... Erfolg, den wir damit erzielen“, schreibt zum Beispiel die Deutsche Bank auf ihrer Homepage und ergänzt: „Bei allem, was wir tun, wollen wir Wert schaffen für unsere Kunden, Aktionäre und Mitarbeiter und zugleich einen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten.“ Mehr noch: Deutschlands größtes Kreditinstitut und zugleich eine der einflussreichsten Banken der Welt verspricht: „Für uns heißt das: Integrität und Verantwortung müssen unser Handeln bestimmen.“ Auch die Commerzbank feilt an ihrem Image und versucht sich als fairer und verantwortungsbewusster Finanzdienstleister zu positionieren. Denn seit der Finanzkrise 2008 hat das Vertrauen der Kunden gegenüber Banken stark gelitten. Schließlich haben insbesondere die Investmentbanken mit fragwürdigen und zum Teil hochspekulativen Geschäften das Weltwirtschaftssystem an den Rand des Abgrunds gebracht. Berichte über die Finanzierung von Atomkonzernen, von Klimakillern wie Kohlebergbauund Kohlestromunternehmen oder Streumunition in Riester-Produkten taten ihr Übriges. Immer mehr Bankkunden stellen sich seither die Frage, was die Institute mit ihrem Geld überhaupt machen. Sie wollen wissen, ob sie nichtsahnend womöglich schmutzige, klima- und umweltschädliche Geschäf-te mitfinanzieren oder gar in Spekulationsgeschäfte und Waffenhandel verstrickt sind. Von diesem Trend profitieren grüne Nischenbanken mit alternativem Geschäftskonzept. Schon seit mehreren Jahren werden sie mit neuen Anlagemitteln geradezu überschwemmt. Allein in der Zeit von 2010 bis Ende 2015 sind zum Beispiel die Kundeneinlagen bei den mittlerweile 13 Nachhaltigkeitsbanken in Deutschland um mehr als 50 Prozent von 19,1 Mrd. Euro auf 28,7 Mrd. Euro gewachsen – Tendenz weiter ansteigend.
Immer mehr Bankkunden fragen, was die Bank mit ihrem Geld macht
Banken sind gern Mitglied in vielen Umweltinitiativen – das hebt das Image
Vor allem die Großbanken belegen durch solche Aktivitäten gern, wie ernst es ihnen mit der Nachhaltigkeit ist. Das Problem: Allein durch die Mitgliedschaft in Nachhaltigkeits- Initiativen werden weder die Qualität im Finanz- und Anlagengeschäft noch die Produkte verbessert. Auch die Frage, wie ethisch und ökologisch korrekt die Bank ihre Geschäfte betreibt, wird dadurch nicht eindeutig geklärt. Denn selbst seriöse Initiativen wie z. B. die Umweltstandards der Weltbank verpflichten Banken nicht ohne Wenn und Aber auf Nachhaltigkeit. Bisweilen drängt sich sogar der Verdacht auf, bei allem Engagement dominiert eher der schöne Schein. Schließlich wissen die wenigsten Bankkunden, was hinter den einzelnen Initiativen und klangvollen Namen wirklich steckt. Zudem heißt die oberste Devise bei allen Großbanken, die sich ein grünes Image verschaffen wollen: „klotzen nicht kleckern“. Die meisten Kreditinstitute haben ihre Unterschrift daher gleich unter eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsinitiativen gesetzt.
Die äußere Fassade wird gern aufpoliert, doch wie es dahinter aussieht, bleibt bei vielen Instituten im Dunkeln.
Doch wie fair und nachhaltig arbeiten die Banken wirklich? Und wo kann ich als Kunde wirklich sicher sein, keine Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung und Korruption mitzufinanzieren? Diese Frage will die gemeinnützige Organisation Facing Finance mit ihrem neuen Fair Finance Guide Deutschland (FFG-D) beantworten, einem kostenlosen Online-Informationsportal für Bankkunden, das zugleich Teil einer weltweiten Initiative ist. Initiiert von der internationalen Entwicklungshilfeorganisation Oxfam Novib hat sich ein Netzwerk aus Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Umweltgruppen und Verbraucherorganisationen zusammengeschlossen, um den Banksektor und seine Geschäftsmodelle fairer, nachhaltiger und transparenter zu machen. Nach Belgien, Brasilien, Frankreich, Indonesien, Japan, den Niederlanden, Schweden und Norwegen ist Deutschland nun das neunte Land, dessen Banken auf den Prüfstand kommen.
