... Finger auf den Fischzähler, den er sich letzte Woche erst angeschafft hat. Wieder geht der Blick nach Backbord, dann nach Steuerbord und zuletzt ins Heck. Acht von 12 Ruten sind krumm! Jetzt eine neunte! Kurz darauf werden die Gaffhaken außenbords gehalten und auch bei dieser Drift gibt es wieder Gewissheit: Die Seehechte sind immer noch da und beißen! Gespannt zählt Birger weiter die gelandeten Seehechte: „199, 200!“ Er ballt die Faust – greift zum Funkgerät: „Per, jetzt haben wir Dich! 200 Seehechte gelandet und sogar noch weitere im Drill!“ Kurze Stille am anderen Ende der Funke, dann das dänische Petri Heil: „Knaeg og Braek, Birger!“ Per konnte gestern „nur“ exakt 200 Fische landen, diese unglaubliche Marke zu knacken, war heute Birgers großer Ehrgeiz.
VORFACH: DAS RICHTIGE VORFACH
Das Seehecht-Rig besteht meist aus einem einfach gehaltenen Naturködervorfach. Unser Autor bevorzugt ein System aus einem kleinen Drilling plus Einzelhaken als Köderhalter. Neben dem frischen, schlanken Makrelenfetzen lockt an einem Seitenarm zusätzlich noch ein Flasher (Blinklicht, welches bei Wasserkontakt mit dem „Blitzen“ anfängt), am zweiten Seitenarm ein großes Spinnerblatt. Gewicht: 300-Gramm-Blei.
Die Systeme werden bei Felix Schwarte sogar in Handarbeit gebaut und über seinen Onlineshop verkauft.
www.s-w-ausruestung.de
Einfache Seehechtmontage. Unser Autor bevorzugt die Kombi aus Einzelhaken und Drilling, Spinnerblättern und Flashern.
Duell um Seehecht
Per, der Skipper der MS Bodil und Birger, Skipper auf der MS Muddi, liefern sich seit einigen Tagen ein packendes Duell auf der Nordsee: Wer hat die Nase vorn beim Seehecht!
Momentan beißen die schnittigen Räuber wie verrückt. Das ideale Fanggebiet ist gefunden und vor allem das Wetter spielt mit. Und so erleben die beiden mit ihren Gästen an Bord ein unglaublich erfolgreiches Angeln unweit des Hafens Thyborøn auf der Nordsee.
Am Ende des Tages bleibt Birgers Fischzähler bei 219 Seehechten stehen, darunter einige kapitale Exemplare über der magischen 10-Kilo-Grenze! Und das bei nur 12 Anglern. Die Angler sind mehr als zufrieden und verstauen ihr Gerät, bevor der Fisch nun filetiert wird.
Einer der Kutter, die M/S Bodil, auf Fischzug.
»Jedes Jahr im Sommer wiederholt sich der Seehechtrausch.«
So geht’s aufs Meer
Um zwei Uhr morgens hatte der Kutter heute abgelegt, um pünktlich mit dem Morgengrauen am Fangplatz zu sein, einem sogar relativ überschaubaren Stück Steingrund, exponiert gelegen auf der ansonsten glatten Sandwüste der Nordsee. Da die MS Muddi heute erst um 22 Uhr wieder anlegen wird, ist viel Angelzeit programmiert. Hätten die Seehechte nicht gebissen, wäre sogar noch Zeit gewesen, um das eine oder andere Wrack auf Dorschsuche abzuklappern. Aber zum Glück klappt nicht nur das Köderfischangeln in den ersten zwei Driften (frische Makrelen sind perfekt hierfür), sondern auch die Seehechte sind in Beißlaune. Die Durchschnittsgröße der Fische liegt bei ungefähr 80 Zentimeter, der größte Fisch der vergangenen Tage brachte sogar 13 Kilo bei rund 1,15 Meter auf die Waage und stellt aktuell den neuen dänischen Rekord da. Zwischendurch wird sich mit einem Brötchen und einer Tasse Kaffee gestärkt. Für den späten Nachmittag hat Birger sogar einen leckeren Eintopf gekocht, während sein Crewmitglied bereits die Fische für die Angler filetiert, die sich ein sauberes Filet nicht zutrauen. So geht alles Hand in Hand und auch Verhedderungen der Vorfächer werden kameradschaftlich an Bord gelöst, beim Gaffen geholfen oder der Auslöser am Fotoapparat betätigt.
