DR. MED. VET. INKA KRELING-BOYSEN leitet seit sieben Jahre ihre eigene, mobile tierärztliche Praxis für Pferde in Ingelheim. Sie blickt auf 13 Jahre als Gesellschafterin in der tierärztlichen Klinik „Binger Wald“ zurück. Ihre Kernkompetenzen liegen unter anderem im Bereich der inneren Medizin und bei Erkrankungen der Haut inklusive Sarkoidbehandlung.
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WIE?
Sonnenlicht besteht unter anderem aus kurzwelliger UV-Strahlung. Bei intensiver Sonneneinstrahlung kann diese UV-Strahlung zunächst die oberen Hautzellen schädigen und eine akute Entzündungsreaktion auslösen. Die tieferen Schichten können ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden: Die darin befindlichen Blutgefäße weiten sich, wodurch die typische Rötung des Sonnenbrands entsteht. Die Intensität der Strahlung ist von verschiedenen Faktoren abhängig, so ist sie beispielsweise im Sommer stärker als im Winter, zur Mittagszeit intensiver als am Vormittag. Ist das Pferd der Sonne lange ohne ausreichenden Schutz ausgesetzt, kann es einen Sonnenbrand bekommen.
WER?
Ähnlich wie beim Menschen besteht hauptsächlich bei Pferden mit heller, schwach pigmentierter Haut die Gefahr eines Sonnenbrands. Viele Pferdebesitzer denken irrtümlich, dass ihre Tiere aufgrund des Fells keinen Sonnenbrand bekommen können – weit gefehlt. „Pferde mit weißen Abzeichen am Kopf mit darunter liegender unpigmentierter Haut sind besonders gefährdet. Wenn dann wenig oder gar nicht behaarte Bereiche und unpigmentierte Haut zusammentreffen, so sind diese Stellen besonders gefährdet“, erklärt die Tierärztin Dr. Inka Kreling-Boysen. Am häufigsten tritt Sonnenbrand an der empfindlichen rosafarbenen Maul- und Nüsterpartie auf. Auch sind einige Rassen, wie beispielsweise der Cremello, oder Pferde mit großflächigen, hellen Hautpartien, wie beispielsweise Schecken, eher betroffen, da schwach pigmentierte Haut gegenüber Sonneneinstrahlung empfindlicher ist. Die Farbe des Fells ist nicht zwangsläufig ausschlaggebend für die Neigung zu Sonnenbrand: Viele Schimmel haben stark pigmentierte, nahezu schwarze Haut und sind somit weniger gefährdet.
WAS?
Allzu häufig werden die ersten Anzeichen eines Sonnenbrandes nicht erkannt, da die Rötungen teilweise vom Fell verdeckt werden. Oft verspürt das Pferd durch den Sonnenbrand auch einen extremen Juckreiz, wodurch wiederum Kratzer durchs Scheuern entstehen können – diese werden allerdings meist nicht mit einem Sonnenbrand in Verbindung gebracht. Dr. Inka Kreling-Boysen erklärt, worauf Pferdebesitzer im Sommer achten sollten: „Bei einem Sonnenbrand treten Hautrötungen oder Schwellungen auf. Außerdem sind die betroffenen Bereiche schmerzempfindlich und häufig vermehrt warm.“ Bei stärkerem Sonnenbrand können sich kleine oder auch größere mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen bilden. Bei starker Schädigung der Haut kann diese außerdem absterben und es können sich nässende Wunden bilden, bei denen eine erhöhte Infektionsgefahr besteht.
VORBEUGUNG
„Generell sollte ein Sonnenbrand möglichst vermieden werden, da wiederkehrende Verbrennungen zu chronischen Hautveränderungen führen können. Neigt ein Pferd zu Sonnenbrand oder besteht eine sehr starke Sonneneinstrahlung, sollte das Pferd eher nachts auf die Wiese und tagsüber in die Box gestellt werden“, rät Dr. Inka Kreling-Boysen. Steht das Pferd tagsüber auf der Wiese, dem Paddock oder in einem Offenstall, müssen ausreichend Schattenplätze vorhanden sein – entweder durch Bäume oder einen Unterstand. Außerdem können Fliegenmasken, Netze für den Nüsternbereich oder spezielle Fliegendecken mit UV-Schutz verwendet werden. Auch können empfindliche Stellen mit herkömmlicher, wasserfester Sonnencreme mit möglichst hohen Lichtschutzfaktor geschützt werden: Bitte unbedingt unparfümierte, konservierungsmittelfreie Mittel verwenden.
BEHANDLUNG
Bei einem Sonnenbrand herrscht Handlungsbedarf: Das Pferd sollte direkt aus der Sonne geholt werden und eine entzündungshemmende und heilungsfördernde Salbe – beispielsweise eine Zink- und Heilsalbe – sollte auf eine leichte Form des Sonnenbrands aufgetragen werden. In manchen Fällen kann auch ein kühlendes Tuch Linderung verschaffen. Keineswegs sollten handelsübliche Aftersun-Produkte verwendet werden. Diese können der bereits gereizten Haut zusätzlichen Schaden zufügen. Treten bereits Blasen oder nässende Wunden auf, sollte ein Tierarzt zu Rate gezogen werden, um das Pferd medikamentös zu behandeln, da bei schwerwiegenden Verbrennung auch Entzündungen und Fieber auftreten können. „In schweren Fällen kommen zur Schmerzlinderung Entzündungshemmer zur Anwendung. Falls sich die Wunden sekundär bakteriell infiziert haben, können auch Antibiotika zum Einsatz kommen“, so die Tierärztin.
VERWECHSLUNGSGEFAHR
Sonnenbrand wird aufgrund ähnlicher Symptome manchmal mit der sogenannten Fotosensibilität verwechselt. Sonnenbrand entsteht allerdings primär durch Sonneneinstrahlung, wohingegen bei der Fotosensibilität aufgrund fotodynamischer Substanzen in der Haut eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber der Sonneneinstrahlung entsteht. „Bei der Fotosensibilität kommen drei Faktoren zusammen: eine fotodynamische Substanz in der Haut, Ausgesetztsein von Sonne und Absorption von ultraviolettem Licht über die Haut“, erklärt Dr. Inka Kreling-Boysen. Unter anderem können verschiedenen Medikamente oder Pflanzen wie beispielsweise Johanniskraut oder Buchweizen fotosensibilisierend wirken.