SCHNELL, WER IST NOCH EINEN TICK BERÜHMTER ALS CARA DELEVINGNE? Na klar, ihre Augenbrauen! Zwei dichte, dunkle Blockstreifen in einem zarten Gesicht, das je nach Stimmung von Elfe zu Kobold changiert. Über Nacht wurden sie zu Caras Alleinstellungsmerkmal (so heißt das in der Branche) und prägten, vermutlich zum Leidwesen vieler Augenbrauenzupfer- Fabrikanten, das Beauty-Ideal der letzten zehn Jahre. Karl Lagerfeld, dessen Muse und enge Freundin die Britin war, sagte einmal, um ein Star zu werden, müsse man ein Gesicht haben, das so einen großen Wiedererkennungseffekt besitzt, dass es sich mit drei Bleistiftstrichen skizzieren lässt. Vollreffer! Als GRAZIA Cara in einem Pariser Luxushotel trifft, ist es allerdings ihre Stimme, die verrät, wo sie sich aufhält – ganz am Ende des Flurs, in einer eleganten Suite, durch die sie barfuß wie ein Derwisch tanzt und dabei laut singt. Einer Punk-Ballerina gleich wirbelt sie um den Tisch herum, auf dem die neue Lippenstift-Kollektion „Dior Addict Stellar Shine“ aufgebaut ist. Warum sie bei der aktuellen Dior-Werbekampagne mit dabei ist? Da muss die 26-Jährige nicht lange überlegen: „Weil wir zeigen, dass Lippenstift nicht nur für die Momente gemacht ist, in denen wir schön sein möchten, sondern auch für die, in denen wir uns mutig und stark fühlen wollen!“
Typisch Cara, dürften jetzt viele denken. Zu Recht. Denn tatsächlich ist sie weit und breit das einzige Model, dem man so einen Satz abnimmt. Wenn eine seit Beginn ihrer Karriere im Modelbusiness immer wieder gegen Weiblichkeitsklischees rebelliert und die Erwartungen ihrer Kunden und Fans brüskiert (was aber die meisten richtig gut finden!), dann Cara. Was zum einen daran liegt, dass sie weiß, wie schnell in ihrem Business das schöne Gesicht von gestern langweilt.
ZUNGE RAUS Was Mick Jagger und Einstein konnten, hat sie erst recht drauf
CARAS CLIQUE Zoë Kravitz, Margot Robbie und Alice Dellal (von links)
HEISS UND INNIG Cara und Schauspielerin Ashley Benson
Und zum anderen, weil es in ihren Genen fest verankert ist. Sich verbiegen, um anderen zu gefallen? Nicht mit der jungen Frau, die sich zum Beispiel in Sachen Beziehung nur so weit festlegt, dass sie sich nicht festlegen will. „Wenn ich mich in einen Kerl verliebe“, sagte sie kürzlich, „bin ich eher unterwürfig. Bei einer Frau übernehme ich den dominanten Part.“ Zurzeit ist sie – nach Popsängerin St. Vincent und Filmstar Jack O’Connell – mit Ashley Benson zusammen, einer Schauspielerin. Wundert uns ja nicht, wen sie als ihr großes Vorbild nennt: Angelina Jolie. „Eine Frau, die unfassbar sexy ist“, sagt sie zu GRAZIA, „aber dabei viele Eigenschaften besitzt, die normalerweise Männern zugesprochen werden.“ Was sie am meisten an Jolie bewundert? „Sie entschuldigt sich für nichts!“ Könnte man auch über Cara Delevingne sagen. Die sich übrigens nicht einreden lässt, man könne Karrieren immer nur schön eine nach der anderen haben. „Warum sollte ich mich für einen Weg entscheiden, mich in eine Schublade sperren lassen? Immer dieser Zwang, sich zu definieren! Ich will mich nicht mit nur einer Sache zufriedengeben. Ich hab nun mal eine kreative Ader, und dass ich gleichzeitig schauspielen und weiter in der Mode aktiv sein kann, ist doch das größte Glück der Welt, oder nicht?“
Richtig, Cara. Und wir sind froh, dass es eine wie dich gibt. Eine, die im Interview sagt: „Man hat uns beigebracht, dass wir uns hinten anstellen sollen.“ Und ihre Mission (okay, ein großes Wort) so auf den Punkt bringt: „Ich will Frauen selbstbewusster machen.“ Auch indem sie mit eigenem Beispiel vorangeht. Etwa, als sie sich den Kopf rasierte. Ein Schock für viele, aber sie sagt: „Klar hab ich mich noch voll feminin gefühlt. Und vor allem: Ich war immer noch ich selbst! Ich hatte einfach nur keine Haare mehr auf dem Kopf.“ Heute mag sie Rosa und schöne Kleider – weil SIE entscheidet, was sie trägt. „Als Kind hab ich gegen die rosa Kleidchen rebelliert, die unsere Mutter für mich und meine zwei Schwestern kaufte – weil wir sie tragen mussten!“
Während ihre Filmkarriere so richtig Fahrt aufnimmt – dieses Jahr kommt das Rockdrama „Her Smell“ (mit Elisabeth Moss) ins Kino und startet die Amazon-Serie „Carnival Row“ (mit Orlando Bloom) –, ist Cara Delevingne, so scheint es, wunschlos glücklich. Okay, zwei Dinge fehlen ihr dann doch: ein Zauberstab, mit dem „ich mich von Stadt zu Stadt beamen kann“, damit sie nie wieder in ein Flugzeug steigen muss. Und? „Mehr Akzeptanz auf der Welt!“
FOTO: JEAN-BAPTISTE MONDINO FOR PARFUMS CHRISTIAN DIOR; MAKEUP: PETER PHILIPS; STYLING: MARIEL HAENN; HAIR: BEN SKERVIN; MANICURE: AMA QUASHIE; SET DESIGN: ANDY HILLMAN; MAKE-UP CREDITS: DIOR ADDICT STELLAR SHINE – 976 BE DIOR; GETTY IMAGES, INSTAGRAM@SWEETBABYJAMIE, @CARADELEVINGNE, PR