Kleine Kinder zu tragen, hat Tradition. Denn der Kinderwagen wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden. Als er sich aber durchgesetzt hatte, war Tragen out – angeblich verzärtelte die Schlepperei die Kleinen. Trotzdem tragen auch heute noch zwei Drittel der Weltbevölkerung ihren Nachwuchs. Recht haben diese Eltern, meinen Pädagogen: Tragen bietet dem Gehirn mehr Reize als Liegen, und der enge Körperkontakt vermittelt den Kindern Geborgenheit. Experten sind sich einig, dass der intensive und regelmäßige Körperkontakt beim Tragen die Entwicklung eines Kindes sowie die Eltern-Kind-Beziehung positiv beeinflusst. Viel getragene Kinder weinen weniger und sind in der Regel insgesamt zufriedener als Kinder, die nicht in den Genuss von so viel körperlicher Nähe kommen.
Enger Körperkontakt: Das Tragen fördert die Entwicklung des Kindes sowie die Eltern-Kind-Beziehung.
Die Spreiz-Hock-Stellung, die die Kleinen im Tragetuch oder einer guten Trage annehmen, wird in der medizinischen Fachliteratur sogar zur Behandlung von Hüftgelenksanomalien empfohlen. Auch für die Eltern hat das Tragen Vorteile: Mit dem Baby am Bauch überwindet man mühelos Treppen und unwegsames Gelände, findet leichter Platz im überfüllten Bus und hat die Hände frei. Die Modellvielfalt der Tragesysteme reicht vom Tuch über den Tragebeutel bis zur Bauch- oder Rückentrage. Bei allen Systemen ist es wichtig, dass der Kopf immer gut abgestützt ist.
Generell nicht zu empfehlen sind Systeme, in denen das Baby vor dem Bauch hängt und nach vorn schaut. So kann es die Beinchen nicht anhocken, was ungünstig für die Entwicklung der Hüftgelenke ist und dazu führt, dass der noch weiche Schambeinbereich ungünstig belastet wird, bei Jungen drückt das Körpergewicht zusätzlich auf die Hoden. Außerdem kann der Steg zwischen den Beinen in die Oberschenkel des Babys drücken, was zu Stauungen der Blutgefäße führt. Die Kleinen haben mit nach vorn gewendetem Gesicht zudem nicht die Möglichkeit, sich von den äußeren Eindrücken um sie herum abzuwenden. Dadurch sind sie schnell überreizt und unruhig.
Mit steigendem Körpergewicht wird das Tragen für die Eltern irgendwann zu schwer. Dann sind Kinderwagen zum Transport angenehmer und bequemer, vor allem bei längeren Strecken. Die Modellvielfalt reicht vom teuren Kombikinderwagen (Kinderwagen, Tragetasche und Sportwagen in einem) über geländegängige, dreirädrige Jogger bis zum einfachen Buggy.
Beutel, Säcke oder Gurte
Ein guter Tragebeutel oder -gurt muss sich problemlos auf unterschiedliche Träger einstellen lassen. Vorsicht: Ist der Steg zwischen den Beinen zu schmal und sind die Gurte zu lang, hängt das Kind ungünstig. Das ist für das Kleine unbequem und kann außerdem seinem Rücken schaden. In einem guten Tragesystem hockt das Kind nahe und hoch am Körper des Trägers. Wichtig ist, dass der Kopf dabei immer gut abgestützt ist. Es gibt auch Tragesäcke für Frühgeborene mit einem Innenbeutel ab einem Körpergewicht von 1.600 Gramm sowie ein Modell für Zwillinge, das ähnlich konzipiert ist.
Tragesäcke oder Schlaufen, mit denen die Babys waagerecht vor dem Bauch wie in einer Wiege getragen werden, sollen durch die waagerechte Trageposition in den ersten Lebenswochen die noch nicht ganz entwickelte Wirbelsäule entlasten. Das mag für das Baby zutreffen, aber für die Wirbelsäule der Trägerin ist diese Position weniger gut. Dr. Evelin Kirkilionis, Verhaltensbiologin und Expertin für das Kindertragen, spricht sich generell für eine andere Form des Tragens aus. Ideal sei der Transport im Hüftsitz. Durch die gespreizte und angehockte Beinstellung sei der Oberschenkelkopf optimal eingestellt und mit jeder Bewegung des Kindes und des Tragenden wird die Durchblutung und somit gesunde Entwicklung der noch knorpeligen Hüftgelenke gefördert. „Aber auch bei einer frontalen Trageweise in gespreizter und stark angehockter Beinhaltung - das sind 90 Grad und mehr - ist die Orientierung des Oberschenkelkopfs zur Hüftgelenkpfanne ideal und beugt einer Fehlstellung der Hüftgelenke vor.“
Rückentragen sind für Kinder, die sicher sitzen können. Das ist etwa ab dem siebten oder achten bis zwölften Lebensmonat der Fall. Der Sitz sollte höhenverstellbar und im Rücken gepolstert sein. Das Kind stets in der Rückentrage anschnallen.
