... Globalisierung kulturübergreifende Managementvergleiche populär. Dementsprechend untersuchten Peters und Waterman mit ihren Kollegen Richard Pascale und Tony Athos die Managementmethoden, Führungsstile und Organisationsformen US-amerikanischer und japanischer Konzerne, die ihres Erachtens für eine ausgewiesene Excellence standen. Als Beispiele seien Kodak, IBM, 3M und Toyota genannt. Aus ihren Erkenntnissen leiteten sie das 7-S-Modell ab. Dieses dient nach ihrer Überzeugung „Spitzen-Unternehmen“ kulturgreifend sozusagen als Roadmap beim Ermitteln der strategischen Alternativen sowie Definieren der sich hieraus ergebenden Handlungsfelder und zu ergreifenden Maßnahmen.
Das 7-S-Modell zeigt nicht den Changebedarf
Deshalb ist das 7-S-Modell auch heute noch ein nützliches Managementtool. Bei seiner Nutzung gilt es jedoch zu bedenken, dass seine Entwickler keine umfassende Managementtheorie entwickelt haben. Sie wollten mit ihrem Tool es vielmehr Unternehmensführern erleichtern, sich bei ihrer strategischen Arbeit einen Überblick über die zu berücksichtigenden Einflussfaktoren zu verschaffen. Deshalb bietet ihnen das 7-S-Modell auch keine Unterstützung, wenn es darum geht, aus den Erkenntnissen beispielsweise konkrete Change- und Transformationsmaßnahmen zum mittel- und langfristigen Bewahren der Excellence eines Unternehmens abzuleiten.
Dies zu wissen, ist insbesondere in Zeiten wichtig, in denen beispielsweise aufgrund der stärker spürbar werdenden Folgen des Klimawandels und solcher „schwarzer Schwäne“, also schwer vorhersehbarer bzw. als unwahrscheinlich erachteter Ereignisse, wie dem Krieg in der Ukraine, ein gesamtgesellschaftliches Umdenken erfolgt. Denn dieses stellt viele Unternehmen vor die Herausforderung, ihre bisherigen Handlungsmaximen zu überdenken und beispielsweise wie im Zuge der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte eine Antwort auf die Frage zu finden, inwieweit sie außer ihrer ökonomischen auch ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung gerecht werden. Das Lieferkettengesetz, das ab 2023 in Deutschland schrittweise in Kraft tritt, ist hierfür ebenfalls ein Beispiel.
Hinter der New-Work-Debatte steckt auch die Sinn-Frage
Zu einem sich Neu-definieren und zum Teil Neu-erfinden sind die Unternehmen auch gezwungen, weil sich außer den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch die Bedürfnisse von Teilen ihrer Mitarbeiterschaft gewandelt haben. Sie fragen sich verstärkt „Was ist der Sinn meiner Arbeit?“.
Das Problem hierbei ist: Unternehmen können ihren Mitarbeitern zwar sagen, was und wie sie etwas zu tun haben; sie können ihnen aber nicht vorgeben, welchen Sinn sie darin zu sehen haben. Den Sinn bzw. „Purpose“ müssen Mitarbeiter in ihrer Arbeit selbst finden. Und diesen zu finden, ist u.a. für ihre Motivation und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, wichtig.
Mit der Frage, was daraus folgt, befasste sich Simon Sinek in seinem 2006 erschienenen Buch „Frag immer erst: warum. Wie Top-Firmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren”. In ihm vertritt er die These, dass Unternehmen, um langfristig Erfolg zu haben, ihren Kunden und Mitarbeitern einen übergeordneten Sinnzusammenhang aufzeigen müssen, der es ihnen ermöglicht, sich mit ihnen zu identifizieren.
Diesen Gedanken griff Aaron Hurst in seinem 2014 erschienenen Buch „The Purpose Economy“ auf und bezog ihn auf das individuelle Sinnempfinden von Menschen. Dabei vertritt er die These: Nur wenn ein Mensch wertschätzt, für wen und warum er arbeitet und sich zudem damit, wie er es tut, identifiziert, entsteht bei ihm ein Gefühl von Sinn und Zufriedenheit. Dementsprechend unterscheidet Hurst beim Purpose in Anlehnung an Sinek folgende drei Dimensionen: – Who (Für wen arbeite ich?), – Why (Warum arbeite ich?) und – How (Wie arbeite ich?).
Die Why- und How-Frage gewinnt an Bedeutung
Insbesondere auf die Why- und How-Frage müssen Unternehmen, die nach Excellence streben, ihren Mitarbeitern künftig, wenn nicht Antworten, so doch Andock-Punkte bieten, damit sie für sich eine befriedigende Antwort auf die Sinn-Frage finden – das zeigt u.a. die aktuelle New-Work-Debatte. Denn abhängig davon beantworten sie für sich auch die Fragen:
– Für wen arbeite ich?
– Welches Engagement zeige ich bei meiner Arbeit? und
– Wie stark identifiziere ich mich mit meinem Arbeitgeber? – also letztlich die Who-Frage.
Auf all diese Fragen und Herausforderungen, vor denen Führungskräfte beim Führen und Steuern der ihnen anvertrauten Organisationen oder Bereiche aktuell stehen, gibt das 7-S-Modell keine Antwort. Es hilft ihnen aber, die Dimensionen zu erfassen und im Blick zu behalten, die es hierbei zu bedenken gilt.