Wie fair und transparent sind Banken wirklich? Diese Frage will der neue Fair Finance Guide Deutschland beantworten.
Zusammen mit den heimischen NGOs Südwind, Germanwatch und Rank a Brand haben die Experten von Facing Finance dazu in einem ersten Schritt die sozialen und ökologischen Selbstverpflichtungen von acht deutschen Banken unter die Lupe genommen. Untersucht wurden mit der Deutschen Bank, Commerzbank, DZ-Bank und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) die vier größten konventionellen Institute sowie zwei kirchliche Banken (KD-Bank, Pax-Bank) und zwei Nachhaltigkeitsbanken (GLS-Bank, Triodos-Bank). Anhand eines weltweit einheitlichen Kataloges aus 240 Kriterien wurde dabei nicht nur geprüft, welche sozialen und ökologischen Standards die Banken beachten, sondern auch ob und wie stark diese Kriterien Einfluss auf ihre geschäftlichen Entscheidungen haben. Denn der Fair Finance Guide will Anspruch und Wirklichkeit aufdecken. Deshalb wurde zugleich geprüft, ob die Banken ihre eigenen Kriterien auch bei der Kreditvergabe an Unternehmen, bei Projektfinanzierungen, in der Vermögensverwaltung für Kunden und bei den Eigenanlagen anwenden und missliebige Geschäfte wirklich konsequent ausschließen.
Deutschland ist das neunte Land, dessen Banken nun unter die Lupe kommen
Bereits diese erste Analyse ist spannend. Zeigt sie doch, dass kein einziges untersuchtes Institut die strengen Kriterien von Facing Finance wirklich in allen Punkten zu 100 Prozent erfüllen konnte. Die beiden Nachhaltigkeitsbanken, GLS-Bank und Triodos, liegen mit 92 bzw. 82 Prozent aber ganz klar im grünen Bereich. Sie haben nicht nur in allen abgefragten Sektoren klare Nachhaltigkeitsziele definiert, sondern wenden diese Kriterien auch bei allen Bankgeschäften konsequent an. Nur am Feintuning der Kriterien könnten sie nach Einschätzung von Facing Finance noch etwas feilen. So könnte die GLS-Bank ihre Klimaziele nach Ansicht von FFG-D auch bei kleineren und mittleren Betrieben konkreter formulieren und so die Reduktionsziele für den Ausstoß von Treibhausgasen messbarer machen. Ähnliches gilt für die Triodos-Bank, die zum Beispiel ihre Menschenrechtsziele schärfer formulieren sollte. Statt nur auf die Abschaffung von Kinderarbeit und Diskriminierung zu pochen, sollte Triodos zur Bedingung machen, dass alle Geschäftspartner Kinder- und Frauenrechte bereits respektieren. Auch bei der evangelischen KD-Bank gibt es im Feintuning der Nachhaltigkeitskriterien noch einigen Verbesserungsbedarf. Mit 61 Prozent kommt die kirchliche Spezialbank daher nur auf Rang drei. Bei den etablierten Geschäfts- und Landesbanken scheint die Nachhaltigkeit dagegen weniger Herzenssache als werbewirksame Imagepolitur zu sein. Der Grund ist simpel: Zwar haben die Institute allesamt ökologische und soziale Kriterien formuliert. Doch die gelten längst nicht für jeden Bereich und sind bisweilen viel zu lasch. Außerdem bleibt oft im Dunkeln, ob die Kriterien nur intern für das eigene Haus gelten oder auch für alle Geschäfte angewandt werden. Das Gleiche gilt für die Frage, ob und wann das jeweilige Institut die Finanzierung umweltschädlicher und/oder fragwürdiger Projekte wirklich ablehnt. Hier fehlen häufig klare Kriterien. Als fair und nachhaltig können sich die etablierten Geldhäuser daher kaum bezeichnen. Mit Werten zwischen 3 bis 35 Prozent ist ihre Nachhaltigkeitsperformance bestenfalls unterdurchschnittlich, oft sogar ungenügend. Allerdings gibt es große graduelle Abstufungen – sowohl zwischen den Banken als auch in den einzelnen Nachhaltigkeitsbereichen innerhalb jeder Bank.
