Bildquelle: founders magazin, Ausgabe 30/2021
In den vergangenen eineinhalb Jahren wurde so manch eine Führungskraft auf eine harte Bewährungsprobe gestellt:
Wie kann das Geschäft am Laufen bleiben, wenn der Umgang mit Kunden vor Ort plötzlich nicht mehr möglich ist? Wie schafft man Strukturen, um das Business erfolgreich und nachhaltig zu digitalisieren? Wie motiviert man die eigenen Mitarbeiter, die in Kurzarbeit um ihre Einkünfte bangen und ihre Arbeitsweisen und -abläufe auf einmal komplett umkrempeln müssen? Für zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer wurden die pandemiebedingten Auflagen zu dem nötigen Schubser in die richtige Richtung. Sie wurden quasi dazu gezwungen, die eigenen Führungsstrategien und -qualitäten kritisch zu hinterfragen und sich mit Themen zu befassen, die sie zuvor auf die lange Bank geschoben hatten: Themen wie Digitalisierung, Bedeutsamkeits- und Wertschätzungsmarketing.
In den letzten Monaten haben wir bereits von einigen Unternehmen berichtet, die von den Umstrukturierungen aufgrund der Pandemieauflagen profitiert haben und sie nicht als Übergangslösungen, sondern als wichtigen Schritt im Prozess der nachhaltigen Weiterentwicklung betrachten. Manch anderen Unternehmen, insbesondere jenen, deren Herzstück die eigene Tradition ist, fiel ein solch spontanes Umdenken schwerer, sie haben an Umsätzen eingebüßt oder mussten sogar Insolvenz anmelden.
Das muss so nicht sein, findet Tobias Epple. Mit seinem 60 Personen umfassenden Team und seinen drei Unternehmen begleitet der Gründer der Epple Consulting Group Führungskräfte in Start-ups und mittelständischen Unternehmen bei Veränderungsprozessen und Neupositionierungen. An der Digitalisierung, davon ist Epple überzeugt, führt nicht nur kein Weg mehr vorbei – für die meisten Unternehmen ist sie der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. »Digitale Tools machen Wachstum plan- und skalierbar«, argumentiert Epple. Auch werde die Wirkung von Onlinebewertungen von vielen Leuten noch immer stark unterschätzt.
Neupositionierung mit Tradition – geht das?
Tradition und Zukunft schließen sich gegenseitig keinesfalls aus, so Epple. Der Vorteil von Traditionsunternehmen sei das bereits vor Generationen etablierte und bis heute bestehende Kundenvertrauen. Dies könne man im Digitalisierungsprozess nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar über den bestehenden Kundenstamm hinaus in die Welt tragen. »Mit einer klugen Positionierung an den globalen Märkten und der Einbindung ihrer Unternehmensgeschichte in digitale Vertriebswege können sich Traditionsunternehmen einen unschlagbaren Vorteil verschaffen«, erklärt der Experte. Die größten Herausforderungen an die Unternehmensführung bestünden vor allen Dingen darin, das Alte und das Neue behutsam zusammenzuführen und die Kunden, Mitarbeiter und Stakeholder mit ins Boot zu holen.
Die Unternehmens-DNA digitalisieren
Auch über digitale Wege könne man die eigene Persönlichkeit und die des Unternehmens transportieren. Traditionsunternehmen haben ihre »Unternehmens-DNA«, so nennen es Epple und sein Team, meist schon vor langer Zeit definiert und tun sich oftmals schwer, diese in die digitale Welt zu übertragen. Viele Start-ups hingegen sind noch auf der Suche nach ihrer Identität und müssen erst herausfinden, wie sie sich am besten positionieren. Beiden stehen Epple und sein Team auf ihren ganz eigenen Wegen mit Rat und Tat zur Seite. Die drei Schlagworte, die dabei immer wieder Fallen: Klarheit, Struktur, Effizienz.
Ist die DNA des Unternehmens einmal definiert, so rät der Experte zu einer digitalen PR-Strategie, die online wie offline funktioniert und der Unternehmens-DNA treu bleibt. Traditionsunternehmen sollten unbedingt ihre traditionelle, werteorientierte Kundenbindung in die digitale Welt mitnehmen, wie es beispielsweise Unternehmer-Ikonen Wolfgang Grupp, Claus Hipp oder auch Reinhold Würth vorgemacht haben. Für das generationenübergreifende Familienunternehmen ebenso wie das hippe Start-up bedeutet das auch: Eine bedürfnisorientierte Kundensprache, ob regional oder global oder beides, ist das A und O.
Bei der Positionierung von Unternehmen am Markt gehe es Epple aber viel weniger um Sichtbarkeit als um Bedeutsamkeit. »Ich möchte nicht nur Sichtbarkeit«, erläutert Epple. »Ich möchte, dass Führungskräfte und Unternehmer bedeutsam sind: für ihre Kunden, für die Belegschaft und für die Region. Das bedeutet auch in aller Konsequenz, sich seiner Wirksamkeit bewusst zu werden und diese zu entwickeln.«
Eine gemeinsame Zukunft
Als glücklicher Ehemann und Familienvater weiß Tobias Epple, wie viel von der eigenen Persönlichkeit und Identität der Gründer oftmals in die Gestaltung und Positionierung ihrer Unternehmen miteinfließt – und dass es dies zu wahren gilt. Er selbst scheut sich nicht zuzugeben: »Ohne meine Frau und meine beiden Kinder wären meine persönlichen Erfolge nicht möglich gewesen.« Mitunter auch deshalb ist ihm der Blick in die Zukunft so wichtig – nicht nur, um das Fortbestehen seines Unternehmens sowie der Unternehmen seiner Klienten und damit das Einkommen zahlreicher Mitarbeitenden zu sichern. Er sieht darüber hinaus den größeren Kontext: »Ich bin davon überzeugt, dass zu gutem und verantwortungsvollem Unternehmertum auch eine Sozialverantwortung für das Umfeld und die Region dazugehören. Das bedeutet für mich Engagement bei der Gemeinde, bei Vereinen und an Schulen. All dies sind wichtige Orte für unsere Kinder und unsere Zukunft. Sie gilt es zu bewahren und für die Zukunft zu sichern.«
Unsere Zukunft steckt also noch in den Kinderschuhen – oder wurde noch nicht einmal geboren. Generation Alpha wächst in einer turbulenten und schnelllebigen Welt auf, in der Tablet und Smartphone ganz selbstverständlich von winzigen Babyfingern bedient werden, die Folgen des Klimawandels auch in Mitteleuropa zum Alltag gehören, geopolitische und wirtschaftliche Unruhen herrschen und Digitalisierung wie Autonomisierung das Leben jedes Einzelnen maßgeblich bestimmen. Wer für die Zukunft bereit sein will, der muss nicht nur die eigene Führungs- und Unternehmenskultur an die kommenden Generationen anpassen – der muss auch dafür sorgen, dass die kommenden Generationen eine Zukunft haben, in der sie aufblühen können.
»Ich möchte, dass Führungskräfte und Unternehmer bedeutsam sind: für ihre Kunden, für die Belegschaft und für die Region.«
Bildquelle: founders magazin, Ausgabe 30/2021