... Fernsehen gesehen hatte. Auch ist mir dieses Thema immer wieder begegnet, da in der Branche häufig von dem Musical gesprochen wurde und ich mit vielen Künstlerinnen und Künstlern gearbeitet habe, die dieses Musical bereits in der Originalinszenierung gespielt hatten. Als jedoch die Anfrage für das Musical kam, habe ich mich intensiver damit beschäftigt und bin heute ein großer Fan des Romans von Daphne du Maurier.
blimu: Wann hatten Sie erstmals Kontakt mit dem Musical, bevor Sie es nun selbst inszenieren?
EP: Ich habe das Musical nie live gesehen. Mein erster Kontakt kam durch die Zusammenarbeit mit Christina Patten, die damals »Ich« in Stuttgart war und bei mir in »Hair« spielte. Dennoch waren mir bereits aufgrund vieler Vorsingen oder Galas einige Lieder sehr bekannt.
blimu: Was fasziniert Sie an der Geschichte?
EP: Die Geschichte bietet für mich einen großen Ansatz an Psychologie und Personenregie. In der Vorbereitung gefällt es mir sehr, dass wir hier mit den Protagonisten Schicksale verknüpfen können – aufgrund des Todes von Rebecca. Das bietet sehr viel an Spannungen und Emotionen und für den geneigten Zuschauer, der die Geschichte nicht kennt, auch die Möglichkeit, einen Krimi auf die Bühne zu bringen. Unsere Hauptaufgabe wird es sein, die Spannung bis zum Ende zu halten.
blimu: Welches sind für Sie die entscheidenden Entwicklungen, die die Figuren der »Ich« und des Maxim de Winter durchmachen?
EP: Man muss die Figur der »Ich« immer mit dem Leben von du Maurier lesen. Sie hat sich hier teilweise mit ihrer Biografie verewigt. Dieser Figur eine Entwicklung zu geben, von einer Frau, die sich ohne Halt in der Gesellschaft nach und nach ganz nach oben entwickelt, halte ich für sehr interessant. »Ich« spielt für mich die zentrale Rolle des gesamten Stücks und nur durch sie können wir die Geschichte nachvollziehen.
Sie hat es nur verdient, als stärkste Figur des Abends aus dem Stück herauszugehen.
Bei Maxim bin ich noch etwas im Zwiespalt.
Er lebt in einem System, aus dem er sich nicht lösen kann. Weshalb er sich nie von Manderley oder von Mrs Danvers befreien konnte, zeigt die Abhängigkeit von der Tatsache, dass er für Rebeccas Tod mitverantwortlich ist. Aber es ist wichtig, zu verstehen, dass Liebe auch wehtun kann und im Fall von Maxim im Affekt Dinge passieren, die nicht hätten passieren sollen.
blimu: Was ist die Tragik von Mrs Danvers?
EP: Mrs Danvers ist für mich ein Charakter, der zwingend für die Dramaturgie ist und für das Mysterium der ganzen Geschichte steht. Sie muss diese Rebecca geliebt haben, sonst kann man teilweise die Gefühle, die sie für sie hegt, nicht nachvollziehen. Doch Mrs Danvers auch in einer neuen Denkweise zu zeigen, wird ein besonderes Highlight der Inszenierung werden.
blimu: Was möchten Sie mit Ihrer Inszenierung dem Publikum vermitteln?
EP: Wir müssen dieser Geschichte Raum geben und daher habe ich besonders auf die Besetzung geachtet, die hier bis zum letzten Platz alle Zuschauer/innen mitnehmen muss. Wir müssen daraus ein starkes Ensemblestück machen, dies kann aber nur mit starken Persönlichkeiten gelingen. Darauf haben wir auch in den vielen Castings geachtet. Wir müssen das Publikum von Anfang an in den Kosmos der Geschichte hineinziehen, ihm die Stränge der Handlung erklären und es dennoch überraschen können.
blimu: Sie haben betont, dass die Darstellenden in ihren Rollen das Stück wesentlich tragen werden und auch so gecastet wurden. Was waren Kriterien, die zu der jetzigen Cast geführt haben?
EP: Unsere Auditions fanden über mehrere Monate hinweg statt. Alle Entscheidungen wurden auch in Abstimmung mit den Vereinigten Bühnen Wien getroffen. Für mich war es wichtig, Darsteller/innen zu finden, die so eine große Bühne wie in Magdeburg auch bespielen können. Patrick Stanke ist für mich ein toller Darsteller, der über große Distanzen immer noch ein grandioser Sänger und Schauspieler ist.
Sybille Lambrich als »Ich« bietet mir eben nicht nur ein schüchternes Mädchen, welches bisher sein Leben ohne jegliches Selbstbewusstsein vollzogen hat, sondern sie ermöglicht mir auch eine völlig neue dramaturgische Sicht auf die Rolle. Mit Sybille Lambrich wird es besonders spannend sein, diese herauszukitzeln.
Kerstin Ibald als Mrs Danvers war für mich von Anfang an eine Wunschkandidatin. Wir haben ungeheuer viele Vorsingen für diese Rolle gehabt, aber ihre Interpretation und auch Erfahrung in der Rolle fügen sich jetzt noch mehr zusammen, als es vielleicht damals (in Wien, Anm. d. Red.) der Fall war. Jetzt hat sie auch erst das richtigere Alter für ihre Rolle. Mit dieser Lebenserfahrung werden wir natürlich auch diese Rolle neu denken und handeln lassen.