Bei den Großbanken ist Nachhaltigkeit mehr Imagepolitur als Herzenssache
Bei der Commerzbank vermissen die Facing Finance Experten zum Beispiel verbindliche Ausschlusskriterien für klimaschädliche Geschäftstätigkeiten. Dabei hat die Bank sich verpflichtet, die OECDLeitlinien für multinationale Geschäfte zu befolgen, und die sehen ausdrücklich Maßnahmen zum Klimaschutz sowie zum Abbau von Treibhausgasen vor. Konkrete Klimaziele hat die Bank aber nur für das eigene Haus formuliert, nicht für Geschäftspartner. Ausgeschlossen sind zudem lediglich Finanzierungen von Unternehmen, die Ölsand gewinnen. Ansonsten gibt es keinerlei konkrete Vorgaben. Ähnlich sieht es bei der DZBank aus. Das Spitzeninstitut der Genossenschaftlichen Finanzgruppe schmückt sich auf seiner Homepage zwar mit dem „Prime Status“ für Nachhaltigkeit der anerkannten Ratingagentur oekom. Doch laut Analyse von FFG-D spielen Klimaziele weder bei Unternehmens- und Projektfinanzierungen der DZ-Bank noch im Wertpapier-Emissionsgeschäft eine Rolle.
Etablierte Geldhäuser rangieren im Vergleich auf den hinteren Plätzen
Bei der Deutschen Bank kritisiert Facing Finance unter anderem völlig unzureichende Kriterien zum Umgang mit Waffengeschäften und Rüstung. Komplett ausgeschlossen ist bei der deutschen Großbank nämlich nur der international geächtete Umgang mit Streumunition. Für Landminen und Atomwaffen gibt es dagegen nur einen Ausschluss im Bereich der Vermögensverwaltung. Richtlinien zum Umgang mit der Finanzierung im Bereich kontroverser Waffen oder mit Rüstungsexporten in Regimes, die Menschenrechte missachten, fehlen sogar völlig. Bei der Landesbank Baden- Württemberg (LBBW) fanden die Experten in den Bereichen Naturund Umweltschutz sowie in der Forstwirtschaft dagegen überhaupt keine präzisen Kriterien. Auch im Bereich Menschenrechte, Arbeitsrechte sowie bei Steuern und Korruption seien die Kriterien nur oberflächlich und unverbindlich formuliert.
Anspruch und Wirklichkeit bleiben bei der katholischen Pax-Bank im Dunkeln
Völlig im Dunkeln bleibt der Umgang mit den eigenen Ansprüchen nach Angaben des FFG-D bei der katholischen Pax-Bank. Dabei fühlt sich die genossenschaftlich organisierte Universalbank ausdrücklich der christlichen Ethik sowie dem nachhaltigen Handeln verpflichtet. Doch der selbst auferlegte Ethik-Kodex und das darin beschriebene Wertesystem erlauben nach Einschätzung von Facing Finance keinerlei Rückschlüsse darüber, welche Kriterien im Anlage- und Finanzierungsgeschäft eingesetzt werden. Mit anderen Worten: Das katholische Bankhaus, das sich selbst zu den Nachhaltigkeitsbanken zählt, ist nach Einschätzung von FFG-D in hohem Maße intransparent. „Die wollten bereits nach Erhalt der ersten Ergebnisse gar nicht mehr mit uns reden und haben jegliche Diskussion über die erhobenen Daten abgelehnt“, berichtet Thomas Küchenmeister, Vorstand von Facing Finance.
