde und Familie denken, ich sei ab und zu abends oder am Wochenende als Sekretärin eingebunden. Und niemand weiß, wie einsam ich wirklich bin! Dabei sehne ich mich so nach einem neuen Partner.
INFOS zum Thema
Am 1. Januar 2002 trat in Deutschland das „Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“ in Kraft. Grundsätzlich ist die Prostitution seitdem als legale Erwerbstätigkeit anerkannt. Geldnot gilt als einer der Hauptgründe, warum sich Frauen für diesen Weg entscheiden. Das Bundesfamilienministerium geht davon aus, dass in Deutschland jeden Tag über eine Million Männer für Sex zahlen.
Experten-Rat: Sie sollten auch Ihre Seele schützen
Tatjana scheint sich mittlerweile für das zu schämen, was sie ist und was sie tut. Aber das ist eine falsche Sichtweise. Dass Tatjana aus ihrer „Rolle“, die sie im Laufe der Zeit eingenommen hat, wieder ausbrechen möchte, ist nachvollziehbar. Und das sollte Tatjana tun! Vielleicht hat sie erst im Laufe der Zeit erkannt, dass ihr das Betätigungsfeld nicht gut tut. Denn nicht nur den Körper muss man schützen, sondern auch die Seele und das Herz. Eines unserer menschlichen Grundbedürfnisse ist, uneingeschränkte Liebe und Zuneigung zu erfahren. Dass Tatjana eine feste Partnerschaft nun nicht mit Ihrem bisherigen Leben vereinbaren will – oder kann, scheint fast eine logische und sehr gesunde Konsequenz. Und auch wenn sie tiefe Schuldgefühle plagen – sollte sie das Gespräch mit ihrer Familie oder einer guten Freundin suchen. Sich die Sorgen von der Seele zu sprechen, kann helfen.
Fotos: iStock, Thinkstock (6)