STOA169
Eine zentrale Rolle hat die Säule in der westlichen Kunstgeschichte lange nicht mehr gespielt. Tempel werden in unseren Breitengraden nur noch selten gebaut, und wenn doch, dann in einer filigranen Skelettbauweise, die ihre tragende Stahlstruktur hinter Glasfassaden zu verbergen sucht. Die Säulenheiligen sind seit Darwins Profanisierung der Schöpfung in die Bedeutungslosigkeit argu mentiert worden, und ihre heutigen Pendants besteigen allenfalls Trittleitern in Fußgängerzonen. An Schulen und Universitäten werden zwar weiterhin antike Kapitellformen gepaukt, die jedoch in der Gegenwart keine ästhetische Blüte mehr hervorbringen. Es steht, kurz gesagt, nicht sehr gut um die Säule.
Bis jetzt, muss man einwenden. Denn im bayerischen Pfaffenwinkel, gut 50 Kilometer südlich von München, hat ein Kunstprojekt die Ehrenrettung des verzierten Pfeilers übernommen: Stoa169 heißt das Bauwerk in der ...