GERÄT: DAS RICHTIGE GERÄT
Rute : sensible Bootsrute mit 200 bis 250 cm Länge und 20-30 lbs Testkurve.
Rolle : hoch übersetzte Multirolle. Schnur: geflochten mit 25 Kilo Tragkraft.
Weitere Ausrüstung: Makrelenvorfächer, Bänder, um Kühlbox, Pilkereimer und Angeltasche an Bord festzubinden, Zange, Totschläger, (Filetier-)Messer und -Handschuh.
Schlafen kann man in einer einfachen Koje unter Deck, hier empfiehlt es sich einen Schlafsack mitzunehmen. Außerdem: warme, wasserdichte Kleidung, reichlich Gefrierbeutel für die Filets, ein paar Müsliriegel und eine große Flasche Wasser runden die Packliste ab.
Tipp des Autors : Bei Tourbuchung unbedingt auch das Verpflegungspaket mitbestellen! Getränke wie Kaffee und Cola und ein reichhaltiges Frühstück sowie warmes Abendessen sind dann für einen fairen Preis von rund 25 Euro am Tag mit dabei.
Damit die weichmäuligen Seehechte nicht so leicht ausschlitzen, sind weichere Ruten Pflicht.
Uupps! Vogel-Attacke auf der Nordsee!
Jedes Jahr im Sommer wiederholt sich der Seehechtrausch vor der dänischen Nordseeküste. Doch im Jahr des Supersommers 2018 klappte es dann wirklich besonders gut. Die Fische kommen zum Fressen und Laichen in küstennähere Gebiete. Diese befinden sich zum Glück unweit Thyboroens. Der dänische Fischereihafen liegt nur rund 450 Kilometer von Hamburg entfernt.
TIPP »Keine Seehechte da?«
Wenn sich keine Seehechte blicken lassen, verlassen die Skipper den Steingrund und steuern Wracks an. Dorsche sind hier die Hauptfische, die mit Pilkern (300 bis 500 Gramm) und Beifängersystemen aus ein bis zwei Anbiss-Stellen (orange-gelbe Oktopusse, rote Twister, Gummimakks) gefangen werden. Wer weniger Hänger kassieren will, sollte ein entsprechend schweres Grundblei verwenden .
INFOS
Am 5. Juli wurde vergangenes Jahr der erste Seehecht gefangen. Dabei fing die Saison sogar eher verhalten an. Aber ab Ende Juli passte alles. Von Tag zu Tag wurden die Fänge besser: Tagesfänge von über 200 Seehechten bei 10 bis 12 Anglern wurden vermeldet. Bis Ende August hielt dieser Seehecht-Rausch an und nun hoffen die beiden Skipper auf eine ähnlich gute nächste Saison 2019.
Guter Service: Wer auf dem stets schaukelnden Kutter nicht selbst filetieren will, kann dies durch ein Crewmitglied professionell erledigen lassen. In der Regel zahlt man rund 1,50 Euro pro fertigem Kilo Filet.
Am Vorabend der Tour sollte unbedingt der Skipper angerufen werden, um das Okay für die Ausfahrt zu bekommen. Wetterbedingt können nämlich rund 50 Prozent der Touren ausfallen und man will ja nicht umsonst bis nach Thyborøn fahren.
Die dänische Meeresangellizenz kann unter www.fisketegn.dk oder direkt im kleinen Angelshop im Hafen oder auf den Kuttern besorgt werden. Preis: Eine 20-Stunden-Tour kostet rund 200 Euro pro Person.
BUCHUNG & KONTAKT :
Emma Line
Havnegade 22 7680 Thyborøn Dänemark
Telefon: (00 45) 29 44 95 70
E-Mail: jensenfam@hotmail.com
www.emma-line.dk