Zwillingswagen
Nebeneinander, hintereinander oder seit Neuestem übereinander? Nebeneinander sitzen beide Kinder zunächst mit Blick zum Schiebenden und später in Frontrichtung. Denn wenn die Kinder älter sind, wollen sie ihre Umgebung wahrnehmen. Sitzen die Kinder dagegen hintereinander, schaut einer der Zwillinge auf die Rückwand des anderen Sitzes. Es besteht die Gefahr, dass sich das Kind zur Seite herauslehnt, um mitzubekommen, was vorn passiert. Allerdings gibt es auch Modelle, bei denen man die Sitzaufsätze drehen kann, sodass sich die Geschwister gegenseitig anschauen können. In neueren Modellen liegen die Zwillinge übereinander, sozusagen auf zwei Etagen. Solche Wagen eignen sich auch gut für Eltern, die ein zweites Kind kurz nach dem ersten bekommen haben.
Wer sich für ein Nebeneinander seiner beiden Kinder entscheidet, weil der Wagen dann besser in den Kofferraum, Aufzug oder in öffentliche Verkehrsmittel passt, sollte darauf achten, dass jedes Kind genug Platz zum Schlafen hat und sie sich nicht gegenseitig stören können. Dann gehen die Wagen allerdings wieder etwas mehr in die Breite.
Drei oder vier Räder?
Im Alltag leisten die meisten Fahrzeuge gute Dienste. Besonders die dreirädrigen Sportwagen waren in den vergangenen Jahren bei Eltern beliebt. Allerdings sind Dreiräder trotz ihrer geländegängigen Konstruktion weder zum Joggen noch zum Skaten geeignet. Es besteht die Gefahr, dass man sie vor einem Hindernis nicht rechtzeitig stoppen kann und/oder sie nach hinten umkippen.
Sehr gefragt sind leichte, wendige Buggys für die Stadt, und vierrädrige, gut gefederte Wagen mit luftgefüllten Reifen. Welches Modell am besten passt, hängt manchmal auch mit den Wohnverhältnissen zu Hause zusammen. Dreirädrige Wagen haben oft eine lange Schnauze, die viel Platz braucht. Nach einem aktuellen BGH-Urteil ist ein Mieter immerhin berechtigt, einen Kinderwagen oder einen Rollstuhl im Hausflur abzustellen, „wenn er hierauf angewiesen ist und die Größe des Hausflurs das Abstellen zulässt“ (Az. V ZR 46/06). Dahinter müssten in der Regel die Interessen der Nachbarn zurücktreten. Allerdings: Die Wagen müssen aktiv im Gebrauch sein und nicht nur im Treppenhaus gelagert werden. Und wenn in einem Mietshaus mit Aufzug ein Kinderwagen theoretisch mit in die Wohnung genommen werden kann, müssen Vermieter und Nachbarn den Kinderwagen im Treppenhaus nicht akzeptieren.
Ungeeignet als Kinderwagenersatz sind die fahrbaren Untersätze, auf die man Auto-Babyschalen als Sitzgestell montieren kann – zumindest, solange die Kleinen noch nicht frei sitzen können. Das gekrümmte Sitzen kann zu Verdauungsstörungen, Atembeschwerden oder sogar Wachstumsschäden an der Wirbelsäule führen.
Kombiwagen
Kinderwagen sind heutzutage nicht einfach nur ein Fortbewegungsmittel für Knirpse. Sie sollen auch in puncto Design was hermachen. Aber das ist nach wie vor eine Sache des Geschmacks und des Geldbeutels. Die meisten modernen Kinderwagen sind Kombifahrzeuge, die sich mit wenigen Handgriffen vom Liege- zum Sportwagen umfunktionieren lassen. Man sollte ein Modell wählen, das das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit trägt. Noch besser ist es, wenn der Kinderwagen nach der europäischen Norm DIN EN 1888 zertifiziert ist. Der Sitzbezug des Wagens sollte waschbar sein. Durch mehrmaliges Waschen lassen sich möglicherweise enthaltene Schadstoffe teilweise reduzieren. Weitere wichtige Kriterien: Stabilität, gute Bremsen, leichte Handhabbarkeit und Verstellbarkeit der Griffe. Mit größeren Rädern kommt man auch auf weichen oder unebenen Böden gut voran. Und natürlich sollte der Wagen in den Kofferraum passen. Kinderwagen sind teuer: Wer nicht auf einer neuen Karosse besteht, kann viel sparen, wenn er sich auf Babybasaren umsieht.