Der Fair Finance Guide unterstützt Bankkunden auch mit Musterbriefen, um die Unzufriedenheit mit der Hausbank auszudrücken oder gleich das Institut zu wechseln.
ÖKO-TEST hat dennoch versucht, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und zumindest die hauseigenen Fonds der Pax-Bank unter die Lupe genommen. Die werden laut Homepage der Bank nach strengen ethischnachhaltigen Kriterien verwaltet, wobei obendrein ein Ethik-Beirat über die lauteren Geschäfte wacht. Doch in den frommen Fonds entdeckte ÖKO-TEST eine gan- ze Reihe sündiger Titel, zum
Beispiel Wertpapiere von GlaxoSmithKline – das Unternehmen wird mit Korruptionsfällen in Verbindung gebracht –, vom Mineralölunternehmen Total, dem französischen Stromkonzern EDF, der weltweit 58 Atomkraftwerke an 20 Standorten betreibt, vom Automobilhersteller Daimler, der seine Rüstungsfahrzeuge auch Krisen- und Kriegsgebiete exportiert, und vom Rohstoff- und Bergbaukonzern Glencore, dem schwere Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltstandards vorgeworfen werden. Das sind alles Unternehmen, die zu den Klimasündern zählen, als Umweltverschmutzer ausgeschlossen werden müssten, wegen ihrer Rüstungssparte fragwürdig sind, Atomstrom herstellen oder in Korruption verwickelt sind. Sogar beim Ausschlusskriterium Pornografie drücken die kirchlichen Fondsmanager offenbar ein Auge zu. So fanden wir im Fonds für Unternehmensanleihen, Liga Pax Corporates, eine Anleihe von Eutelsat, einem Kommunikationsunternehmen, das über seine Satelliten auch diverse Erotikprogramme ausstrahlen lässt. Sind diese Investments Einzelfälle oder nur versehentliche Fehlgriffe? Wohl kaum. Die Katholische Kirchenbank fiel schon vor sechs Jahren mit sündigen Titeln in seinen Investmentfonds auf. Damals wurden die heiklen Titel schnell entfernt, die Pax-Bank entschuldigte sich für die Missgriffe. Doch nachhaltig sauberer sind Fonds auch heute noch nicht, wie die aktuelle Analyse der Halbjahresberichte 2015 belegt.
In den frommen Fonds der Pax-Bank entdeckte ÖKO-TEST viele sündige Titel
Ob Anspruch und Wirklichkeit übereinstimmen versucht allerdings auch Facing Finance zu prüfen. „Alle beteiligten NGOs haben aber nur begrenzte Kapazitäten. Deshalb wird immer nur zu einzelnen Themen geprüft, ob Verstöße gegen die eigene Selbstverpflichtung vorliegen“, sagt Sarah Guhr, Projektleiterin für den deutschen Fair Finance Guide. Die entdeckten schmutzigen Geschäfte werden daher im Onlineportal zwar aufgezeigt, haben aber keinen Einfluss auf die Bewertung. Das wäre nur bei einem vollumfänglichen Praxistest in allen beteiligten Ländern möglich. Ansonsten sähe das international abgestimmte, einheitliche Bewertungsschema in jedem Land anders aus.
Die von ÖKO-TEST vorgenommenen Stichproben belegen allerdings, dass das FFG-DRanking bereits ein guter Indikator für die Nachhaltigkeit der jeweiligen Bank ist. Denn während wir zum Beispiel in den grünen Fonds der drei Topbanken keine schmutzigen Titel entdeckten, sieht es bei allen etablierten Instituten in der Praxis ganz anders aus. Rüstungstitel, Klimasünder, Nahrungsmittelspekulanten, Verletzung von Arbeitsund Menschenrechten – die Liste der fragwürdigen Geschäfte ist lang. „Das sollten Bankkunden aber nicht stillschweigend schlucken. Dann verändert sich nie etwas“, ist Thomas Küchenmeister überzeugt. Deshalb hält der FairFinance- Guide auf seiner Homepage Musterbriefe bereit, mit denen die Kunden ihrer Bank die Meinung sagen oder das Geldhaus wechseln können.