... nicht in Käfigen, sondern sind in mehrere Gruppen aufgeteilt und leben in zwei ehemaligen Mast-Schweineställen, die der Landwirt mit seiner Frau Silke 2016 gekauft hat. Das Besondere: Der Geflügelhalter hat in diese beiden Ställe nochmals 850 000 Euro investiert und sie so umgebaut, dass seine Hühnerhaltung der Premiumstufe des Tierschutzlabels „Für Mehr Tierschutz“ entspricht.
Der Deutsche Tierschutzbund hat dieses Label schon vor ein paar Jahren entwickelt, damit Käufer auf einen Blick erkennen können, dass sie Wurst, Fleisch, Milch und Eier von Tieren kaufen, deren Haltung Standards zugrunde liegen, die für die Tiere einen wirklichen Mehrwert an Tierschutz gewährleisten. „Wir wollten eine Produktionsweise schaffen, die auch vom Endverbraucher akzeptiert wird“, betont Elfried Rieken. Für seine Hennen bedeutet dies, dass in den beiden Ställen so viel Platz ist, dass sogar 17 000 Tiere gehalten werden dürften. Hinzu kommen drei Hektar Auslauf pro Stall, jede Henne kann also rein rechnerisch rund vier Quadratmeter für sich beanspruchen. Und damit sie vor Angriffen von Habichten oder Mäusebussarden geschützt sind, lässt der Landwirt sechs Hochlandrinder auf der Wiese weiden.
Bei schlechten Wetter können die Tiere ein Sandbad im Wintergarten nehmen oder im Stall die Picksteine und Heuballen nutzen, die Elfried Rieken zu ihrer Beschäftigung aufgestellt hat. „Meine Hennen sollen erst gar nicht auf die Idee kommen, sich gegenseitig in die Federn zu picken“, sagt Rieken.
Für seine tierschutzgerecht umgebauten Stallanlagen wurde er vergangenen Oktober auf der EuroTier in Hannover „als Betrieb mit Vorbildcharakter“ ausgezeichnet. Geflügelhalter Rieken ist kein Bio-, sondern ein konventionell wirtschaftender Landwirt. Die Premiumstufe des Tierschutzlabels ermöglicht es ihm, seine Eier regional zu guten Preisen zu vermarkten: „Wir bekommen pro Ei zwölf Cent“, sagt er gegenübernatur und legt seine Kalkulation offen. „Das ist ein Preis zwischen konventioneller Freiland- und Biohaltung. Damit kommen wir gut über die Runden.“ Bei einer Legeleistung von 280 Eiern pro Henne, kommt er damit auf rund 460 000 Euro im Jahr. Letztlich haben damit nicht nur seine Tiere, sondern auch seine Kunden und er selbst etwas von der tierschutzgerechten Produktion.
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung“, heißt es in Artikel 20a des Deutschen Grundgesetzes. Tierschutz ist damit Staatsziel. Dennoch gehört Rieken eher noch zu den Ausnahmen unter den hiesigen Tierhaltern. Anbindehaltung bei Milchkühen und Spaltenböden bei Rindern und Schweinen sind nur einige Stichworte, die wenig mit Tierschutz zu tun haben.
Eine Kennzeichnung für alle
Damit es den Tieren so gut geht wie bei Landwirt Rieken, streitet der Deutsche Tierschutzbund seit Jahrzehnten dafür, dass sich die Rahmenbedingungen in der hiesigen Landwirtschaft spürbar verbessern. Schon 1988 hat der Verband gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Bundeskongress entwicklungspolitischer Gruppen (Buko) und der Verbraucher-Initiative den Neuland-Verein gegründet, um eine tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung zu fördern.
Das Label des Deutschen Tierschutzbundes gibt es in zwei Stufen. Das soll eine schrittweise Verbesserung der Betriebe fördern
„Das Bundeslandwirtschaftsministerium und die Bundesregierung haben in dieser Hinsicht vollkommen versagt“, kritisiert Brigitte Rusche, die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbunds. „Seit Langem fordern wir die Einführung einer Tierschutzkennzeichnung, die verlässlich und transparent für mehr Tierschutz steht – die gibt es bislang weder in der EU noch in Deutschland.“ (siehe Interview S. 25)
Weil der Gesetzgeber bislang keine Vorgaben in Sachen Tierschutz gemacht hat, ist der Deutsche Tierschutzbund selbst aktiv geworden und hat für Mastschweine, Milchkühe, Legehennen und Masthühner anspruchsvolle Richtlinien entwickelt, die seinen Ansprüchen genügen. Seit 2013 gibt es Produkte mit dem Label „Für Mehr Tierschutz“ im Handel, zum einen in einer „Einstiegsstufe“, die es den Tierhaltern ermöglichen soll, schrittweise für mehr Tierschutz in ihren Ställen zu sorgen, und schließlich in einer „Premiumstufe“, die letztlich für alle Tiere in Deutschland angestrebt wird.
Die Bio-Verbände haben bei der Entwicklung des Labels nicht mit dem Deutschen Tierschutzbund zusammen gearbeitet, obwohl auch bei ihnen in Sachen Tierschutz längst nicht alles Gold ist, was glänzt. „Wir hoffen, dass da noch nicht das letzte Wort gesprochen ist“, sagt BUND-Chef Hubert Weiger, dessen Verband sich über die Entwicklung an Neuland schon seit langem für mehr Tierschutz engagiert.
Verschiedene Einzelhändler und Handelsketten führen inzwischen schon verschiedene Produkte mit dem Tierschutz-Label. Allerdings liegt der Marktanteil noch unter zwei Prozent; es ist also Luft nach oben. Um den Tierschutz weiter voranzubringen, sollten Kunden gezielt danach fragen. Unser Übersichtskasten zeigt, bei welchen Händlern es Produkte mit dem Tierschutzlabel gibt.
Die Händler
Folgende Ketten führen Produkte mit dem Tierschutz-Label: Aldi Nord, Aldi Süd, E-Center, Edeka Minden Hannover, Edeka Nord, Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen, Edeka Rhein-Ruhr, Edeka Südbayern, Edeka Südwest, famila, Globus, Hit, Kaufland, Konsum Leipzig, Lidl, Marktkauf, Netto, Norma, Penny, real, Rewe, Rewe-Karstadt Feinkost, Scheck-In-Märkte.
Fotos: Deutscher Tierschutzbund e. V. (2)
Fotos: Deutscher Tierschutzbund e.V., ALDI