Bei der Rolle der Beatrice haben wir uns für Jeanett Neumeister entschieden. Sie hat bereits in dem Musical »3 Musketiere« als Königin Anna eine wunderbare Arbeit geleistet. Wenn man so eine tolle Frau im Ensemble des Theater Magdeburg hat, dann sollte man diese Qualitäten nutzen und ihr dementsprechend eine Rolle geben.
Für mich ist in dieser Produktion sehr entscheidend, dass wir dem Stück eine neue Qualität geben. Mein Augenmerk liegt hier auch auf dem Schauspiel, deswegen haben wir uns dort ebenso für sehr starke Charaktere entschieden.
Interessanterweise haben wir in der Besetzung Darsteller/innen, die mit der Oper angefangen haben und jetzt im Musical genauso ihre Karriere fortsetzen. Dazu zählen Amani Robinson als Mrs van Hopper, Michael Flöth als Oberst Julyan, Marc Clear als Frank Crawley – das finde ich bei diesem Stück besonders spannend.
blimu: Die Open-Air-Bühne in Magdeburg ist eine Riesenbühne. Wie bringt man ein Stück, das indoor eine mystische Faszination entwickelt, auf eine solche Bühne?
EP: Für mich zählt das DomplatzOpenAir zu den größten Musical Open Airs, die wir in Deutschland haben. Wir haben uns sehr lange viele Gedanken gemacht, wie wir diesem Stück im Freien gerecht werden können. Durch das großartige Bühnenbild von Dirk Hofacker haben wir die Möglichkeit, in kürzester Zeit die Szenen schnell zu verändern, aber auch die privaten Momente zu fokussieren. Außerdem werden wir ein Ensemble von 80 Darstellerinnen und Darstellern haben, welches der Geschichte einen viel größeren gesellschaftlichen Aspekt geben wird. Wir werden mit Chor, Ballett und Statisterie die Szenen wesentlich größer inszenieren und auch choreographieren. Auch wird das Orchester einen zentralen Ort darstellen.
Das Mystische werden wir dann durch viele inszenatorische Einfälle noch mehr bestärken und herausarbeiten.
blimu: Welches sind für Sie dabei im Einzelnen die notwendigen Grundlagen in Bühnenbild, Kostümbild, Licht, Choreographie?
EP: Wir werden hier alle Register ziehen, die man nur beim Open Air benutzen kann. Dadurch, dass im Bühnenbild auch das Wasser eine wichtige Rolle spielen wird, ist es hier eine ganze andere Bühnensituation, als man sie bisher von anderen Produktionen kannte. Zudem werden mehr als 200 Kostüme zum Einsatz kommen – von unserem Kostümbildner Kristopher Kempf, mit dem ich seit Jahren schon eine enge Zusammenarbeit genieße. Sabine Arthold wird in den Choreographien viele ästhetische und mystische Reize der Musik wunderbar einsetzen und damit hier eine großartige Ergänzung zu der Geschichte liefern.
blimu: Welche Techniken kommen zum Einsatz?
EP: Hier wird, wie es in den letzten Jahren in Magdeburg war, alles genutzt, was es an Technik gibt. Wir werden den Dom selbstverständlich wieder als Lichtreiz benutzen. Ein großes Highlight wird der Brand von Manderley sein. Doch an dieser Stelle werde ich noch nicht verraten, wie die Bühne brennen wird.
blimu: Inwiefern haben Sie Vorgaben seitens des Verlags, wie Szenen auszusehen haben?
EP: Wir halten uns strikt an das Buch und die Vorgaben der Vereinigten Bühnen Wien. Das ist aber selbstverständlich bei der Übertragung der Rechte des Stückes. Wir haben dennoch mit Michael Kunze und Sylvester Levay ein paar Dinge besprochen, die extra für unsere Inszenierung bewilligt wurden. Das hat die Grundlage, dass wir szenisch andere Situationen haben, als es die Originalproduktion hatte.
blimu: Beantworten Sie uns abschließend bitte noch die Frage: Weshalb ist der Weg zu »Rebecca« nach Magdeburg lohnenswert?
EP: Ich würde mich sehr freuen, wenn viele sich auf den Weg nach Magdeburg machen, um zu sehen, was es heißt, Kultur zu machen, Kultur inmitten der Stadt, Kultur, die uns in den letzten Jahren so sehr gefehlt hat. »Rebecca« ist auch eine Gelegenheit, ein Musical zu sehen, das so selten gespielt und sonst nur von großen privaten Häusern aufgeführt wird. Zudem sollte die
Möglichkeit, eine Produktion zu sehen, hinter der ein ganzes Musiktheater steht, mit Sängerinnen und Sängern, Chor, Ballett und vielem anderen, den Weg nach Magdeburg ebnen, um dieses Ereignis zu erleben.
blimu: Vielen Dank für diesen Einblick in »Rebecca« in Magdeburg. Alles Gute für eine kreative Probenzeit und eine erfolgreiche Spielzeit.
Das Interview führte Barbara Kern